Fortunas Odyssee (German Edition)
und bald getauft wurden. Danach mussten die Kinder die katholische Lehre studieren und sich einmal in der Woche Vorträge aktiver Kirchenmitglieder anhören, die dem Pastor zur Seite standen. Wer wollte, konnte im Kirchenchor mitsingen, der bei den sonntäglichen Gottesdiensten auftrat.
Durch diese Aktivitäten wurden Bitu und Fred zu Freunden, was bei Tim eine gewisse Eifersucht hervorrief. Er ließ dies eines Abends durchblicken, als sein Bruder in sein Zimmer ging, nachdem er mit seinem neuen Freund eine Partie Schach am Küchentisch gespielt hatte.
»Ich finde ihn doof…«, sagte er zu Fred.
»Ich nicht, er ist mein Freund und ich mag ihn.«
Tim setzte sich auf die Bettkante und sagte:
»Ich wette, er hat verloren.«
»Diese Wette hast du verloren.«
Im nächsten Jahr würde das Land wieder an den Olympischen Spielen teilnehmen. Aus diesem Grund organisierten die Schulen zum ersten Mal eine Schulolympiade mit unterschiedlichen Wettbewerben. Es waren richtige Feste mit Medaillen und Trophäen für die siegreichen Schüler und ihre Schulen. Die Verantwortlichen stellten Namenslisten für einflussreiche Leute zusammen, die am großen Finale, das einige Monate vor den Olympischen Spielen stattfand, zugegen sein sollten. Die Schüler füllten einen Fragebogen aus und wurden von den Beobachtern im Hinblick auf ihre physischen Qualitäten beurteilt. Tim hob sich im Schwimmen hervor und er begann, für diesen Sport zu trainieren. Sein großes Vorbild war Roger Ray, ein junger talentierter Athlet und ohne Zweifel die nationale Medaillenhoffnung für die nächsten Jahre.
In der Hauptstadt kaufte Papa manchmal Sportzeitschriften für Tim, in denen diesem jungen Schwimmer gleich mehrere Seiten gewidmet waren. Roger Ray erschien auch in den Tageszeitungen, gab Interviews im Fernsehen und im Radio und war das große Idol für neunzig Prozent der damaligen Jugendlichen. Auf dem Höhepunkt seiner Popularität hingen Fotos von ihm in Schlafzimmern, Mädchentoiletten und Schulen, sogar in Kneipen.
Sogar das Lieblingsbier unseres Athleten prangte auf einem Werbeplakat.
Am Anfang fanden die Wettbewerbe innerhalb der Schulen statt; anschließend vertraten die Besten ihre Schulen in einem regionalen Wettbewerb. Tim war von der Idee, den Namen seiner Schule bis ins Finale zu bringen und Meister zu werden, so begeistert, dass er täglich nach der Schule trainierte. Fred stach in keinem Sport hervor, und obwohl er gern Fußball spielte, widmete er sich lieber der Kirchenarbeit.
Wenn Tim in der Kirche war, beobachtete er lieber die Gemälde an den Wänden, um ihre Bedeutung zu verstehen, als der katholischen Doktrin Aufmerksamkeit zu schenken.
Der Chor bestand hauptsächlich aus Mädchen, und anstatt sich auf Noten und Texte zu konzentrieren, störte er ihre Aufmerksamkeit.
Einmal wurden Klavier und Chor mitten im Lied unterbrochen. Der Pastor, der neben dem Altar saß, reckte den Hals, und die Nonne, die den Chor dirigierte, schaute über den Brillenrand zur letzten Reihe, in der Tim saß. Er hatte gerade in der Nase gebohrt, und schmierte das Ergebnis in die roten Locken eines Mädchens, das direkt vor ihm saß. Sein Gesangbuch lag verschlossen auf seinem Schoß. Erst nach lautstarkem Räuspern der Dirigentin wurde ihm klar, dass er die ganze Gruppe aus dem Takt gebracht hatte. Er öffnete schnell sein Gesangbuch, allerdings an der falschen Stelle, und tat so, als würde er mitsingen.
Manchmal ließ er irgendeinen Gegenstand absichtlich fal-len, um den Mädchen beim Aufheben unter die Röcke schauen zu können.
Er war als Sänger eine absolute Null, dazu ein Versager, was den Katechismus betraf. Er wusste nie eine Antwort, und wenn dann war sie falsch. Beim Schwimmen fühlte er keine Ermüdung, aber wenn es darum ging, den Hügel zur Kirche hinaufzulaufen, beschwerte er sich über den steilen Anstieg und schleppte sich unter den missbilligenden Blicken seines Bruders nach oben.
Nachdem Fred aufgegeben hatte, Fußball zu spielen, wurde er von Padre Benedito eingeladen, Ministrant zu werden.
Mama erhielt den Einladungsbrief und sprach mit ihm darüber. Egal, wie er sich entscheiden würde, sie würde es akzeptieren. Und so war es. Fred führte seine Aufgaben als Ministrant gewissenhaft aus, sowohl während des Gottesdienstes als auch in anderen Kirchendiensten. Er gewann das Vertrauen der anderen Mitglieder der Pfarrgemeinde und die Anerkennung des Pastors, und zu seiner großen Freude wurde auch sein Freund Bitu
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