Forellenquintett
ja.«
»Mit der Sporttasche hat also etwas nicht gestimmt. Woran will er das gemerkt haben?«
»Das weiß ich wirklich nicht mehr... Weil sie schwerer war, vermutlich. Oder irgendwas hat sie ausgebeult.«
Tamar hob die Augenbrauen. Anderes Thema, dachte sie dann. »Und der Rest von dem Methamphetamin, wo wurde der gefunden?«
»Der Rest von was?«
»Von dem Crystal Speed. Dem polnisch’ Kompott.«
»Das Dope, ja«, antwortete Tabea. »Im Seitenfach von der Beifahrertür. So dass jeder auf den ersten Blick hat sehen müssen, da liegt was, das war wie Hundescheiße in einen Beutel schwarzes Plastik eingewickelt. Vermutlich hat er das für besonders schlau gehalten.« Sie verzog das Gesicht. »Und ich hab ja auch wirklich nicht darauf geachtet.«
Tamar betrachtete sie nachdenklich. »Und Sie haben das alles so auch der Polizei in Sachsen gesagt?«
»Aber sicher doch. Immer wieder und immer von neuem. Ich glaube, die haben das bei der Stasi gelernt, wie eine verhört wird.«
»Haben Sie den Namen Kulitz genannt?«
Tabea schüttelte den Kopf. »Den wollten die gar nicht hören. Dass irgendein Kerl das Zeug in der Seitentasche habe liegen lassen, das soll ich meiner Großmutter erzählen, hat mir einer von Ihren Kollegen erklärt.« Sie kam wieder zum Tisch und setzte sich. »Ich hab dann gar nichts mehr gesagt, kein einziges Wörtchen, nichts. Schweigen. Schließlich haben sie mich gehen lassen, im Wortsinn, das Auto sei beschlagnahmt, hieß es, und ich bedankte mich, dass sie mir nicht auch noch die Zahnbürste gestohlen hätten... Meinen Sie, die zeigen mich jetzt auch noch wegen Beamtenbeleidigung an?«
Gut möglich, dachte Tamar.
»Wie ich meine Kollegen kenne«, sagte sie, ohne auf die Frage einzugehen, »haben die Ihnen hier in Frankfurt auch noch einmal die Fahnder ins Haus geschickt?«
»Am Freitag«, antwortete Tabea, plötzlich kurz angebunden.
»Und?«
»Nichts. Kulitz hatte hier nichts gebunkert. Da war er zu vorsichtig.«
Tamar hob den Kopf. »Haben Sie denn den Frankfurter Fahndern seinen Namen genannt?«
»Die wollten hier gar nichts von mir wissen. Die haben hier nur rumgeschnüffelt, ob sie noch was finden. Dann sind sie wieder abgezogen.« Plötzlich blickte sie misstrauisch auf. »Warum fragen Sie eigentlich so penetrant nach ihm? Ist ihm was passiert?«
Tamar ging nicht auf die Frage ein. »Während dieser Woche in Krakau sind Sie tagsüber meistens in der Musikschule gewesen«, sagte sie. »So haben Sie es mir erzählt. War er da dabei? Und wo hat er gewohnt? Auch bei Ihrer Freundin?«
Tabea schüttelte den Kopf. »Ich hab zuerst gefragt. Warum...?«
»Weil ich ihn finden will«, antwortete Tamar. »Und finden will ich ihn, weil er mir sagen wird, was in der Sporttasche war.«
»Was soll da drin gewesen sein?«
»Erst Ihre Antwort«, sagte Tamar. »Wo hat er übernachtet?«
Tabea zuckte mit den Schultern. »In einer kleinen Pension. Der Jazzclub dort hat ein Zimmer für seine Gäste.«
»Was hat er tagsüber gemacht?«
»Das weiß ich nicht. Meistens saß er schon im Café, wenn ich kam. Hören Sie mal - Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass in dieser Sporttasche der Kopf von dieser Frau gewesen ist?«
»Kommt Ihnen dieser Verdacht wirklich erst jetzt?«
Tabea horchte auf. Langsam hob sie den Kopf und richtete einen starren und zornigen Blick auf ihr Gegenüber. »Was unterstellen Sie mir da?«
»Nichts unterstelle ich Ihnen«, antwortete Tamar ärgerlich. »Aber was glauben Sie denn, weshalb ich zu Ihnen gekommen bin, wenn nicht wegen diesem Kopf hier?«
Tabea schien zu überlegen. »Sie haben so getan, als könnte ich Ihnen vertrauen«, sagte sie schließlich. »Ich bin fast drauf reingefallen. Fast habe ich gedacht... Aber egal. In Wahrheit versuchen Sie mir aus allem, was ich sage, einen Strick zu drehen. Mir oder dem armen Ansgar, für den diese Geschichte wirklich drei Nummern zu groß ist.« Sie blickte über den Tisch, als wolle sie sich vergewissern, dass wenigstens dort keine Falle ausgelegt war.
Tamar war ihrem Blick gefolgt. Vor ihnen stand das Tablett mit den beiden Tassen Kaffee, in der einen Tasse war der Kaffee schwarz, in der anderen hellbraun von der Sahne. Unter dem Tablett ragten die Ecken der Zeitungsseiten heraus, die als Tischdecke dienten. Offenbar war keine ganze Zeitung dazu benutzt worden, sondern nur ein Teil davon, der zusammengefaltet war. Ganz oben zeichnete sich deutlich der untere Rand des Marmeladenglases ab, das sie vorhin
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