Forbidden
zu viel wird. Wenn ich eine Weile allein sein möchte«, sage ich.
Lochan schaut mich erstaunt an. »Du kommst ab und zu allein hierher?«, fragt er. Wieder blickt er überrascht um sich. »Warum?«
»Warum? Weil ich an diesem Ort hier Frieden finde, wenn Mum mal wieder um zehn Uhr morgens zu trinken angefangen hat, wenn Tiffin und Willa ständig schreiend durchs Haus ziehen, wenn Kit versucht, mit jedem, der ihm begegnet, Streit anzufangen, wenn ich mir wünschte, ich müsste mich nicht andauernd um eine ganze Familie kümmern. Dieser Ort gibt mir Kraft. Und Hoffnung. Im Sommer ist es hier wunderschön. Dann wird es ganz still in mir, das Getöse in meinem Kopf lässt nach …«
Ich schweige einen Moment. »Vielleicht kann es auch dein Ort sein«, sage ich dann. »Jeder braucht mal etwas Zeit für sich, Lochan. Du auch.«
Er nickt wieder, blickt noch einmal um sich, als versuchte er sich vorzustellen, wie ich allein hier bin. Oder er. Dann dreht er sich zu mir, in seinem schwarzen Schulblazer mit dem hochgeschlagenen Kragen, seine Wangen sind von unserem Spaziergang in der Kälte gerötet, die Haare vom Wind zerzaust. Doch hier sind wir geborgen, und die Sonne scheint uns warm ins Gesicht. Von irgendwo kommen auf einmal Vögel geflattert und lassen sich weit oben auf einem Ast nieder, und als Lochan den Kopf hebt, spiegelt sich das Sonnenlicht in seinen Augen, sodass sie aufleuchten wie grünes Glas.
Unsere Blicke kreuzen sich. »Danke«, sagt er.
Wir setzen uns in ein weiches Nest aus Blättern und kuscheln uns aneinander. Lochan schlingt die Arme ganz fest um mich und küsst mich auf die Haare.
»Ich liebe dich, Maya Whitely«, flüstert er.
Ich lächle und wende ihm das Gesicht zu. »Und wie sehr liebst du mich?«
Er antwortet nicht, aber ich höre, dass er schneller atmet. Er beugt sich über mich, und ein seltsames Summen erfüllt auf einmal die Luft.
Wir küssen uns lange, lassen unsere Hände zwischen die Kleidung des anderen gleiten, nehmen die Wärme des anderen in uns auf, bis mir ganz warm ist, fast heiß, und mein Herz pocht und sich überall in meinem ganzen Körper ein kribbelndes Gefühl ausbreitet. Ich höre die Vögel aufflattern und sich tiefer niederlassen, näher bei uns. Weit in der Ferne ist das Gebell des Hundes zu hören. Hier sind wir wirklich allein. Wirklich frei. Falls zufällig jemand vorbeikommen sollte, würde er nur ein Mädchen und einen Jungen sehen, die sich küssen. Lochans Kuss wird drängender und fordernder, als spürte er auch, wie kostbar dieser kleine Augenblick der Freiheit ist. Seine Hand fährt unter meine Bluse, und ich presse meine gegen seine Hose.
Dann zieht er sich auf einmal zurück, wendet sich ab. Sein Atem geht schnell und flach. Ich blicke mich überrascht um, aber nur die Bäume stehen als schweigende Zeugen um uns herum, reglos, unverändert, ruhig. Lochan sitzt neben mir, hat seine Arme um die angezogenen Knie geschlungen, schaut mich nicht an. »Entschuldigung …« Er stößt ein kleines, verlegenes Lachen aus.
»Wofür?«
Er atmet immer noch hastig. »Ich musste besser aufhören.«
Meine Kehle schnürt sich zusammen. »Aber das ist in Ordnung, Lochie. Du musst dich nicht entschuldigen.«
Er antwortet nicht. Etwas ist in diesem Schweigen, das mich beunruhigt.
Ich rücke näher an ihn heran, sodass ich mich an ihn schmiegen kann, und stupse ihn sanft. »Sollen wir weitergehen?«
Er weicht unmerklich vor mir zurück. Sein Körper spannt sich an. Er antwortet nicht.
»Alles in Ordnung?«, frage ich
Er nickt kurz.
Aber ich glaube ihm nicht, eine bange Sorge befällt mich. Ich streichle ihm den Rücken. »Ganz sicher?«
Keine Antwort.
»Vielleicht sollten wir hier unser Lager aufschlagen, weit weg vom Rest der Welt.« Ich versuche es mit einem scherzhaften Ton, aber er reagiert nicht. »Ich dachte, es wäre vielleicht mal ganz hübsch, ein bisschen allein zu sein, nur wir zwei«, sage ich leise. »War – war es ein Fehler, herzukommen?«
»Nein!«
Ich lege meine Hand auf seine und streiche mit dem Daumen über seinen Handrücken. »Was ist es dann?«
»Es ist nur –« Seine Stimme zittert. »Ich habe Angst, dass das alles eines Tages nur eine ferne Erinnerung sein wird.«
Ich muss schlucken. »Sag das nicht, Lochan. Das muss nicht so sein.«
»Aber wir beide … das zwischen uns … es wird nicht dauern. Das wissen wir beide, Maya. Irgendwann wird es enden … werden wir damit aufhören müssen, weil –« Er bricht
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