Forstchen, William
Länder eine Allianz auf der Grundlage von Blut, das auf dem Schlachtfeld vergossen wurde, und nach wie vor vertrauen wir einander. Nippon ist eine unbekannte Größe. Vielleicht bauen wir die Bahn nach der nächsten Präsidentenwahl weiter, wenn Kai sechs weitere Jahre sicher hat.«
Vincent blickte Andrew flehend an. »Sie haben die verdammte Verfassung geschrieben. Haben Sie das nicht kommen sehen?«
»Ich hielt es für möglich«, antwortete Andrew. »Deshalb ja auch die Vorschrift, dass die beiden Gründungsstaaten der Republik, Rus und Roum, beide mehr Senatoren bekommen als neue Staaten, die beitreten. Somit behalten wir auf lange Zeit die Kontrolle im Senat, aber das Unterhaus wird zur fetten Beute, falls Nippon dazustößt, und das hat den Politikern zu Hause Angst eingejagt.«
»Können Sie Kai nicht überzeugen?«
»Oh, letztlich doch.«
»Die verdammte Geschichte ist einfach verrückt!«, tobte Vincent und wurde lauter. »Im Krieg haben wir bekommen, was wir brauchten, und zur Hölle mit aller Politik. Diese verdammte Verfassung führt noch dazu, dass unsere Arsche in der Wäschemangel landen!«
Andrew legte ihm väterlich die Hand auf die Schulter und führte ihn vom Bahnsteig, damit ihre drei Kameraden und die am Rangiergleis aufgestellten Truppen nicht weiter mithören konnten.
»Falls ich je wieder höre, wie Sie so etwas in der Öffentlichkeit sagen, enthebe ich Sie Ihres Kommandos«, sagte Andrew leise. »Habe ich mich klar ausgedrückt, General?«
Vincent blickte Andrew offen in die Augen. »Aber Sir, Sie erkennen doch das Problem, das hier entsteht!«
»Habe ich mich klar ausgedrückt, General?«, wiederholte Andrew, und sein Ton wurde streng.
Vincent starrte ihn an und hätte am liebsten protestiert, aber der wachsende Zorn in Andrews Blick brachte ihn zum Schweigen. Er nahm Haltung an. »Ja, Sir.«
Andrew wusste, dass etliche von Vincents Männern die Bemerkung mitgehört hatten und jetzt die Standpauke mit den Blicken verfolgten. Er musste die Disziplin wahren, aber gleichzeitig durfte Vincent nicht zu viel Gesicht verlieren.
»Sie sind hier nicht in McClellans Armee, Mr. Hawthorne. Solche Sprüche wurden vielleicht damals 62 geduldet, aber hier niemals! Habe ich mich deutlich ausgedrückt?«
»Ja, Sir.«
Er wurde jetzt etwas lauter, damit die Männer, die zweifellos die Ohren spitzten, auch alles verstanden. »Mir ist egal, ob Sie der beste Kämpfer unter den Generalen der Armee sind. Was diesen Punkt angeht, wird das Militär dieses Landes seine Befehle von der zivilen Regierung entgegennehmen, ob sie ihm gefallen oder nicht. Diesen Eid haben wir abgelegt.«
Vincent nickte und wurde rot.
»Schön. Also haben wir einander verstanden.«
»Ja, Sir. Ich entschuldige mich, Sir.«
Andrew nickte. Mit Hawthorne umzugehen war immer eine heikle Sache. Da war natürlich die politische Verbindung zu bedenken. Obwohl sich Kai niemals in eine Disziplinierung Vincents einmischen würde, wusste Andrew doch, dass der Junge – er war schließlich erst siebenundzwanzig – einfach nicht das Gefühl abschütteln konnte, dass sein Schwiegervater ihm einen gewissen Einfluss verschaffte.
Außerdem war Vincent einfach Andrews bester Mann. Seine zentrale Abwehrschlacht am zweiten und dritten Tag der Schlacht von Hispania war in die Legende eingegangen. Eines der populärsten Kriegsgemälde zeigte Vincent, der wie ein Fels inmitten des Merkisturms auf einem flachen Güterwagen stand. Dieses Gemälde rivalisierte mit Showalters letztem Kampf um das beliebteste Bild in Kneipen der ganzen Republik.
Andrew hoffte, dass Vincent eines Tages Oberbefehlshaber sein würde. Er dachte kurz darüber nach und stellte fest, dass ihm die Vorstellung Sorgen bereitete. Das war eine Option, die zu ergreifen vielleicht schon in nicht allzu ferner Zukunft nötig werden würde. Obwohl Pat auch grundsätzlich für den Posten in Frage kam, verfügte er einfach nicht über das Charisma, mit dem Vincent besonders die Roum beeindruckte, die Vincent auch als ihren Helden betrachteten, seit er im Carthakrieg den Palast verteidigt hatte. Falls die Entscheidung einmal anstand, konnte Pat öffentlich als direkter Befehlshaber aller Rus-Truppen gelten, insgeheim aber als Bremse und beruhigende Hand wirken, ein Hans für einen neuen General.
Hans. Erneut diese sorgenvolle Erinnerung. Ich wünschte, du wärst hier, alter Freund, dachte Andrew traurig und wandte sich dann wieder ganz Vincent zu. Der Junge musste noch stärker
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