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Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken

Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken

Titel: Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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Im Augenwinkel sah er einen jungen Roum-Captain neben einer Wache stehen, die den Offizier gerufen hatte. Die zwei sahen erleichtert aus, dass Andrew in die entgegengesetzte Richtung gegangen war. Er lächelte innerlich, da er sich an einen ähnlichen Augenblick erinnerte, kurz nachdem Grant das Kommando übernommen hatte. Grant hatte einen unangekündigten Spaziergang am frühen Abend unternommen und sich nach links gewandt, um ihr Schwesterregiment, das 80. New Yorker, zu besuchen. Er hatte gelacht, als er das hektische Durcheinander hörte, während er Gott dankte, dass es nicht seine eigene Einheit gewesen war, die so aufgestöbert wurde. Er war nicht in der Stimmung, andere dieser Art der Folter zu unterziehen.
    Er ging weiter den Hang hinauf, schlängelte sich durch eine Reihe von Stacheldrahtverhauen, trat sorgfältig um Fallgruben herum, die immer noch mit Pfählen markiert waren, die herausgezogen würden, wenn die Merki schließlich kamen. Die Reihen der Verschanzungen und Brustwehren waren leer, die Männer bereiteten ihr Abendessen in den Lagern zu, der Geruch von gebratenem Rückenspeck hing in der Luft, vermischt mit dem Rauch der Feuer und dem Duft von aufgebrühtem Sassafrastee.
    Der Geruch löste angenehme Erinnerungen aus, die Erinnerungen an über tausend Nächte beim Kampieren im Feld, auf dem Marsch oder in Winterquartieren. Kochfeuer blinkten von den Lagern auf, durch das Abflauen der frühen Abendbrise kringelte sich der Rauch gerade in den dunklen blauen Himmel empor. Im Westen ging die Sonne unter, eine schmale Mondsichel sank dahinter nach unten, der andere Mond war schon verschwunden und erschien erst eine Stunde vor der Morgendämmerung wieder.
    Er entdeckte einen Baumstumpf, lehnte sich dagegen und blickte über die Felder. Die Armee hatte sich entlang der Hügel verteilt, Lager aufgestellt. Diejenigen, die das Glück hatten, ein Zelt zu besitzen, schlugen sie in ordentlichen Kompaniereihen auf, die anderen Einheiten mussten Anbauten aus Asten von Kiefern errichten. Entferntes Gelächter erklang in der ruhigen Luft, scharf und klar, Lieder erklangen, eine ungewöhnliche Ballade der Roum in Moll und ein altes vertrautes Lied auf Rus. Die englischen Worte trieben in seine Gedanken, als er es mit verfolgte: »Mag es auch noch so bescheiden sein, es geht doch nichts über das eigene Zuhause«, summte er leise mit.
    Es erinnerte ihn plötzlich an eine Nacht wie diese, in der Woche vor Chancellorsville. Die zwei Armeen, Norden und Süden, hatten ihre Lager aufgeschlagen, standen sich auf dem Rappahannock-Fluss einander gegenüber. Es hatte ganz einfach begonnen. Eine Gruppe Rebellen sang eine Melodie, einige Wachen der Union auf der anderen Seite des Flusses stimmten mit ein. Ziemlich bald waren Tausende von Soldaten der zwei Seiten an das Flussufer geströmt, hatten ihre Gewehre in einem improvisierten Waffenstillstand zurückgelassen und brachten sich abwechselnd gegenseitig ein Ständchen, die Rebellen sangen »Dixie«, die Soldaten der Union »Battle Hymn«. Sie hatten den ganzen Abend abwechselnd gesungen, die Sonne ging unter, die Sterne gingen auf, der Orion stand in seinen letzten Frühlingstagen tief am westlichen Himmel und jagte dem Dämmerlicht hinterher.
    Sie waren nicht länger Feinde, sie waren von zuhause fort, Jungs eines gemeinsamen Glaubens, einst von einem gemeinsamen Land, gefangen in einem Drama aus Flaggen und Trommeln und Blut, die für diese Nacht auf eine Dorfwiese oder zu einem Picknick der Kirche zurückversetzt wurden, während sie die alten Lieder zusammen sangen.
    Und dann wurde der Zapfenstreich geblasen, das Signal, in die Unterkünfte zurückzukehren, bevor das letzte Flüstern des Zapfenstreichs erklang. Die zwei Seiten begannen, sich aufzulösen, und dann begann am Südufer ein klarer hoher Tenor die erste Zeile zu singen. In einem Augenblick vereinigten sich die Stimmen der Tausenden, die sich auf beiden Seiten des Flusses zusammengeschlossen hatten.
    »Mag es auch noch so bescheiden sein …«
    Kaum eine Stimme beendete das Lied, stumme Tränen erstickten die Stimmen, Männer senkten die Köpfe, weinten um ihre Heimat, ihre Freunde, die sie verloren hatten, und Frieden. Das Lied verklang in der Dunkelheit, und sie wendeten sich voneinander ab, um in ihre Lager zurückzukehren. Eine Woche später fanden dreißigtausend von ihnen den Tod oder wurden verwundet in den Wäldern von Chancellorsville.
    Seine Augen bewölkten sich von der Erinnerung an diesen

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