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Forstchen, William

Forstchen, William

Titel: Forstchen, William Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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sich um und blickte auf in das dunkle, glühende Auge des Gießerei-Aufsehers Karga.
    »Es läuft langsam. Warum?« Die Stimme des Aufsehers war ein düsteres Knurren, und erneut spürte Hans den kalten Widerwillen darüber, dass er die Sprache dieser Kreaturen gelernt hatte und jetzt sogar in ihr antwortete. Wieder so eine abscheuliche Konzession, sogar das bloße Reden. Er warf einen kurzen Seitenblick auf die Eisenpuddler; sie bückten sich über ihre Arbeit, aber er wusste, dass sie alles mitbekamen … und fürchterliche Angst hatten, heute könnte der Tag sein, an dem sie als »Exempel« ausgewählt wurden. Obwohl Ha’ark seinen Schutz ausgeweitet hatte, fand Karga immer eine Möglichkeit, die Regeln zu beugen und zu behaupten, ein Arbeiter wäre aufsässig oder er stünde deshalb nicht mehr unter Schutz, weil er seine Arbeit nicht leistete.
    Hans verschob den Priem in die Backe und spürte, dass sein Mund auf einmal trocken war.
    Vielleicht ist heute für mich der Tag gekommen, dachte er. Warum klammere ich mich noch ans Leben?, fragte er sich. Bin ich denn nicht zum Verräter geworden? Ich leite diese Gießerei, den Entstehungsort der Maschinen, die eines Tages gegen die Menschen auf diesem ganzen Planeten eingesetzt werden und gegen meine eigene Republik.
    Die Republik – sie kam ihm inzwischen wie ein ferner Traum vor, wie eine Geliebte aus verflossener Jugendzeit; sie und Andrew Keane, der Junge, den er zu einem General gemacht hatte. Aber Hans verbannte den Gedanken, denn über dieses Thema nachzudenken, das hätte bedeutet, den Weg zum absoluten Paradox seiner Existenz bis zum Ende zu gehen, ein Nachsinnen, das ihn endgültig in den Wahnsinn getrieben hätte.
    Er betrachtete Karga forschend. Er hatte lange gebraucht, um die Mimik dieser Lebensform deuten zu lernen. Auf den menschlichen Betrachter wirkten ihre Züge wie ständig zu einer Grimasse der Wut verzerrt. Man konnte dort jedoch mit der Zeit subtile und doch klare Variationen erkennen, falls man lange genug überlebte. Hans erkannte jetzt jedoch, dass der Meister heute wirklich kurz vor einem Wutausbruch stand. Kargas Züge waren grob, ledrig, und immer ragte der Kerl wie ein Raubtier aus der Vorzeit über ihm auf. Und Kargas Gesicht wirkte nur umso schrecklicher durch die Narbe, die ihm ein Merkipfeil geschlagen hatte, der ihm das linke Auge zerschoss und die Höhle als verknäuelte Masse aus knorrigem Fleisch zurückließ. Hans sah, dass der Meister schlechte Laune hatte, akzentuiert durch die Kratzspuren, die kreuz und quer über die Wangen liefen. Erneut war es zu einer Schlägerei mit seiner Frau oder einer Konkubine gekommen, und jetzt würde jemand dafür bezahlen.
    »Erkläre es mir, Vieh! Nur die Hälfte des benötigten Eisens wurde heute gegossen.«

Hans nickte. Sinnlos, das Offenkundige zu leugnen.
    »Mein Meister«, begann er, und allein diese Worte rieben sich schon an den wenigen Resten seines Stolzes. »Wie ich dir zuvor schon sagte, du musst die Hochöfen drei bis sieben für mindestens zwei Tage stilllegen. Die Ofen müssen von Schlacke befreit werden. Und die Blasebälge sind völlig rissig; wir verlieren mehr Luft, als wir hineinblasen.«
    Hans deutete mit dem Kopf auf das Arsenal der Lederblasebälge, jeder davon so groß wie ein kleines Haus. Sie waren mit Tretmühlen gekoppelt, die acht Meter hoch aufragten. Angetrieben wurde jede Tretmühle von Dutzenden Chinsklaven, die mit gesenkten Köpfen endlos die Holzsprossen erstiegen und mit ihrem kläglichen Gewicht die Antriebsschäfte drehten, die ihrerseits die Blasebälge betätigten.
    Es war ein höllischer, mittelalterlicher Anblick, bei dem Hans jedes Mal ein kalter Schauer über den Rücken lief. Dutzende Tretmühlen, jede gefüllt mit einem halben Hundert Männern, Frauen und Kindern, trieben die meisten Maschinen auf diesem Albtraumplaneten an, die er jetzt kommandierte. Sie taten dies sechzehn Stunden am Tag mit nur zwei kurzen Pausen für die täglichen Rationen aus Reiskuchen und Wasser. Es war die letzte Etappe ihres Lebens. Wenige hielten mehr als einen Monat durch, ehe sie erschöpft zusammenbrachen, ehe sie davongeschleppt und im Schlachtraum aufgehängt wurden wie das Vieh, als das sie hier galten.
    Auch Hans’ geschulte Arbeiter, die Ha’ark unter seinen Schutz gestellt hatte, starben ihm weg. Nach dreieinhalb Jahren hatten Krankheiten, die regelmäßig in den Sklavenlagern wüteten, viele dahingerafft. Obwohl sie bessere Rationen erhielten als die

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