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Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken

Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken

Titel: Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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dachte, die nun, da der Krieg zweifellos gewonnen war, ins Zivilleben zurückgekehrt sein würden. Mittlerweile gab es gewiss irgendwo eine Statue für das 35., vor der trauernde Witwen, Eltern und Waisen am vierten Juli Blumen niederlegten.
    Andrew stellte eine rasche Berechnung an. Hier in Valdennia war die Mittsommernacht vor einigen Tagen verstrichen; auf dieser Welt ging es auf das Gegenstück des Juli zu. Juli in Maine, die beste Zeit des Jahres, dachte er seufzend, andererseits konnte man außer der schlammigen Jahreszeit fast jeden Monat zu Hause als den besten Monat bezeichnen. Die Schule würde zu Ende und ein paar Schüler würden geblieben sein. Er würde den Sommer zum Schreiben zur Verfügung haben, könnte sich in seine Sommerhütte in der Nähe von Waterville zurückziehen, um zu fischen und Boot zu fahren. Der vierte Juli. Er konnte sich Lincoln wieder zu Hause in Illinois vorstellen, wo er in einer friedlichen Nation Recht praktizierte. Andrew schaute zurück nach Westen, wo eine schmale Linie der Merki die Hügel jenseits des Flusses besetzte. Sie saßen auf ihren Rössern, beobachteten und warteten.
    Abermals seufzte er. Ihm war bewusst, dass er trödelte, also stieg er auf die Plattform hinauf und nahm den Salut des Wachpostens zur Kenntnis, der das Unionsarmeeblau des 35. trug. Einen Lidschlag lang betrachtete er das Gesicht des Jungen. Keiner der alten Kameraden aus der Heimat, was eine Entschuldigung gewesen wäre, eine weitere Minute zu plaudern.
    »Woher kommst du, Sohn?« Der Junge sah ihn fragend an. Andrew wiederholte die Frage in holperndem Latein.
    »Ah, Capri.«
    Andrew nickte und lächelte. Er wollte sich die Mühe des Versuchs ersparen, Latein zu sprechen, und betrat das Hauptquartier. Der Junge strahlte nervös übers ganze Gesicht, offenbar hoch erfreut darüber, dass der legendäre Keane mit ihm geredet hatte.
    Andrew hielt auf sein Büro zu, das einst dem Stationsvorsteher gehört hatte, dann schaute er zurück zur Tür.
    »Ihr könnt sie reinbringen«, befahl er. Damit ging er in sein Büro und warf die Tür mit dramatischer Geste hinter sich zu.
    Er begab sich hinter seinen Schreibtisch, auf dem sich der übliche Papierkram stapelte, und stieß einen leisen Fluch auf seinen Adjutanten aus, der sich darum hätte kümmern sollen. Es klopfte an der Tür.
    »Herein.«
    Die Tür schwang auf, und John Mina trat ein, mit blassen, abgehärmten Zügen und leerem Blick. Ihm folgte Chuck, der nervös wirkte und die Augen zu Boden gerichtet hielt.
    »Ich habe mit jedem von Ihnen alleine gesprochen«, begann Andrew mit frostiger Stimme. »Außerdem habe ich mit den beiden anwesenden Offizieren und einigen anderen Zeugen geredet.«
    John sah durch Andrew hindurch, als wäre er gar nicht da. Sein Blick war auf die ferne Wand geheftet.
    »Es wird kein Kriegsgericht gegen Captain Ferguson geben.«
    Johns Blick wurde klarer, und er begann, den Mund zu öffnen.
    »Ich will von euch beiden nichts hören, verdammt nochmal.«
    Sie schwiegen.
    »Sie sollte ich geradewegs zurück zum Gefreiten degradieren, Mr. Ferguson.«
    Andrew stand auf und näherte sich Chuck, bis er sich nur noch wenige Zentimeter von dessen Gesicht entfernt befand.
    »Sie sind ein Querschläger. Nur weil Sie so verflucht schlau sind, glauben Sie, einfach Ihr eigenes Spiel treiben zu können, wenn Sie mit einer Entscheidung nicht einverstanden sind. Wie zum Henker soll ich mit ihresgleichen eine Armee befehligen?«
    Chuck blieb stumm.
    »Antworten Sie gefälligst!«
    »Ich wusste, dass ich recht hatte«, flüsterte Chuck mit einem wütenden Blick hinüber zu John.
    »Und Sie waren – ich betone waren – ein Lieutenant Colonel, während General Mina immer noch General Mina und somit Ihr Vorgesetzter ist. Drücke ich mich verständlich aus?«
    Chuck schluckte schwer, erwiderte jedoch nichts.
    »Verschwinden Sie aus meinem Büro, und warten Sie auf mich.«
    Mit zitternder Hand salutierte Chuck und ging hinaus.
    Andrew kehrte zu seinem Schreibtisch zurück und setzte sich seitlich darauf.
    »Er sollte in der Militärwache eingekerkert werden«, meinte John Mina. »Bisher sind um die vierzig Tonnen Pulver verschwunden, fünfhundert Arbeiter wurden einen Monat lang vergeudet, und diese Monstrosität, die er baut, verschlingt Messing ohne Ende. Gottverdammt, er sollte –«
    »Beruhigen Sie sich, John.«
    Andrew bedeutete ihm, sich zu setzen. Kurz zögerte John, dann stakste er steif zum Stuhl hinüber und ließ sich darauf

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