Forbidden
vor?«
Ich schließe die Augen und drücke mich fest an ihn, streichle seinen Arm. »Ich weiß nur, dass ich dich liebe«, sage ich verzweifelt, und dann bricht es aus mir heraus: »Ich liebe dich mehr, als man nur einen Bruder liebt. Ich … ich liebe dich …«
»Ich … ich dich auch …« Seine Stimme klingt rau und bedrückt. »Manchmal … manchmal, da ist dieses Gefühl so stark, dass ich glaube, es frisst mich noch auf. Es ist so stark, dass ich Angst habe, es bringt mich um. Es wird immer größer und größer, und ich kann nicht … ich weiß nicht, was ich tun soll, damit es aufhört. Aber wir … wir … das darf nicht sein … wir dürfen uns so nicht lieben.« Er hört auf zu reden.
»Das weiß ich auch, okay? Ich bin ja nicht blöd.« Auf einmal bin ich wütend. Ich will das alles jetzt nicht hören. Ich schließe die Augen, weil ich daran jetzt nicht denken will. Ich kann jetzt nicht darüber nachdenken, was das alles bedeutet. Ich will nicht daran denken, wie man das zwischen uns nennt. Ich will mir nicht durch irgendwelche Aufkleber aus der Welt da draußen den glücklichsten Tag meines Lebens verderben lassen. Den Tag, an dem ich den Jungen geküsst habe, den ich in meinen Träumen schon immer umarmt und geküsst habe, nur dass ich mir das nie eingestehen wollte. Den Tag, an dem ich endlich aufgehört habe, mir etwas vorzulügen und so zu tun, als wäre es eine ganz besondere Art von Liebe, die ich für ihn empfinde, wo es doch in Wirklichkeit … einfach Liebe ist, mit allem. Den Tag, an dem alles, was wir füreinander empfinden, hervorgebrochen ist. Die Gefühle, die wir so lange verdrängt haben, nur weil wir zufällig Bruder und Schwester sind.
»Wir haben … wir haben etwas Schreckliches getan«, sagt Lochan mit einer Stimme, die zitternd und heiser ist vor Furcht. »Ich … ich habe dir etwas Schreckliches angetan.«
Ich wische mir über die Wangen, drehe den Kopf und blicke zu ihm hoch. »Aber was soll denn falsch daran sein? Unsere Liebe kann doch nichts Schreckliches sein, wir tun damit doch niemandem was!«
Er schaut mich an, seine Augen glänzen in dem schwachen Licht. »Ich weiß nicht«, flüstert er. »Wie kann etwas so Falsches sich so richtig anfühlen?«
Dreizehntes Kapitel
Lochan
Ich sage Maya, dass sie schlafen gehen soll, aber ich weiß, dass ich es selbst nicht kann. Ich habe Angst, wenn ich jetzt hochgehe und mich allein auf mein Bett setze, drehe ich in dem winzigen Zimmer durch. Allein mit meinen quälenden Gedanken. Sie sagt, dass sie bei mir bleiben will: Sie hat Angst, wenn sie geht, werde ich verschwinden. Mich einfach auflösen. Sie braucht es mir nicht groß zu erklären, ich spüre es auch: die Angst, wenn wir uns jetzt trennen, wird diese unglaubliche Nacht wie ein Traum verblassen, als wäre sie nie gewesen, und am Morgen werden wir getrennt voneinander aufwachen, jeder von uns in seinem eigenen Körper, und das Leben wird normal weitergehen wie immer. Doch hier auf dem Sofa, wo ich die Arme um sie geschlungen habe, während sie sich an mich schmiegt, den Kopf an meine Brust gelegt, fürchte ich mich ebenfalls – so sehr, wie ich mich noch nie in meinem Leben gefürchtet habe. Was da zwischen uns gerade geschehen ist, ist so unvorstellbar und erscheint mir zugleich so vollkommen natürlich, als hätte ich tief in meinem Innern immer gewusst, dass dieser Augenblick kommen würde. Auch wenn ich nie zugelassen habe, dass dieser Wunsch mir wirklich bis ins Bewusstsein gedrungen ist. Auch wenn ich es mir nie wirklich vorgestellt habe. Aber jetzt, wo es geschehen ist, kann ich nur noch an Maya denken, die hier bei mir ist und deren warmen Atem ich auf meinem Arm spüre.
Mir ist, als wäre da eine dicke, hohe Mauer, die mich davon abhält, auf die andere Seite zu wechseln, in die Welt außerhalb des Raums, in dem nur wir beide sind. Die Natur hat eine Membran um mich gelegt, die mich davor schützt, darüber nachzudenken, was dies nun alles bedeutet oder zur Folge haben wird. Es ist so groß und mächtig, was da zwischen Maya und mir gerade geschehen ist. Im Moment bewahrt mich noch ein natürlicher Schutzmechanismus, zu sehr vor mir selbst zu erschrecken, dass ich so etwas tun konnte. Es ist, als wüsste mein Denken, dass es daran noch nicht rühren darf; als wüsste es, dass ich jetzt nicht stark genug bin, um mich den möglichen Folgen dieser überwältigenden Gefühle, dieses Augenblickszustands zu stellen. Aber die Furcht ist da – die
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