Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Forgotten

Forgotten

Titel: Forgotten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Patrick
Vom Netzwerk:
schließlich für einen braunen Kapuzenpullover. Aus meinen Notizen weiß ich, dass er Luke gehört.
    Ich schaue kurz in den Spiegel und beschließe, mir noch eine Minute Zeit zu nehmen, um meine Haare zum Pferdeschwanz zu binden. Ich setze mich auf den Hocker vor dem Spiegel, und während ich das Zopfgummi einmal, zweimal, dreimal um die Haare wickle, sehe ich mir mein Zimmer im Spiegel an. Wie Luke es wohl findet?
    Falls ich ihn heute Abend mit nach oben nehme …
    Das Bett ist tadellos gemacht: Mom muss aufgeräumt haben, nachdem wir losgefahren sind. Die Zierkissen liegen in Reih und Glied.
    Auf dem Schreibtisch steht ein Foto von Luke und mir in einem dunklen Holzrahmen. Ich habe keine Ahnung, wann es gemacht wurde.
    Der Wäschekorb in der Ecke ist leer.
    Auf dem Nachttisch befinden sich die Lampe und ein leerer Untersetzer, auf dem einige Stunden zuvor noch eine Teetasse gestanden hat. Meine Mom und ihr Ordnungsfimmel …
    Moment mal.
    Ich sehe mir das Spiegelbild des Nachttischs noch mal genauer an. Dann drehe ich mich auf dem Hocker um, damit ich ihn in natura betrachten kann.
    Sieht irgendwie so … leer aus.
    Weil er leer ist .
    Weil er leer ist!
    Mein Puls beschleunigt sich, während ich fieberhaft überlege.
    Wo sind meine Aufzeichnungen?
    Hat Mom sie weggelegt?
    Nein, das würde sie nicht machen. Oder? Mit einem Satz bin ich beim Bett. Ich reiße die Nachttischschublade auf, dann sämtliche Schreibtischschubladen.
    Ich zerbeiße einen Fingernagel. Konzentrier dich! Ganz langsam drehe ich mich noch einmal um mich selbst und ­suche jede Oberfläche ab.
    Hab ich sie irgendwo hin mitgenommen?
    Wo hatte ich sie zuletzt?
    Mein nächster Atemzug bleibt mir im Hals stecken, als mir klarwird, was passiert ist.
    Ich weiß, wo meine Aufzeichnungen sind.
    Da, wo ich sie liegen gelassen habe.
    Da, wo ich sie noch mal durchgelesen habe, bevor Luke gekommen ist, um mich abzuholen.
    Da, wo ich Luke gerade eben hingeschickt habe, um auf mich zu warten.
    In der Küche.
    »Luke!«, rufe ich mit überschnappender Stimme, während ich aus meinem Zimmer stürze und nach unten renne. Als würde das jetzt noch einen Unterschied machen. Trotzdem rufe ich ein zweites Mal: »Luke!«
    Umsonst. Ich weiß, noch bevor ich unten angekommen bin, dass er sie gesehen hat.
    Aus der Küche dringt kein Laut. Ich renne noch schneller und rutsche fast auf dem Dielenboden aus, als ich um die Ecke schieße.
    Im Türrahmen zur Küche bleibe ich stehen. Ich muss mich irgendwo festhalten. »Luke«, sage ich zu seinem Rücken. Er sitzt mit dem Gesicht zum Tisch und antwortet nicht.
    »Luke?« Zum millionsten Mal.
    Da dreht er sich um. Er hält ein einzelnes Blatt Papier in der Hand.
    Ich bin wie erstarrt.
    Dann, endlich, sagt er was.
    »Ich hab mich schon gefragt, wie du es machst.«
    Ich bin noch immer vor Schreck wie gelähmt, aber gleichzeitig macht sich Verwirrung in mir breit. »Wie ich was mache?«
    »Wie du dich diesmal an mich erinnern konntest«, sagt er. Ich meine, ein paar Mal hab ich dich dabei erwischt, dass du Sachen vergessen hast. Aber meistens kamst du ganz … normal rüber. Du hast mich jeden Tag wiedererkannt. Scheinbar zumindest.«
    Erst ziehe ich irritiert die Brauen zusammen, dann reiße ich die Augen weit auf, als mir klarwird, dass er Bescheid weiß.
    Luke weiß Bescheid! Im ersten Moment fällt mir ein Stein vom Herzen. Gott sei Dank. Endlich muss ich mich nicht mehr so abmühen. Endlich muss ich nicht …
    Warte mal – Luke weiß Bescheid ?
    Dann begreife ich, was das bedeutet: Luke hat mich seit fast vier Monaten nach Strich und Faden belogen.
    Er ist genauso schlimm wie meine Mutter.
    Gibt es irgendjemanden in meinem Leben, der mich nicht hintergeht?
    So viel zur Erleichterung von gerade eben. Jetzt kommt die Wut. Meine Schultern sacken nach unten, und ich ziehe meine Arme eng an den Körper, als müsste ich mich vor der Welt beschützen. Das Blut schießt mir ins Gesicht, ich kann es in meinen Ohren rauschen hören. Mein Herz rast wie verrückt.
    Ich habe Mühe zu sprechen. Aber schließlich kriege ich doch etwas raus.
    »Du hast es gewusst ?« Ich schäume innerlich.
    »Ja, London, ich hab’s gewusst«, sagt er und schenkt mir ein zaghaftes Lächeln, als wäre er sich nicht ganz sicher, ob das die angemessene Reaktion ist.
    Ist es nicht. Im Gegenteil. Dieses Lächeln ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Meine Hände ballen sich zu Fäusten, und auf einmal verspüre ich diesen unbändigen

Weitere Kostenlose Bücher