Fortunas Odyssee (German Edition)
möchte dieses Kind haben.«
Die Chefin stand, beide Hände in die Hüften gestemmt, an der Rezeption und schaute ihn an, als erwarte sie irgendeinen Kommentar. Er rief sie zu sich, und sie diskutierten in einer Ecke.
»Ich kann hier keine schwangere Frau gebrauchen. Sie muss abtreiben.«
»Ich habe versprochen, dass ich mich um sie kümmere. Ich brauche nur etwas Zeit, um einen Ort zu finden, an dem sie bleiben kann…«
»Sie ist meine beste Angestellte, sie hat üppige Kurven, schlanke Beine und feste Brüste, und auch wenn der Kundenandrang wegen dieser blöden Geschichte zurückgegangen ist, möchte ich sie nicht verlieren.«
Papa fasste sich an den Kopf. Ein Anfall der Verzweiflung überfiel ihn und er schien nach Atem zu ringen. Seine Augen nahmen einen seltsamen Ausdruck an, als er die Frau gegen die Wand stieß.
»Hören Sie, dieses Mädchen ist lange genug ausgebeutet worden und Sie haben nicht das Recht, über unser Kind zu entscheiden.«
Die alte, mit allen Wassern gewaschene Frau streckte ihre Hand mit der Handfläche nach oben aus.
»Und was bekomme ich für mein Schweigen?«
Er gebrauchte einen Teil seiner Ersparnisse, um sie zu bezahlen, und wollte das Mädchen mit dem Zug zu Tante Geórgia schicken, wo sie unterkommen konnte. Das alles tat er, ohne dass Mama Verdacht schöpfte. Nur Tereza fand es merkwürdig, wie er das Haus betrat und es gleich wieder verließ.
»Mann, du kommst mir vor wie vom Teufel besessen.«
Er sagte nichts, sondern beeilte sich, zum Bahnhof zu kommen. Als das Mädchen nicht zum vereinbarten Zeitpunkt erschien, fühlte er, dass etwas nicht stimmte. Die ganze Zeit musste er auf der Hut sein und sein Gesicht verstecken, wenn er einen Bekannten sah. Er war es leid, noch länger zu warten und machte sich auf den Weg zum Bordell.
Die Besitzerin verhinderte, dass er die junge Frau zu Gesicht bekam. Sie lag unten im Keller, nachdem sie das Kind durch einen Tee, eine Mischung aus verschiedenen Kräutern und Wurzeln, abgetrieben hatte. Die Zuhälterin hatte ihr diesen Tee verabreicht und sie angelogen, es sei auf Anordnung meines Vaters geschehen.
Ohne ein Zuhause und ohne Geld blieb dem Mädchen nichts anderes übrig, als den Tee zu trinken.
Papa schlug voller Zorn mit der Faust auf den Tresen. Die Leiterin des Freudenhauses sagte voller Sarkasmus:
»Haben Sie ernsthaft geglaubt, ich würde sie gehen lassen? Sie wird mir noch viel Geld einbringen!«
Als er auf sie losgehen wollte, fügte sie hinzu:
»Sie sollten eher Ihre Familie und Ihren guten Ruf im Auge haben; das ist wichtiger als eine schwangere Nutte. Denken Sie daran.«
Weinend und mit zitternden Knien verließ er den Ort. Er hasste sich und verfluchte den Tag, an dem er begonnen hatte, das Bordell aufzusuchen. Er hatte Mitleid mit dieser jungen Frau, die das Kind haben wollte. Er vergaß zwar ihren Namen, aber niemals den letzten Blick, den sie ihm zugeworfen hatte.
Das Mädchen verstarb infolge einer starken Blutung. Meine Familie hat niemals davon erfahren.
Das Finale der Jugendspiele in Madrigal stand kurz bevor. Tim würde seine Schule vertreten und war zuversichtlich. Er erhielt eine gute Nachricht von Papa, einen Monat, bevor er den Wettbewerb gewinnen sollte.
»Tim, wach auf! Hör’, was sie im Radio sagen.«
Sie stiegen schnell die Treppe herunter, es lief eine Sendung über Roger Ray; es hieß, dass er zum großen Finale in Madrigal anwesend sein würde. Tim rieb sich die verschlafenen Augen und konnte kaum glauben, was er da hörte: Sein großes Vorbild würde nach Madrigal kommen und es könnte ihm vielleicht gelingen, in seine Nähe zu gelangen.
»Eine tolle Nachricht, nicht wahr?«, fragte Mama und umarmte ihn.
Papa strahlte über das ganze Gesicht. Diese Szene werde ich nie wieder vergessen, denn er war in den letzten Tagen so bedrückt gewesen und plötzlich lächelte er so fröhlich, wie ich es noch nie gesehen hatte.
»Also, der zukünftige Medaillengewinner gibt uns die Ehre seiner Anwesenheit bei unserem großen Fest«, fügte der Sprecher enthusiastisch hinzu:
»Er wird unseren Nachwuchs für den Sport gewinnen, und wenn Gott es will, gibt er womöglich eine Kostprobe seines Talents.«
Am Ende sagte er noch einmal: »Roger Ray, die Medaillenhoffnung des Landes, kommt nach Madrigal! Seine Anwesenheit ist bestätigt, es wird mit Sicherheit ein unvergessliches Fest werden!«
Tim riss die Augen auf, jetzt war er hellwach.
»Papa, stell’ dir vor, er schwimmt zusammen mit
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