Fortune de France: Roman (German Edition)
Lohnverdoppeln zu wollen. Trotzdem befinde ich, daß ich hier auf Mespech mit dem, was ich neben freier Kost und Unterkunft von den Herren bekomme, genug verdiene.«
Er hielt inne, senkte die Augen und fuhr dann mit einiger Verlegenheit fort:
»Was die Jungfer betrifft, so danke ich den Herren auch dafür recht schön. Doch eine Heirat erscheint mir, der ich mir viele Gedanken in meinem Kopf mache, nicht sehr verlockend, wenn ich offen sein soll. Das Weib, welches sich am Hochzeitstage honigsüß zeiget, erweist sich acht Tage später als giftige Natter. Mit den Frauenzimmern verhält es sich umgekehrt wie mit den Kastanien: sie sind außen weich und innen stachlig. Ich traue ihnen sowenig wie einem Faß ohne Reifen.«
»Sie bieten doch auch Annehmlichkeiten«, hielt ihm mein Vater entgegen.
»Das ist schon wahr«, erwiderte Faujanet, mit dem Kopf nickend, »allein die Annehmlichkeiten sind kurz und vergänglich, die Sorgen hören nimmer auf. Halb gehängt ist besser als schlecht verheiratet.«
»Aber es gibt auch gute Ehen«, wagte mein Vater zu behaupten.
»Ich habe mein Lebtag noch keine gesehen«, antwortete Faujanet unverblümt.
Hierauf erschien auf Sauveterres Angesicht der Anflug eines Lächelns, mein Vater schwieg, und da auch Faujanet nichts mehr sagte, zog sich das Schweigen hin. Schließlich hub mein Vater an:
»Wenn ich recht verstehe, mein lieber Faujanet, verlockt dich unser Angebot wenig.«
»Es macht mir Pein, die höchst vorteilhaften Bedingungen der Herren abzulehnen«, sagte Faujanet mit einem Seufzer. »Doch wenn ich auf Gorenne leben müßte, selbst mit den von Euch gebotenen Vergünstigungen, dann käme ich mir vor, als wohnte ich gleich neben der Pforte des Todes. Auf Mespech schlafe ich jeden Abend, den Gott werden läßt, ruhig in dem Wissen ein, mich auf einer Insel zu befinden, umgeben von einer starken Mauer, verteidigt von wackeren, wohlbewaffneten Gefährten und zwei tapferen Hauptleuten. Auf Gorenne hingegen kann es leicht geschehen, daß die erste Räuberbande, welche vorbeizieht und die schöne Mühle im Mondenschein sieht,auf den Gedanken verfällt, Euer Mehl und Korn zu rauben. Und schon schlagen zwanzig oder dreißig Lumpenhunde die Tür ein, vergewaltigen mein Weib und durchlöchern mir das Gedärm, wenn sie mich nicht, die Religion als Deckmantel ihrer Schandtaten nutzend, auf meinem eigenen Holzstoß als Ketzer verbrennen.«
»Du bist ein Ehemaliger aus der Legion von Guyenne«, hielt ihm Sauveterre entgegen, »und verstehst dich deiner Haut zu wehren, wozu wir dir auch Arkebusen überlassen werden.«
»Auch wenn Ihr mir zehn gebt«, erwiderte Faujanet, »würde das nicht reichen, wenn dreißig solcher Raubgesellen über mich herfallen.«
Siorac und Sauveterre schauten sich an, verblüfft ob dieser Überlegungen, welche sie wohl auch von anderen würden zu hören bekommen. Sollte also die schöne Beunes-Mühle leer stehen bleiben, weil kein Müller zu finden war?
Am folgenden Abend ließen sie Marsal Schielauge kommen. Stärker noch als gewöhnlich schielend und stotternd, zeigte er die gleiche Abneigung, die festen Mauern Mespechs zu verlassen, weil er sich auf Gorenne »so nackt wie eine Schildkröte ohne Panzer« fühlen würde.
Man mußte sich damit abfinden: unsere tapferen Soldaten trauten es sich nicht zu, den einsamen Kampf gegen die starken Räuberbanden zu bestehen, die sich in der Provinz herumtrieben.
Die Herren Brüder wollten schon verzweifeln, da ersuchte zwei Tage später Coulondre Eisenarm um eine Unterredung. Daß Coulondre den Mund auftat, war schon ungewöhnlich genug, und so waren die Brüder höchstlich erstaunt, daß er nun gar um eine Unterredung bat. Sie empfingen ihn am Abend, und da Coulondre mit einem Schweigen begann, welches anzudauern drohte, wies mein Vater auf einen Schemel vor dem Kaminfeuer.
Niemals hatte die Leichenbittermiene Coulondres bekümmerter gewirkt: die Augen, die Nase, der Mund, alle Gesichtszüge waren nach unten gezogen, allein in den kleinen Augen unter den schweren Lidern zeigte sich einige Lebhaftigkeit.
»Moussu lou Baron«, sagte er schließlich mit der rauhen Stimme von Leuten, die wenig sprechen, »und auch Ihr, Herr Junker, haben mich nicht gefragt, ob ich Euer Müller im Beunes-Grund sein will.«
»Ich möchte dir nicht zu nahe treten, Coulondre«, entgegnete Sauveterre, »aber hältst du dich mit deinem eisernen Arm denn für fähig dazu?«
»Ja.«
»Und du würdest die Mühle
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