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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Fließband. Er schlang sich die Jacke um die linke Hand, dann wickelte er noch seine eigene Jacke darum, bis seine Hand wie ein Boxhandschuh aus einem Cartoon aussah.
    MitsovielenLagenvonStoffumdieHandwaresgarnichtsoleicht,dieMauerzuerklimmen,aberLuwarimmerschoneinguterundwagemutigerKletterergewesen.SchonimDorfhatteersichdenRufeingehandelt,aufalleszuklettern,wasstillgenugstand:Bäume,Häuser,sogarFabriken.EineinhalbHändeundzweiFüßewarenmehralsgenug,diefünfMeterbisnachobenzukommen.DortlegteerseinelinkeHandvorsichtigumdenKlingendrahtundachtetedarauf,ihnsenkrechtrunterzudrückenunddieHandnichthinundherzubewegen.VorseinemgeistigenAugesahersichschonausrutschen – sah,wiederKlingendrahtihmdieFingervonderHandschnittundsieaufderanderenSeitezuBodenfielen,wosiesichwieWürmerwanden,währendersichschreienddiezerfleischteHandhieltundeineFontäneseines Bluts auf die Mädchen niederging …
    Nun, dann rutschst du wohl besser nicht aus , dachte er grimmig und ließ das Multitool wie ein Butterfly-Messer aufschnappen (in seinem Büro oder draußen am Tor hatte er oft den Revolverhelden gespielt, wenn gerade niemand in der Nähe war). Geschickt setzte er es an der ersten Rolle Draht an und drückte zu. Die Zahnräder des Gelenks stemmten sich ineinander und verstärkten den Druck seiner rechten Hand auf mehrere hundert Pfund. Die Zange biss sich in den Draht, hielt ihn gepackt und teilte ihn.
    Mit einem lauten Twoingggg sprang der Draht entzwei, und Lu duckte sich gerade noch rechtzeitig, um nicht seine Nase – und vielleicht ein Ohr oder ein Auge – einzubüßen.
    Jetzt konnte er mit der Linken nach der zweiten Rolle Draht greifen. Er lehnte sich so weit zurück, wie er konnte, streckte den Drahtschneider aus und durchtrennte ihn ebenso mühelos wie den ersten. Der Draht schwirrte allerdings direkt auf ihn zu, und Lu musste sich fallen lassen, sodass er einhändig am Zaun hing und hart gegen die Mauer schlug, sonst hätte ihm der Draht die Kehle aufgeschlitzt. Er erwischte ihn jedoch am Kopf, und Lu spürte, wie ihm aus einem langen Schnitt in der Kopfhaut Blut den Rücken hinab floss. Er achtete aber nicht darauf. Ob die Blutung nun von allein aufhörte oder sich als tiefer Schnitt erwies, der ärztlicher Versorgung bedurfte: Er würde es noch über diesen Zaun schaffen.
    Alles, was jetzt noch blieb, waren drei Stränge gewöhnlicher Stacheldraht. Sie waren schwerer zu durchtrennen als der Klingendraht, aber die Stacheln saßen weiter auseinander, und der Draht war nicht aufgerollt und würde folglich auch nicht wie verrückt umherpeitschen. Mit jedem Draht, den er durchschnitt, gab es lauten Beifall von den Mädchen, und trotz des brennenden Schmerzes dachte Lu, dass dies gut und gern seine Sternstunde sein mochte – das erste Mal in seinem Leben, dass er mehr war als ein Wachmann, der seine hinterwäldlerische Herkunft gegen ein bedeutungsloses neues Leben in Guangdong eingetauscht hatte.
    Endlich konnte er die Jacken von der Hand nehmen, sich über die Mauer schwingen und geschickt wie ein Affe auf der anderen Seite herabklettern, wobei er die ganze Zeit den jungen Frauen zugrinste, die ihm nun wie eine Welle über die Mauer folgten. Das Mädchen mit den drei Jacken schloss bald zu ihm auf. Er bot ihr ihre alte Jacke, die nun an vier oder fünf Stellen zerschnitten war, wie ein Kellner dar, der einer Dame in den Mantel hilft. Elegant schlüpfte sie hinein. Dann warf sie einen Blick auf die Wunde an seinem Kopf.
    »Istnichttief«,bemerktesie.»WirdzwarnocheineWeile bluten, aber das wird schon wieder.« Sie gab ihm einen schwesterlichen Kuss auf die Wange. »Bist ein guter Junge«, sagte sie noch, dann rannte sie los, um sich dem Strom von Mädchen anzuschließen. Durch eine zerstörte Tür stürmten sie die Fabrik.
    Bald fand sich Lu allein auf dem Hof wieder, zwischen den angelegten Kieswegen und den sauber geschnittenen Rasenflächen. Er betrat die Fabrik, konnte sich aber nicht überwinden, dort etwas an sich zu nehmen, obwohl sein Boss ihm fast drei Monate Lohn schuldig war. Irgendwie fand er, dass die Werkzeuge den Mädchen zustanden, die sie auch benutzt hatten, und die Sachen aus der Küche den Männern, die das Essen gekocht hatten.
    Stattdessen entschied er sich für eines der Gemeinschaftsräder, die ordentlich am Tor geparkt standen. Die Fahrräder waren von allen Angestellten gleichermaßen benutzt worden. Außerdem musste er ja auch wieder nach Hause, und mit einer Schnittwunde am Kopf durch die Mittagshitze

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