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Forbidden

Forbidden

Titel: Forbidden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabitha Suzuma
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ihm in seine Augen, die sogar im Dunkeln triumphierend strahlen.
    »Schrecklich.«
    »Ach, Lochie!«
    »Meine Hände haben gezittert und meine Stimme auch, und dieWörter auf der Seite verwandelten sich plötzlich in einen Haufen Hieroglyphen, aber irgendwie habe ich es hingekriegt. Und als ich fertig war, haben sogar ein paar – und nicht nur Mädchen – auf die Tische geklopft.« Er wirkt überrascht.
    »Natürlich haben sie das! Deine Aufsätze sind einfach großartig!«, antworte ich.
    »Und es gab sogar einen Jungen – er heißt Tyrese, und ich finde ihn ziemlich okay –, der nach dem Klingeln zu mir gekommen ist und was zu meinem Aufsatz gesagt hat. Ich weiß nicht, was, weil ich immer noch Ohrensausen hatte von dem ganzen Stress« – er lacht –, »aber es muss ein Kompliment gewesen sein, denn er hat mir auf die Schulter geklopft.«
    »Siehst du?«, rufe ich leise. »Sie waren wirklich beeindruckt! Deine Lehrerin wusste schon, warum sie wollte, dass du einmal einen Absatz vorliest. Hast du Tyrese irgendwas geantwortet?«
    »Ich glaube, ich hab etwas gesagt, was sich ungefähr wie oh-ähm-ja-danke anhörte.« Lochan gibt einen verächtlichen Laut von sich.
    Ich lache. »Das ist großartig! Und das nächste Mal sagst du dann einen vollständigen Satz zu ihm!«
    Lochan lächelt und dreht sich auf die Seite, stützt den Kopf auf die Hand. »Weißt du, in letzter Zeit, sogar wenn wir getrennt sind, denke ich manchmal, vielleicht besiege ich ja dieses Etwas in mir, vielleicht werde ich eines Tages wirklich normal.«
    Ich küsse ihn auf die Nase. »Du bist normal, du dummer Kerl.«
    Er antwortet nicht, lässt nur nachdenklich eine Haarsträhne von mir durch seine Finger gleiten. »Manchmal frage ich mich …« Er bricht ab und untersucht auf einmal minutiös meine Haare.
    »Manchmal fragst du dich …?« Ich neige den Kopf und küsse ihn auf den Mundwinkel.
    »Was – was ich ohne dich machen würde«, flüstert er und vermeidet es dabei, mir in die Augen zu schauen.
    »Du würdest zu einer vernünftigen Zeit schlafen gehen, in ein Bett, in dem du dich umdrehen kannst, ohne herauszufallen …«
    Er lacht ein leises Lachen. »Oh ja, das Leben wäre wahrscheinlich viel einfacher. Mum hätte nie so bald wieder schwanger werden dürfen …«
    Er sagt das wie im Spaß, aber das Lachen bleibt uns dabei im Hals stecken. Denn es ist wahr, was er da sagt.
    Nach einem langen Schweigen meint Lochan plötzlich: »Mum hätte einfach überhaupt keine Kinder haben dürfen, aber … also, ich meine, nicht dass ich an Schicksal glaube oder so was … Aber wenn wir nun wirklich füreinander geschaffen sind?«
    Ich antworte nicht sofort, weil ich mir nicht sicher bin, worauf er damit hinauswill.
    »Ich glaube, damit will ich nur sagen, unsere Situation mag vielleicht beschissen sein, fünf Kinder, die von ihren beiden Eltern verlassen worden sind, aber trotzdem hat das zu etwas ganz Besonderem geführt, nämlich zu der Liebe zwischen uns.«
    Ich denke einen Augenblick darüber nach. »Glaubst du, wenn wir normale Eltern gehabt hätten – oder einfach nur Eltern –, hätten wir uns dann auch ineinander verliebt?«
    Jetzt geht das Schweigen von ihm aus. Mondlicht fällt durchs Fenster. Er hat mir das Gesicht zugewandt und die Augen in eine unbestimmte Ferne gerichtet, was bedeutet, dass er mit seinen Gedanken entweder ganz woanders ist oder aber lange und ernst über meine Frage nachdenkt.
    »Ich hab mich das auch oft gefragt …«, beginnt er. Ich warte geduldig. »Viele behaupten ja, dass Missbrauch zu weiterem Missbrauch führt … Die meisten Psychologen würden sicherlich eine direkte Verbindung zwischen der Vernachlässigung durch unsere Mutter – was von ihnen auch als eine Form von Missbrauch verstanden wird – und unserem ›anormalen‹ Verhalten herstellen.«
    »Missbrauch?«, rufe ich erstaunt. »Aber wo findet denn hier ein Missbrauch statt? Dafür braucht es doch einen Täter und ein Opfer. Das ist doch bei uns gar nicht der Fall.«
    Lochan wirkt jetzt nicht mehr nachdenklich, sondern bedrückt.
    »Maya, denk doch mal nach. Ich würde automatisch als der Täter angesehen und du als das Opfer.«
    »Warum?«
    »Von wie vielen Fällen, in denen jüngere Schwestern ihre älteren Brüder missbrauchen, hast du denn gehört? Von wie vielen weiblichen Vergewaltigern? Weiblichen Pädophilen?«
    »Aber das ist doch totaler Unsinn!«, rufe ich. »Natürlich könnte ich diejenige sein, die dich zu einer

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