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Formbar. Begabt

Formbar. Begabt

Titel: Formbar. Begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juna Benett
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wenn etwas schief geht und Jan aus dem Fenster springt? Ist das Risiko nicht viel zu hoch?
    Wäre es andererseits nicht beruhigend zu wissen, wo meine Grenzen liegen? Möglicherweise scheitert die Beeinflussung. Mir würde ein Stein vom Herzen fallen, wenn ich diese Art von Macht nicht hätte.
    Doch wird der mentale Zwang nicht leichter dadurch, dass Jan weiß, was ich vorhabe? Wird er so nicht empfänglicher für meine Befehle? Ich brauche die Gewissheit, dass Jan nicht vorbereitet und deshalb leichter beeinflussbar ist.
    Ich führe diesen Test durch, aber mir ist schlecht vor Angst. Dennoch muss ich sie überwinden. So für meine Gabe zu empfinden, wird mich in kürzester Zeit in den Wahnsinn treiben. Außerdem bin ich extrem wütend auf Jan. Vermutlich will er mir wirklich helfen, doch zu welchem Preis? Das wird ihm leidtun. Wie kann er nach allem, was passiert ist, Vertrauen in meine Kraft setzen? Er muss doch selbst am Besten wissen, dass ich erst am Anfang stehe.
    »Gib mir kurz Zeit. Ich brauche einen Moment für mich.«
    Mit diesen Worten verlasse ich den Raum und lausche im Flur auf Anzeichen, dass er mir folgt. In seinem Zimmer bleibt alles still. Schnell schleiche ich die Treppe hinunter in die Küche.
    Kurze Zeit später habe ich gefunden, was ich suche, und verberge es seitlich in meinem Hosenbund. Vorsichtig steige ich die Treppe wieder hinauf, gehe ins Bad, betätige dort die Toilettenspülung sowie den Wasserhahn und kehre in Jans Zimmer zurück. Er steht am Fenster und blickt gedankenverloren in den Hof.
    »Jan? Bist du sicher, dass du das versuchen willst?«
    Er nickt und lächelt mir aufmunternd zu. »Wie gesagt, ich vertraue dir.«
    Wir werden sehen, wie er sich fühlt, wenn er nicht mehr Herr der Lage ist.
    »Stell dich mit dem Rücken zur Tür und sage Bescheid, wenn du bereit bist.«
    Er durchquert das Zimmer und steht kurze Zeit später an der genannten Position. Knapp nickt er mir zu. Auf seinen Zügen zeichnet sich Konzentration ab. Vorsichtig beginne ich mit der Fokussierung.
    Jan, bewege dich zum Fenster. Jetzt!
    Für einen Moment spüre ich Widerstand, dann geht Jan den ersten Schritt. Seine Lippen sind zu einem schmalen Strich zusammengepresst, und seine Stirn glänzt vor Schweiß. Er versucht eindeutig, sich meinem Willen entgegenzustellen. Ich setze zum nächsten Befehl an.
    Jan, schneller. Zum Fenster. Na los!
    Mit wenigen Schritten hat er den Raum überbrückt und steht jetzt direkt vor der Fensterbank.
    Öffne das Fenster!
    Mit wutverzerrtem Gesicht kommt er auch dieser Aufforderung nach.
    Steige auf das Fensterbrett!
    Ohne Rücksicht auf seine gebrochenen Rippen zu nehmen, zieht sich Jan mit einer eleganten Bewegung auf das Sims.
    Stelle dich hin!
    Er balanciert nun auf der Fensterbank. Nur eine Winzigkeit trennt ihn vom Absturz. Eine unbedachte Bewegung von ihm oder ein unkontrollierter Gedanke meinerseits und er würde in die Tiefe stürzen.
    »Hannah, es reicht!«, presst er hervor. Er hat recht.
    Zeit für den zweiten Teil des Experimentes.
    Steige von der Fensterbank und komme her!
    Jan springt vom Sims zurück ins Zimmer und landet mit einem Schmerzenslaut. Trotzdem richtet er sich auf und läuft, die Hände an seinem Verband, zu mir. In seinen Augen spiegeln sich Furcht und Schwäche. Gut. Er soll sich in Zukunft überlegen, ob er mich unbedingt zu solchen Aktionen verleiten will. Ich muss ihm zeigen, dass ich gefährlich bin – für meine gesamte Umwelt.
    Jan. Greife in meinen Hosenbund und ziehe das Messer heraus!
    Mit einer gezielten Bewegung packt er den Griff des langen Küchenmessers, das ich wenige Minuten zuvor aus dem Holzblock gezogen habe.
    Setze mir das Messer an die Kehle!
    Jan geht einen Schritt nach vorne, sodass ich rückwärts gegen die Tür taumle. Sekunden später fühle ich den kalten Stahl an meinem Hals. Ich blicke fest in Jans graublaue Augen, deren Pupillen vor Entsetzen und Fassungslosigkeit geweitet sind. Bewegungslos starren wir uns an.
    Lasse das Messer fallen!
    Ich breche meine Gedankenkontrolle ab. Jan schleudert das Messer von sich und weicht mehrere Schritte vor mir zurück. Die Erschöpfung überrollt mich wie eine riesige Welle. Für einen kurzen Moment schwanke ich und muss Halt am Türrahmen suchen.
    An Jans zorniger Miene sind seine Gefühle deutlich abzulesen. Er bebt vor unterdrückter Wut und sieht aus, als wolle er sich gleich wieder auf mich stürzen.
    »Bist du total bescheuert? Ich hätte dich umbringen können. Was wäre

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