Fortunas Odyssee (German Edition)
Ministrant in der Kirche.
Leider hatte João nicht dasselbe Glück wie Tim. Sein Vater verbot ihm, seine Schule als Fußballspieler zu vertreten. Er war ein guter Mittelstürmer, aber sein Vater nahm ihm allen Wind aus den Segeln. Mit Enthusiasmus hatte er sich für das Nachmittagstraining vorbereitet. Er hatte das Trikot angezogen,
die Fußballschuhe gegriffen und wollte gerade das Haus verlassen, als sein Vater ihm von der Ladentür aus zurief:
»Wo willst du eigentlich hin?«
»Zum Training, Vater.«
»Training? Zieh sofort diese Klamotten aus und hilf mit, die Ware abzuladen, die gerade eingetroffen ist!«
Er war wie vom Schlag getroffen und wollte gerade antworten: »Aber Vater, für mich ist es sehr wichtig, der Schule dabei zu helfen, Trophäen zu gewinnen«, gab aber auf, als er seine Mutter in der Tür erblickte, die ihm mit einem Zeichen zu verstehen gab, dass es besser sei, nachzugeben.
»Scheiße«, murrte er, als er zurückging.
Zu seinem Pech hörte es sein Vater, der ihn von hinten ergriff und zu Boden stieß. Beim Fallen schlug er sich die Stirn blutig und er erhielt weitere Schläge, selbst nachdem er schon auf die steinige Straße gefallen war.
»Ich werde dir zeigen, was Scheiße ist!«
Der Junge blutete, aber das beeindruckte den Mann keineswegs, denn er zog sich den Ledergürtel aus der Hose. João versuchte, sich mit den Händen vor den Schlägen zu schützen, aber sein Vater hielt sie fest und schlug weiter auf den wehrlosen Körper ein. Die Leute kamen aus ihren Häusern, die Geschäfte leerten sich und eine Menschentraube bildete sich um die beiden. João pinkelte in die Hose, als sich der Apotheker Aristeu näherte.
»Der arme Junge, jetzt ist es aber genug! Sehen Sie nicht, dass er blutet?«
Der grobe Mann ließ die Hände seines Sohnes los, als er die Menge der Schaulustigen bemerkte. Außerdem sah er, wie Vicenta ihr Gesicht in den Händen verbarg und weinte.
Er drehte seinen Kopf und schaute auf die Menschenmenge.
»Das ist mein Sohn und ich weiß, wie ich ihn zu behandeln habe. Verschwindet!«
Die Leute verzogen sich allmählich, und Aristeu starrte Genésio an, während er dem Jungen auf die Beine half.
»Ich bin in der Apotheke, falls Sie wollen, dass ich den Jungen verarzte.«
Der Apotheker war durch seine Praxisnähe und seine große Erfahrung im pharmazeutischen Bereich bekannt. Seine reichen Kenntnisse über Medikamente und deren Anwendung für die verschiedensten Krankheiten kamen der ganzen Bevölkerung von Madrigal und der Umgebung zugute. Aber er ließ es nicht dabei bewenden, sondern betätigte sich auch als Psychologe, Lehrer, Krankenpfleger, Wunderheiler, Gesundbeter und als Arzt, der er nicht war. Das örtliche Krankenhaus war unbedeutend; es arbeiteten dort nur zwei Ärzte und drei Krankenschwestern, und in schwierigeren Fällen wurden die Patienten in die Hauptstadt gebracht. Aber viele zogen es vor, Aristeu zu konsultieren, der sich fast nie in seinen Diagnosen irrte.
João wurde von seiner Mutter ins Haus gebracht, während er zwischen den Lippen hervorstieß:
»Eines Tages bringe ich ihn um.«
»Schsch!! Halt’ den Mund, mein Junge. Wenn er dich hört, stirbst du vorher. Ich säubere erst einmal deine Wunde und lege einige Kräuter darauf, damit sie sich nicht entzündet. Es tut nicht weh.«
Natürlich war diese letzte Behauptung eine Lüge, und als sie die Kräuter auflegte, schrie er vor Schmerzen.
Der arme Junge, nur weil er ein bisschen Spaß haben wollte, hatte ihn sein eigener Vater so brutal behandelt. Am schlim-msten war die Demütigung durch die Tatsache, dass er vor allen Leuten in die Hose gepinkelt hatte.
Er ging zum Laden hinüber und schaute Genésio kein einziges Mal in die Augen. Seine Stirn brannte und der Geruch der Kräuter drang ihm in die Nase. Während er hart arbeitete, wünschte João seinem Vater den Tod.
Diese Nacht war schrecklich für meine Familie. Papa kam spät nach Hause, roch nach Urin und warf alles um, das ihm im Weg stand, darunter auch die Vase aus portugiesischem Porzellan,
die seine Großmutter ihm geschenkt hatte. Die Jungen wohnten der Szene nicht bei, aber als sie durch den Krach, den ihr Vater im Haus veranstaltete, geweckt wurden, wussten sie gleich, was vor sich ging, denn diese Szenen kamen immer häufiger vor. Fred zog sich die Bettdecke über den Kopf, damit niemand sein Weinen hörte. Tim starrte stumm an die Decke. Er wusste nicht, für wen er mehr Mitleid empfand, für seinen betrunkenen
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