Forellenquintett
schrecklich leid, sagte Innertshofer, aber er müsse sich jetzt leider verabschieden, »uns steht da eine sehr ärgerliche Sache ins Haus, eine Demonstration …«
»Eine Demonstration, in Aeschenhorn?«, fragte Scheußl-Swarowski. »Ist das nicht ein Missverständnis?«
»Leider nicht«, sagte der Bürgermeister, »es sind natürlich keine Einheimischen, sondern Leute von außerhalb, ich will da ja kein Urteil darüber abgeben …«
»Dann verbiet es ihnen halt, Schultes«, sagte der Kies-Kilgus.
»Das werden wir auch tun, nur hilft es nichts. Die sind auf so etwas bestens vorbereitet. Wir verbieten, und eine Viertelstunde später kommt die Einstweilige Verfügung vom Verwaltungsgericht Sigmaringen, dass wir sie demonstrieren lassen müssen … Das tut mir alles sehr leid, aber ich hoffe, Sie haben alle wichtigen Informationen erhalten, der Herr Scheußl-Swarowski wird Ihnen ja gerne noch zu weiteren Auskünften zur Verfügung stehen.« Er ging und gab damit das Signal für den allgemeinen Aufbruch. Die beiden Hostessen ergriffen die Tabletts und machten sich auf ihre Runde.
Auch Elke Schnapphorst war aufgestanden und ging am Kies-Kilgus vorbei, gerade in dem Augenblick, als die Rothaarige ihm ein besonders aufmerksames Lächeln sowie das Tablett mit den Sektgläsern präsentierte, und während sie an ihm vorbeiging, zwinkerte sie ihm zu. In der Baubranche ist man schnell von Begriff, dachte sie, besonders bei den Dingen, bei denen es auf das Reden am wenigsten ankommt. Scheußl-Swarowski hatte sich von dem Seehof-Hotelier in eine Fachsimpelei über das im Aeschen-Center geplante und vom Seehof zu betreibende Selbstbedienungscafé verwickeln lassen, und sie selbst fühlte sich so weit entbehrlich, dass sie eigentlich ruhig auf die Toilette gehen konnte und einen oder zwei...
»Endlich find ich dich«, sagte Gerd Hoflach neben ihr und legte ihr die Hand auf den Arm. »Was habt ihr denn jetzt ausgebrütet?«
»Frag den Scheußl-Swarowski«, antwortete Elke unwillig. »Warum kommst du immer irgendwie so, dass es grad nicht passt?«
»Find ich nicht«, sagte Hoflach. »Ich hab Autos waschen müssen, weil, mein Dragutinovic ist krank, das ist ein Scheiß-Job, sag ich dir … Hast du das Neueste gehört? Ich meine von dieser Kommissarin und der Marlen?«
»Was ist mit der Marlen?«, fragte Elke misstrauisch. »Die war vorher hier.«
»Und? Ist dir nichts aufgefallen?«
»Was soll mir aufgefallen sein? Sie war ein bisschen komisch angezogen, das schon.«
Hoflach sah sich um. »Brauchen die dich hier noch?«
»Nicht unbedingt.«
»Dann lass uns einen trinken gehen.«
Elke holte ihren Mantel, und zusammen verließen sie das Rathaus und gingen zu seinem Pick-up. Hoflach berichtete, was er in den Nachrichten gehört hatte. »Hast du eine Idee, was in die Marlen gefahren ist?«
»Was glaubst du«, sagte Elke und sah starr geradeaus, »was mir so alles in den Sinn käme, wenn ich eine Knarre hätte so wie die Marlen.«
Der gekieste Platz vor dem Alten Schulhaus war vollgestellt mit Autos, so dass Hoflach weiter vorne parken musste. Als sie zum Wirtshaus zurückgingen, sah er sich die Autos an. Nur zwei oder drei hatten einheimische Kennzeichen, dafür auffallend viele ein Kennzeichen mit der Ziffernkombination 88. »Da haben wir ja nette Leute zu Besuch«, sagte er. »Irgendwie scheint es im Alten Schulhaus ein Nest davon zu geben.«
»Was für Leute?«
»Du wirst es gleich sehen.« Er ging zur Eingangstür hoch, öffnete sie und blieb stehen. Elke war ihm gefolgt. Etwa zwei Dutzend Männer hielten den Gastraum besetzt, sie waren nicht uniformiert, aber schienen auf eine bestimmte Weise gleichgeschaltet, vor allem im Ausdruck ihrer geröteten Gesichter und ihrer kurz geschorenen Haare. Von einem der Tische kam die Gastwirtin Paula an Hoflach vorbei und deutete statt einer Begrüßung auf einen Zettel, der an die Gasthaustür gepinnt war: »Geschlossene Gesellschaft« stand dort.
»Wie ich gesagt habe: ein Nest«, sagte Hoflach und wandte sich um. »Fahren wir zum Zollhaus?«
»Egal«, antwortete Elke. »Das heißt: nein. Fahr mich zum Säntisblick.«
»Gern. Aber warum?«
»Weil ich dumme Kuh der Marlen einen Schlüssel gegeben hab.«
N och immer saß er da wie betäubt. Gedemütigt? Das traf es nicht, nicht ganz. Gezeichnet?
Aber wer tat ihm so etwas an, und mit welchem Recht? Sie sind nicht Bastian. Wieso hatten diese Frauen zu befinden, welcher Name ihm zustand und welcher nicht? Und welches Recht,
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