Fortunas Odyssee (German Edition)
diesem Grund bliebe ihm, dem Fabrikbesitzer, nichts anderes übrig, als die Hälfte seiner Angestellten zu entlassen. Und es sähe so aus, als ob es nicht nur dabei bleiben würde.
Papa kratzte sich am Kopf und stützte nachdenklich das Kinn auf eine Hand. Der Chef nahm einen kräftigen Zug von seiner Zigarre und deutete mit dem Zeigefinger auf ein Foto.
»Dieser Mann ist einer der erfolgreichsten Industrieunternehmer, aber er läuft Gefahr, alles durch die Krise zu verlieren. Man sagt, er bereite sich darauf vor, das Land zu verlassen.«
Eine Grabesstille erfüllte den Raum. Mein Vater schluckte und stand auf, um hinauszugehen.
»Greg«, sagte der Direktor, einer der wenigen Leute, die ihn bei seinem Spitznamen nannten, »ich werde demnächst auf einer Versammlung meine Entscheidung bekannt geben, aber bis dahin bleibt diese Angelegenheit unter uns.«
»Ich habe verstanden.«
In dieser Nacht konnte mein Vater nicht schlafen. Er wälzte sich ruhelos im Bett umher und malte sich aus, was passieren würde, wenn die Fabrik ihren Betrieb einstellen müsste. Während der Rest meiner Familie schlief, plagten ihn Angst und Sorge.
Die Ferien waren zu Ende, und zu Tims unangenehmer Überraschung war João wieder in seiner Klasse. Andere Kinder waren sitzen geblieben oder hatten die Schule abgebrochen, um ihren Eltern auf dem Feld zu helfen. Aber ausgerechnet João, den Tim am wenigsten mochte, war wieder zur Stelle, um ihn mit neuen Provokationen zu piesacken.
Beide konnten nicht ahnen, dass ihnen dieses Jahr einige Überraschungen bereithalten würde.
Die neue Lehrerin war viel sympathischer als die der zweiten Klasse, sie bestrafte die Kinder nicht. Das half Tim, sein Selbstbewusstsein zu festigen und seinen Frust nicht mehr an Tieren und Pflanzen auszulassen. Außerdem hatte Tereza ihn zur Rede gestellt, nachdem sie ihn dabei beobachtet hatte, wie er auf Ameisen herumtrat.
»Tim, woher nimmst du dir das Recht, in den Lebensraum anderer Lebewesen einzudringen?«
»Wie bitte?«
»Du tötest arbeitende Ameisen! Sie haben dasselbe Recht wie wir, auf dieser Erde zu leben. Schau nur, sie tragen ihre Nahrungsmittel direkt zu ihrem Bau. Sie sind friedlich und tun dir überhaupt nichts. Warum tötest du sie?«
Er kratzte sich am Kopf und wusste keine Antwort.
»Warum ist diese Welt voller verschiedener Tiere? Weil sie alle dasselbe Recht haben, zu leben. Und die Tatsache, dass wir sprechen, Schach spielen und Rad fahren können, bedeutet nicht, dass uns diese Welt allein gehört.«
Nach dieser Standpauke war er nicht mehr in der Lage, ein Tier zu töten.
Um den Geburtstag der Schule zu feiern, wurden die Kinder vom Unterricht befreit und versammelten sich auf dem Schulhof, um die Nationalhymne zu singen und den Reden des Bürgermeisters und der Direktorin zuzuhörten. Anschließend wurde ein Theaterstück aufgeführt, das vom Gründer der Schule handelte, einem Mann, der mit großem Einsatz dafür eingetreten war, die Schulbildung auf dem Land zu verbessern. João war ausgewählt worden, diese Rolle zu spielen.
Bevor das Stück begann, ging Tim auf ihn zu, klopfte ihm auf die Schulter und wünschte ihm viel Glück. Der Junge bedankte sich zwar nicht und schnitt eine Grimasse, aber er war stolz auf diese Anerkennung.
Als er auf die Bühne trat, klebte ein ausgerissenes Heftblatt auf seinem Hemd, dessen darauf geschriebene Botschaft die ganze Lehrerschaft schier in den Wahnsinn trieb. Während João auf die Bühne lief, drehte er dem Publikum den Rücken zu, und jeder konnte lesen: »Ich bin der Pinkel-João. Ich mache noch ins Bett.« Einige Lehrerinnen schauten sich an und flüsterten miteinander. Einige setzten ungläubig ihre Brillen auf die Nase, es herrschte eine gespannte Atmosphäre. Das Blatt glänzte im Licht der heißen Morgensonne und João lief stolz auf der Bühne umher.
Tim saß zwischen den anderen Kindern, die sich köstlich amüsierten, während sich die Erwachsenen kein bisschen für diesen Kinderscherz begeistern konnten. Tim fühlte den süßen Geschmack der Rache, aber dieser Streich hätte ihn später fast das Leben gekostet.
Die Direktorin stieg auf die Bühne, hielt den Jungen an der Schulter fest und riss das Blatt ab. Aber es war zu spät, der Schaden war angerichtet.
In der darauffolgenden Woche heckten João und seine drei Freunde einen Racheplan aus, denn sie wussten natürlich, wer für diesen Vorfall verantwortlich war.
Der erste Racheversuch schlug fehl. Sie wollten Tim auf der
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