Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken

Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken

Titel: Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
Vom Netzwerk:
»Ich will Vorräte für dreißigtausend Verletzte. Die Ärzte und Krankenschwestern sollen für sie vorbereitet sein, und Krankenzüge sollen die schweren Fälle zurück nach Roum transportieren. Teufel auch, fast dreitausend der Jungs dieser Armee sind bereits krank, zweihundert davon mit Typhus. In der Stadt grassiert ebenfalls Typhus, und Sie fragen mich, ob ich bereit bin.«
    Andrew hob die Hand und lächelte.
    »Sie wissen schon, was ich meine«, sagte er, »und verdammt nochmal, ich sage Ihnen doch andauernd, wenn wir auf dreißigtausend Verletzte kommen, werden sie durchbrechen, und dann ist ohnehin alles vorbei.«
    »Tja, verfluchen Sie mich meinetwegen, aber genau dafür plane ich. Bei Gettysburg hatten wir fast genauso viele, und trotzdem haben wir gewonnen.«
    »Und Lee hat etwa ebenso viele verloren und musste eine Niederlage einstecken«, meldete sich Pat zu Wort. »Vergessen Sie nicht, dass ich auch dort war.«
    »Sie haben die Kampfhandlungen nicht so miterlebt wie wir«, erwiderte Emil.
    »Ich habe die Kampfhandlungen nicht miterlebt? Ich war auf dem Seminary Ridge und anschließend die vollen drei Tage auf dem Cemetary Hill, hab dabei über tausend Kugeln abgefeuert, und Sie behaupten, ich hätte die Kampfhandlungen nicht miterlebt?«
    »Wir haben bei Gettysburg alle genug miterlebt«, warf Andrew ein und hob schlichtend die Hand.
    »Ich werde trotzdem für dreißigtausend vorausplanen«, beharrte Emil und setzte an, die Bastion zu verlassen.
    »Sagen Sie Kathleen, dass ich gegen Einbruch der Dunkelheit nach Hause kommen werde.«
    »Sie hat Nachtschicht im Krankenhaus«, gab Emil zurück.
    »Oh«, machte Andrew und bemühte sich, die Enttäuschung aus seiner Stimme zu verbannen.
    »Keine Bange, ich werde ihr befehlen, nach Hause zu gehen.«
    Verlegen blickte Andrew in die Runde der verhalten kichernden Gesichter.
    »Der Rang hat nun mal seine Privilegien«, verkündete Pat lachend und folgte Emil hinaus, da er es kaum erwarten konnte, das abgedroschene Streitgespräch darüber fortzuführen, ob die 35. oder 44. New York in Gettysburg, Antietam, Fredericksburg oder an einem sonstigen Ort, um den sie zu streiten beschlossen, im schlimmsten Kampfgetümmel gesteckt hatte.
    Von Emil auf die Zeit aufmerksam gemacht, schaute Andrew zurück zur Gruppe.
    »Wenn mich die Herren bitte entschuldigen«, sagte er und folgte den beiden hinaus, wobei er jedoch in eine andere Richtung schwenkte, um nicht von Emil zur Bestätigung eines Arguments in das Gespräch hineingezogen zu werden.
    Während er die Schienen entlangmarschierte, die an der Bastion vorbei verliefen, blieb er stehen und blickte zurück. Die Brücke brannte lichterloh. Öliger Rauch kräuselte sich kerzengerade in den stummen, teilnahmslosen Himmel empor. Er drehte sich um und lief weiter die Eisenbahnschwellen entlang. Dabei ereilte ihn eine flüchtige Erinnerung an die Zeit, als er noch ein Junge gewesen war. Der erste Zug nach Maine war durch seine Stadt gekommen. Irische Arbeitsmannschaften hatten die Schienen verlegt, und die altmodische Norris-Lokomotive war ihnen gefolgt. Er war auf die Gleise geklettert, hatte versucht, von Schwelle zu Schwelle zu laufen, und musste feststellen, dass sie so verlegt waren, dass er entweder zu lange oder zu kurze Schritte brauchte. Er hatte einen Schienenverleger gefragt, weshalb dem so war, und zu hören bekommen, was er mittlerweile für die Standardantwort hielt, nämlich dass es dazu diente, verdammte Narren wie ihn davon abzuhalten, auf den Schienen zu gehen.
    Die Erinnerung brachte ihn zum Lächeln, zumal er wie damals feststellte, dass die Schwellen so angeordnet waren, dass es unmöglich war, mit normalen Schritten darauf zu laufen. Schließlich verließ er die Gleise und trat auf die Plattform des alten Bahnhofs, der nun als Hauptquartier diente. Oben am Gebäude wehten die Flaggen der beiden Republiken. Etwas tiefer befand sich die Flagge der Armee der Republiken, und daneben flatterten die verblassenden und befleckten Flaggen des 35. Maine. Eine davon war die blaue Staatsflagge von Maine, die andere das Banner aus Sternen und Streifen, auf dessen von Schüssen zerfetztem Stoff in Goldbuchstaben der Name jedes Gefechts prangte, in dem das Regiment gekämpft hatte. Kurz hielt er inne, um sie zu betrachten, während sie in einer leichten, heißen Brise von der Steppe wehten. Über zwanzig Schlachten in acht Jahren. Zu Hause schrieb man das Jahr 1869. Er lächelte, als er an all seine alten Kameraden

Weitere Kostenlose Bücher