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Fortunas Odyssee (German Edition)

Fortunas Odyssee (German Edition)

Titel: Fortunas Odyssee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliane Reinert
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Priester saß. Er setzte sich neben den Bruder und flüsterte:
    »Was will er hier?«
    »Keine Ahnung, aber ich mag ihn nicht.«
    Der Mann räusperte sich, als ob er um Ruhe bitten wollte.
    Mama kam die Treppe herunter, ging direkt in die Küche und flüsterte Tereza zu:
    »Ich glaube, es ist soweit…«
    »Der Pfarrer ist hier, ich habe ihn gerufen«, antwortete Tereza und deutete auf das Wohnzimmer.
    »Und wo ist Geórgia, warum ist sie noch nicht hier?« Mamas Augen flackerten unruhig.
    »Sie wird noch unterwegs sein. Du hast das Telegramm gestern abgeschickt, es bleibt uns nichts anderes übrig, als zu warten.«
    Papa rief aus dem Zimmer und Mama ging zu ihm.
    »Ich möchte mit den Kindern sprechen.«
    Fred ging zuerst hinein und schloss die Tür. Papa öffnete die Arme und drückte ihn an sich. Mein Bruder kam langsam in die Pubertät, die ersten Barthaare sprossen über seinen Lippen, und seine Stimme war dabei, sich zu verändern. Sie verharrten eine Zeit lang in völliger Stille in dieser Umarmung. Ihre Herzen schlugen im gleichen Takt, und in diesem Augenblick waren keine Worte nötig. Freds Anblick in den Armen meines Vaters bewegte mich. Wie war es möglich, beim Abschied so ruhig zu sein? Ich konnte das nur bei meinem Vater verstehen, denn er wusste, dass die Schlacht verloren war und ihm nur noch übrig blieb, seine Familie darauf vorzubereiten, sich damit abzufinden.
    »Ich möchte, dass du auf Mama und deinen Bruder aufpasst. Versprichst du das, mein Junge?«
    Er nickte mit dem Kopf.
    »Ich bin unendlich stolz auf dich, Frederico.«
    Sie umarmten sich ein weiteres Mal, und Papa bat ihn, Tim zu rufen.
    Als Fred ins Wohnzimmer kam, standen alle auf, bis auf Mama, die wie hypnotisiert schien.
    »Jetzt möchte er mit dir reden…«
    Tim stand auf und rannte nach draußen, setzte sich auf den Boden mit Blick auf den Garten, zog die Beine an, umschlang sie mit seinen Armen und stützte den Kopf darauf.
    Mama bat Tereza, auf ihn einzuwirken, denn sie schaffte es immer, uns zu überzeugen, etwas zu tun, wogegen wir uns zuerst gewehrt hatten. Sie setzte sich an seine Seite, schaute zum Horizont und wartete eine Weile, bevor sie anfing zu sprechen.
    »Tim, mein Großvater väterlicherseits war als Hexer und Zauberer bekannt, weil es ihm immer wieder gelungen ist, Menschen zu helfen, ihre Probleme zu lösen.«
    Er schaute sie erstaunt an und wartete darauf, dass sie weitersprach.
    »Wir haben im Dorf Maloah gewohnt und lebten unter der ständigen Bedrohung eines Angriffs des Dorfes Hagelah. Beide Dörfer waren von den ersten freien Afrikanern gegründet, die sich in zwei Stämme aufgeteilt hatten und auf beiden Seiten des Flusses Porã lebten… Sie machte eine Pause und fügte hinzu: »Ihr habt diesen Krieg bestimmt in der Schule durchgenommen, oder wenigstens kurz darüber gesprochen. Er bedeutete das Ende des Stammes meiner Vorfahren.«
    Tim schüttelte den Kopf. Er wollte es lieber aus ihrem Mund hören. Es war so gut, bei Tereza zu sein, wenn sie nicht zornig war und ihn mit erhobenem Kochlöffel bedrohte.
    Sie fuhr fort. »Mein Großvater war das Oberhaupt des Stammes Maloah und nahm, als er starb, ein Geheimnis mit ins Grab. Eines Tages kam ein Ausländer mit der Bitte zu ihm, ihm bei der Lösung eines persönlichen Problems zu helfen. Wenn ihm dies gelänge, würde er reich werden, denn der Fremde würde ihm einen Code vermitteln, mit dem er an seinen Reichtum herankommen könnte. Es hieß, dass mein Großvater den richtigen Rat gegeben hatte, was zu tun sei, denn der Mann kam zurück und sagte, dass er das Problem gelöst habe, das ihn über Jahre belastete. Er hielt sein Versprechen und gab meinem Großvater den Geheimcode. Aber das Schicksal war grausam zu meiner Familie, denn kaum war der Fremde wieder gegangen, überfiel der Stamm Hagelah unser Dorf, tötete die Männer und steckte das ganze Dorf in Brand. Die Frauen und Kinder wurden auf die andere Seite der Teufelsberge verschleppt, wo sich eine menschenfeindliche Wüste ausdehnt.«
    Sie hielt inne, um durchzuatmen, während sein Blick gebannt an ihren Lippen hing.
    »Sie verbrachten drei Tage in Agonie, Hunger, Durst und unbeschreiblicher Angst. Die alten Frauen waren leider nicht widerstandsfähig und blieben auf dem Weg, zwischen Staub und Wind, zurück. Meine Großmutter ist verdurstet. Die Jüngeren hatten Glück, denn ein Reiter kam durch diese abgelegene Gegend und hörte das Weinen der Kinder. Heute kenne ich die einzige Klage, die meine

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