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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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schöner, kräftiger Knabe, dessen nachwachsendes Haar, dicht und gelockt, von rötlichem Blond war wie das seines Großvaters Charles.
    Ich glich ihm in Alter und Größe und liebte ihn vom erstenAugenblick an, da ich ihn sah. Nur eine Sache brachte mich auf – freilich nicht gegen ihn –: Samson durfte mit den Herren Brüdern zusammen in Sauveterres Kabinett »die Messe hören«, indes ich mit François unten in der Kapelle bleiben und mir die lateinische Psalmodiererei anhören mußte, so daß mir, an Barberines Röcken hängend, nichts anderes blieb, als der kleinen Hélix Grimassen zu schneiden.
    Die anmutige Schäferin war dahingegangen, doch ihr Abkömmling wuchs heran in den Mauern Mespechs, schöner und prächtiger anzusehen mit seinen kupferroten Locken und seinem hellen Gesicht als je ein Kind der Sünde. Jeden Tag, den Gott werden ließ und den der Teufel meinem Vater zur Strafe verdarb, ward Siorac von seinem Eheweib mit einer Flut scharfzüngiger Anwürfe überschüttet. Schwermütig vertraut er seinem »Buch der Rechenschaft« an: »Ein zeterndes Weib ist wie ein verregneter Tag.« Kurz danach heißt es: »Die Haare des Weibes sind lang, doch länger noch ist seine Zunge.« Und zwei Seiten weiter stößt ihm der Katholizismus Isabelles auf: »Oh, dieser Starrsinn des Weibes! Er ist die Eiterbeule seines Willens, die niemand aufzustechen vermag! Und dieses unselige Festhalten am Irrtum!« Hierzu bemerkt Sauveterre am Rande, dabei das brüderliche Du durch das förmlichere Ihr ersetzend: »Wäre es nicht klüger gewesen, ein Weib Eures eigenen Glaubens zu ehelichen? Wiewohl sie sich darauf und nicht darunter befand,
hat der Busen Euch die Medaille verborgen
.« Ein alter Vorwurf, der meinen Vater von der linken Seite traf, wo er doch schon von rechts so bedrängt war, und zudem wenig stichhaltig, denn hätte wohl ein hugenottisch Eheweib sich in ähnlicher Lage umgänglicher gezeigt?
    Wer aus der Quelle trinken will, muß sich mühen. Und so lebte Samson trotz aller Widerstände und Widerreden unter uns – ein schöner, kräftiger Knabe, der die Zahl der Söhne, auf welchen das Auge Sioracs bei Tische ruhte, auf drei erhöhte.
    Viele Bäche machen einen Fluß, und des einen Unglück ist des anderen Glück. Nachdem die Pest die Hälfte der Familien von Taniès dahingerafft, blieb gar manches Stück Land brach, welches die Brüder zu wohlfeilem Preise aufkauften. Denn welcher Erbe hätte wohl in einem Dorfe leben wollen, allwo die Pest, nach altem Aberglauben, jeden Tag wieder ausbrechen konnte ob des verseuchten Bodens und der daraus aufsteigendentödlichen Dünste. Und so vergrößerte sich Mespech allmählich um die Hälfte, insonderheit um etliche prächtige Kastanienwälder, bestanden mit ausgewachsenen hohen Bäumen; gefällt und als Schreiner- oder Zimmererholz verkauft, hätten sie das Doppelte des Kaufpreises eingebracht. Doch die Herren Brüder, stets Ausschau haltend nach neuen Segnungen, welche »ihren Korb und ihren Backtrog« füllen könnten, verfielen durch günstigen Zufall oder glückliche Eingebung auf eine noch gewinnträchtigere Art der Nutzung.
    Als nämlich Sauveterre eines Samstags sich zum Markte nach Sarlat begab, bemerkte er auf dem Kirchplatz einen kleinen dunkelhaarigen Kerl, der da mit einer Kiste auf dem Rücken vor ihm her hinkte.
    »Gott zum Gruße, Gesell!« sprach Sauveterre in seiner barschen Art, die den Hauptmann in ihm verriet, doch nicht ohne Freundlichkeit war. »Wo hast du dir denn deinen Hinkefuß geholt?«
    Worauf der kleine Schwarzhaarige sich umwandte, Sauveterre anblickte und nach kurzem Überlegen seine Kiste auf das Pflaster setzte und die Mütze zog.
    »Ich habe ihn mir nicht geholt, Moussu. Bei Ceresole hat mich eine Kugel eingeholt, vor der es kein Entrinnen gab.«
    »Bei Ceresole? Dann warst du also Soldat?«
    »Ja, Arkebusier in der Legion von Guyenne.«
    »Und wer führte den Befehl bei Ceresole?«
    Diese Frage war eine Falle, doch der Soldat wußte die rechte Antwort.
    »Enghien.«
    »Hast du einen Entlassungsschein?«
    »Gewiß, Moussu. Er ist in meiner Kiste. Wollet Ihr ihn sehen?«
    »Soldat«, sprach da Sauveterre, »du solltest mit deinem Entlassungsschein nicht so schnell bei der Hand sein. Er könnte dir gestohlen werden!«
    »Moussu, Ihr sehet nicht wie ein Spitzbube aus.«
    »Ich bin der Hauptmann de Sauveterre aus der Normannischen Legion. Und ich habe mir meine Verletzung am selben Ort und am selben Tag wie du zugezogen.«
    Der Soldat

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