Fortunas Odyssee (German Edition)
anwesend war, die sich von Anfang an nicht mit ihrer Schwiegertochter verstand. Cecília hörte auf, ihre eigene Fazenda zu besuchen, weil es ihre Schwiegermutter so durchgesetzt hatte. Sie verließ das Haus nur, um Einkäufe zu machen und wurde immer häufiger Opfer der Aggressionen ihres Mannes. Ihre Mutter erkrankte deswegen und starb bald darauf. Sie selbst verfiel in Depressionen und erhielt von Genésio starke Beruhigungsmittel.
Zu Mamas Geburtstagsfest hatten alle Angestellten ihre besten Kleider angezogen. Einige Frauen hatten die Erlaubnis erhalten, in die Stadt zu gehen, um dort mit dem geringen Erlös aus ihrem Kunsthandwerk Schuhe zu kaufen. Alle waren glücklich, es war wie ein schöner Traum. Die Kinder trugen unter Geschrei und Gelächter Teller und Bestecke heraus. Alle waren in Bewegung, um zur Vorbereitung dieses Festes beizutragen. Rufino tat nichts, außer die anderen herumzukommandieren und die jungen Mädchen heimlich durchs Fenster beim Ankleiden zu beobachten.
Sie mutmaßten über den Grund des Festes, aber keiner wusste die Antwort.
»Ich glaube, Seu Genésio will uns etwas Wichtiges mitteilen«, sagte einer.
»Also, ich glaube, er ist viel reicher geworden und kann jetzt Geld für Feste ausgeben«, meinte ein anderer. So verging der Tag voller Spekulationen.
Die Fackeln wurden vor Einbruch der Dunkelheit angezündet. Die Angestellten warteten gespannt in der Nähe der Tische. Sie waren es nicht gewohnt, an einem Tisch zu sitzen. Aber an diesem Abend waren sie eingeladen und lehnten es nicht ab, obwohl die Strohmatten auf dem Boden für sie gemütlicher waren und die Leute sich einander näher kamen. Auf den Matten tat ihnen der Rücken nicht weh, und wer wollte, konnte sich einfach hinlegen, um die Sterne zu beobachten. Am Tisch schmerzten die von der Arbeit gebeugten Rücken nach einigen Minuten. Ihre Füße schwollen an und schrien förmlich danach, die Schuhe loswerden zu wollten, an die die meisten von ihnen nicht gewöhnt waren. Allerdings waren sie glücklich und erwartungsfroh, dass an diesem Ort neue Zeiten anbrechen würden.
Mama zog das neue Kleid an und brachte es nicht fertig, sich damit im Spiegel zu betrachten. Sie fühlte sich in gewisser Weise von Genésio über den Tisch gezogen und war wütend, dass sie diese Kleidung tragen musste, weil er es so wollte – als sei er ihr Mann oder ihr Besitzer.
Esperanza erzählte ihr, wie er an ihre Maße herangekommen war, und sie zitterte vor Abscheu. Er tat, was er wollte, und jetzt drang er in ihr Privatleben ein, um in ihrer Welt schalten und walten zu können, wie er wollte. Sie war aufgewühlt und wäre am liebsten weggelaufen. Seit Tagen hatte sie Kaluga nicht gesehen, und als sie ihn an diesem Tag suchte, war er nirgends aufzutreiben.
Genésio machte es sich auf dem Stuhl des Gastgebers bequem und bestand darauf, dass Mama und Tim sich neben ihn setzten wie eine Familie, die Freunde zu einem Abendessen eingeladen hatte. Ich setzte mich auf eine Seite und der Hexer auf die andere. Mama sah umwerfend aus und Tim trug seine besten Kleider, aber sein Blick war schwermütig. Er stützte seine Ellenbogen auf den Tisch, als hätte er die guten Manieren vergessen, die sein Vater ihm beigebracht hatte. »Ein Kavalier sitzt immer ordentlich am Tisch«, hatte er gesagt. Aber Tim war nicht danach zumute, er fühlte nicht die Freude, die er beim ersten Fest empfunden hatte.
Die Tische waren groß, und einige passten nicht mehr auf die Rasenfläche. In der Mitte erleuchteten die Fackeln diesen angenehm frischen Abend, während der Duft des gegrillten Fleisches die Luft erfüllte. Eine Gruppe von Frauen war auserwählt worden, um die Gäste, die aus der Umgebung gekommen waren, zu bedienen. Immer, wenn Rufino ihm diskret die Ankunft neuer Gäste ankündigte, erhob sich Genésio, um sie zu begrüßen. Als der Coronel eintraf, schaute der Hexer mich an und schnitt eine Grimasse.
Der Mann kam in Begleitung seiner Frau, deren Mundpartie an eine Hundeschnauze erinnerte, und die ohne Punkt und Komma redete. Als sie Mama begrüßte, wollte sie wissen, was es zum Abendessen geben würde. Mama verwies sie an Esperanza und ließ ihren Blick über die Tische der Angestellten gleiten, in der Hoffnung, Kaluga irgendwo zu entdecken. Aber er wollte nicht an diesem Zirkus teilnehmen.
Nach und nach trafen die Gäste ein, in der Regel Ehepaare mittleren Alters, Geschäftsmänner und Politiker aus der Umgebung. Sie kamen mit edlen Pferden und eleganten
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