Fortinbras ist entwischt
Gaylord auf diese Weise immer einen kleinen Vorsprung.
Wollte der Regen denn nie aufhören? Würden sie das Haus nie mehr für sich allein haben? Sie richtete sich im Bett auf, umschlang ihre Knie, betrachtete ihren schlafenden Mann und sah dann wieder hinaus in den strömenden Regen. «O Gott, o Gott, wie eklig, schal, flach und unnütz», murmelte sie.
Jocelyn rekelte sich schlaftrunken. «Unersprießlich», brummte er. Hätte sie laut geschrien, das Haus brennt, wäre er nicht so schnell aufgewacht, aber ein falsches Shakespeare-Zitat würde ihn noch von den Toten erwecken.
Sie gähnte, seufzte und sagte matt: «Ich mache uns eine Tasse Tee.»
Unlustig streckte sie ein Bein aus dem Bett. Der Tag schien kalt und unfreundlich. In diesem Augenblick klopfte es leise an die Tür. Hilda Twegg kam hereingeschwebt und setzte ein appetitlich hergerichtetes Frühstückstablett auf den Nachttisch. Köstlicher Teegeruch entströmte der Kanne. May zog ihr Bein sehr viel schneller zurück, als sie es ausgestreckt hatte. «Mrs. Twegg, Sie sind ein E-n-g-e-l!» rief sie.
«Gern geschehen, liebe Mrs. Pentecost, und nun lassen Sie sich mal schön Zeit.» Dann verschwand sie. May sagte: «Sie ist eine großartige Person. Und dieser Tee ist ein wahres Himmelsgeschenk!» Sie schenkte das labende Getränk ein und sagte: «Dein Vater und die Darling saßen gestern abend sehr nah und sehr schweigsam beieinander.»
«Ja», sagte er.
«Also weißt du, Jocelyn, ich könnte einfach nicht im selben Haus mit der Darling wohnen. Im Ernst! Es ist... es ist nicht so, daß ich sie nicht mag. Ich weiß nicht, was es ist», schloß sie hilflos.
«Ich schon», sagte Jocelyn. «Ihr seid beide recht resolute Frauen, und zwei resolute Frauen unter einem Dach, das ist wie Benzin im Heizungskeller. Eine Explosion ist unvermeidlich!»
«Jedenfalls befinden wir uns in einer häuslichen Krise», sagte May. «Wir müssen uns ernsthaft überlegen, was zu tun ist.»
«Ja», sagte Jocelyn kläglich und schlürfte seinen Tee. Er haßte Krisen und Entscheidungen, morgens um sieben sollte so etwas gesetzlich verboten sein.
Als es an der Tür klopfte, saßen Gaylord und Fortinbras aufrecht im Bett und führten ein freundschaftliches, wenn auch einseitiges Gespräch.
Gaylord beförderte Fortinbras nicht eben zart unter die Decke. Mrs. Twegg kam mit einer Tasse Tee hereinmarschiert.
«Oh, vielen Dank, Mrs. Twegg», sagte Gaylord. Er war überwältigt. Noch nie hatte ihm jemand Tee ans Bett gebracht. Er fühlte sich sehr erwachsen.
Aber plötzlich fühlte er sich weniger erwachsen. Auf seinem Bauch spürte er ein panikartiges Gezappel. Es kam höher. Jetzt erreichte es seine Brust. Würde Mrs. Twegg aus der Tür sein, ehe Fortinbras auf der Bildfläche erschien?
Gaylord versuchte verzweifelt, seinen kleinen Freund in Schach zu halten. Aber zum erstenmal in seinem Leben setzte sich Fortinbras durch. Er krabbelte unter der Decke hervor und ließ sich außer Atem auf dem Kopfkissen nieder.
Gaylord blickte Mrs. Twegg schuldbewußt an. Aber sie lächelte. «Keine Angst, mein Schatz, ich werde es niemand verraten.»
Er blickte sie erleichtert an. «Auch nicht Mummi?»
«Natürlich nicht. Ein Junge darf schon einmal ein paar weiße Mäuse im Bett haben.»
«Oh, vielen Dank, Mrs. Twegg», sagte er und fügte spontan hinzu: «Wissen Sie, Mrs. Twegg, Sie sind wirklich der netteste Mensch, den ich kenne.»
Sie stand an der Tür und drehte sich lächelnd um. «Das freut mich, Gaylord.»
«Glauben Sie, Sie würden mich heiraten, wenn ich groß bin, Mrs. Twegg?» fragte er höflich.
Sie sah ihn erstaunt an. «Wenn du bis dahin nicht jemand anderes gefunden hast», sagte sie.
«Gut», sagte Gaylord, lehnte sich gemütlich zurück und setzte Fortinbras auf seine Brust, «das ist also abgemacht.»
Er schlürfte seinen Tee. «Ich danke Ihnen vielmals, Mrs. Twegg», sagte er mit weltmännischer Höflichkeit.
«Herein», rief Rufus Darling. Er saß im Bett in einem von Jocelyns Schlafanzügen.
Hilda Twegg trat ein, heiter und freundlich wie ein anbrechender Sommertag. «Guten Morgen, Mr. Darling, leider kann ich Ihnen den Tee nur in einer Tasse bringen, denn die Kannen sind alle in Gebrauch.»
«Ach, Tassen sind etwas Wundervolles», sagte er. «Wenn ich meinem Boy keine genauen Instruktionen erteile, bringt er mir den Tee womöglich in einer alten Konservendose.»
«Aber Mr. Darling!» rief sie entsetzt. «Das dürfen Sie aber nicht zulassen!»
Er
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