Formbar. Begabt
vollends unter Strom.
Unsere Lippen treffen sich, und wir versinken in einen ungestümen Kuss. Obwohl eine Menge Leute um uns herumstehen, hält er mich so dicht an sich gepresst, dass unsere Körper fast miteinander verschmelzen und wenig der Fantasie überlassen bleibt. Seine Berührungen wirken heute anders. Selbstbewusster. Temperamentvoller. Entschlossener. Ich gebe mich ihm bereitwillig hin und erwidere hingebungsvoll seinen Kuss, der in mir eine Hitze entfacht, die sich bis tief in meinen Körper fortsetzt. Ich drücke mich noch enger an ihn.
Ein Hüsteln reißt mich aus der leidenschaftlichen Umarmung. Jan und ich beenden unseren Kuss, sofern man das noch so nennen kann, und treten einen Schritt auseinander. Ein Blick in die Runde sagt mir, dass uns alle anstarren. Das war offensichtlich zu viel des Guten. Viel zu viel.
Laro schaut mich mit hochgezogenen Brauen an. »Ääh... Ist ja schön, dass ihr zusammen seid, aber wollt ihr euch für solche Aktionen nicht lieber ein Zimmer nehmen?«
Lucas legt eine Hand auf ihren Arm. »Mich hätte brennend interessiert, wie es weitergeht. Musstest du sie unbedingt stören?«
Laro straft ihren Freund mit einem ungnädigen Blick. »Ich habe meinen Eltern versprochen, dass es auf der Party keinen Grund zur Beanstandung geben wird. Was die beiden treiben, sieht mir deutlich nach Konfliktpotenzial aus.«
»So kann man es auch nennen.«
Alle lachen, und ich wünsche mir, dass sich der Erdboden auftut und mich verschlingt. Sobald Jan in der Nähe ist, kann ich meine Selbstbeherrschung begraben.
Wir stehen immer noch im Mittelpunkt des Geschehens, und ich will der Aufmerksamkeit entfliehen, sodass ich mich von Jan löse und zwei Schritte zurückweiche. Plötzlich spüre ich keinen festen Boden mehr unter meinem rechten Absatz.
Der Gartenteich. Nicht gut. Gar nicht gut.
Der Moment scheint sich wie in Zeitlupe zu dehnen. Ich sehe die Belustigung in den Gesichtern der anderen, die ganz genau wissen, dass ich gleich ins Wasser stürzen werde.
Nein. Ich werde nicht stürzen.
Ich blende alles andere aus und konzentriere mich darauf, mir mit meinem Kleid Halt zu geben. Meinen Körper selbst kann ich nicht beeinflussen. Das weiß ich seit dem Flugexperiment. Aber es müsste reichen, wenn mich die Kleidung in die passende Richtung zieht.
Stoff, ziehe mich nach vorne! Gib mir Halt und ein Gegengewicht.
Kurzzeitig scheint es zu funktionieren, und ich fühle mich stabilisiert. Dann jedoch schwindet die Gegenkraft. Nach einem weiteren Augenblick der Bewegungslosigkeit falle ich rückwärts in den Teich, und das trübe Wasser schlägt über mir zusammen. Erfreulicherweise ist der Tümpel so niedrig, dass ich nicht tief versinke, sondern direkt den schlammigen Grund unter mir spüre. Der Boden in Kombination mit meinen hohen Schuhen, die ich jetzt – genau wie mein Kleid – wegwerfen kann, bildet allerdings einen dermaßen instabilen Untergrund, dass ich mehrere Versuche brauche, um aufzustehen. Zum Glück bin ich auf keine Kerze gefallen. Niemand, mit der Ausnahme meines Stolzes, ist zu Schaden gekommmen. Nur die ortsansässigen Goldfische müssen sich von einem Schreck erholen.
Jan steht am Ufer und hält mir seine Hand hin, die ich dankbar ergreife. Mit einer kräftigen Bewegung zieht er mich unter dem Gefeixe der anderen aus dem Wasser.
»Na, die Abkühlung war wohl nötig.«
»Jan, küsst du so schlecht, dass sie sich in den Teich stürzen musste?«
»Nette Unterwäsche. Wäre auch zu schade, wenn die nur Jan zu Gesicht bekommen hätte.«
Unterwäsche? Entgeistert schaue ich an mir herunter und stelle zu meinem Entsetzen fest, dass mein Kleid im Wasser durchsichtig geworden ist. Sowohl der Spitzen-BH als auch der passende Slip zeichnen sich deutlich ab, und jede Kurve meines Körpers ist zu erkennen. Ich will sterben. Bitte sofort.
Für einen Moment stockt mir der Atem, doch dann fällt mir ein, dass ich mich mit meiner Gabe nicht selbst beeinflussen kann. Bedauerlich. Andernfalls hätte ich kein unfreiwilliges Bad genommen. Doch warum ist die Stabilisierung mittels Kleidung nicht gelungen?
Jan zieht sein Hemd aus, darunter trägt er noch ein enges, weißes T-Shirt, und legt es mir fürsorglich um die Schultern. Dann schlingt er schützend die Arme um mich, wodurch er mich vor den Blicken der anderen abschirmt. Ich brauche jetzt dringend etwas zu trinken. Tropfnass und glühend rot vor Verlegenheit mache ich mich samt Jan-Schutzschild auf den Weg zur Bowle, wo mein
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