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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Euch, Herr Hauptmann, und werde Euren guten Wunsch in der Erinnerung behalten.«
    Die Zigeuner verschwanden, wie sie gekommen waren: die Arkebusen über ihre Köpfe haltend, erreichten sie schwimmend das Ufer. Dann hörte man, wie sich in der Ferne Pferde und Wagen in Bewegung setzten.
    Als sich Jonas auf Sauveterres Geheiß zur Insel begab, die Geisel loszubinden und ihr das Tuch abzunehmen, in das sie von Kopf bis Fuß eingehüllt, erlebte er eine Überraschung. Er sah sich einer Jungfer gegenüber, deren Schönheit im Mondlicht erstrahlte: üppiges schwarzes Haar, dunkle, glänzende Augen, volle Lippen, ein wohlgeformter Leib.
    Jonas betrachtete sie sprachlos von der Höhe seiner hünenhaften Gestalt herab. Die Jungfer hob keck ihr hübsches Gesicht und sprach zu ihm:
    »Nun, was zögerst du noch, mich mit Gewalt zu nehmen? Die Gesetze des Krieges geben mich in deine Hand.«
    »Es würde mich schon sehr danach gelüsten«, sagte Jonas, dessen Gefühle durch solche Keckheit noch mehr in Wallung gerieten, zumal die lange Keuschheit in der Höhle des Steinbruches ihm zu schaffen machte. »Und dich wohl auch, wie mich deucht«, fügte er hinzu.
    »Ich würde mich mit Zähnen und Klauen zur Wehr setzen«, erwiderte die Jungfer, doch ihr Ton ließ erkennen, daß sie auf eine Niederlage gefaßt sei.
    »Bist du etwa noch jungfräulich, obwohl du bei den Zigeunern lebst?« fragte Jonas.
    »Oh, bei den Zigeunern geht es anders zu, als du denkst! Sie haben ihre Riten und Gesetze. Bei der Heiligen Jungfrau! es ist wahr, daß ich noch unberührt bin.«
    »Rufe hier besser nicht die Heiligen an, Zigeunerin«, sprach Jonas leise zu ihr. »Und am allerwenigsten die Jungfrau Maria! Wie alt bist du?«
    »Vierzehn Jahre.«
    »Dann wäre es schon Zeit«, seufzte Jonas und fuhr fort: »Auch Mespech hat seine Riten und Gesetze. Zuerst muß man sein Jawort geben vor dem Pfarrer – oder dem Pastor. Was nach meinem Bedünken nur Posse und Narrenspiel ist, wenn die Natur so laut spricht. Doch was hilft es! Ich habe unsere Bräuche nicht erdacht. Feinslieb, wenn ich dir Gewalt antäte, würde der Hauptmann mich davonjagen, und ich müßte wieder am Hungertuche nagen. Ich bitte um Nachsicht, hübsches Kind, doch zuerst muß ich an Speis und Trank für meinen langen Leib denken: erst den Bauch gefüllt und dann die Lust gestillt.«
    »Also will der Hauptmann mich für sich allein!« sprach die Schöne, mit den Hüften schwingend und ihre schwarze Haarpracht schüttelnd.
    »Das darfst du nicht glauben!« erwiderte Jonas mit gutmütigem Lachen und setzte leise hinzu: »Für den Hauptmann ist jedes Weib nur Blendwerk und Seelenverderb. Er denkt an den Himmel und nicht an hübsche pralle Brüste wie diese hier. Doch wie unrecht tut er daran, denn ein hübscheres Wesen hat keiner weit und breit je gesehen, obgleich du ein Zigeunerweib bist.«
    »Mitnichten, ich bin eine Maurin«, sagte die Jungfer mit Stolz. »Ich werde Sarrazine geheißen, doch bin ich eine Christin.«
    »Oh, darauf soll es mir nicht ankommen!« entgegnete Jonas lächelnd. »Wenn es um die Freuden der Liebe geht, sehe ich nicht auf die Religion!«
    Dieser Ton änderte sich, als Jonas die Geisel in den großen Saal brachte, worinnen Sauveterre und wir anderen – ausgenommen Faujanet, welcher auf den Wällen Wache hielt – uns mit weißem Brote, Salzfleisch und Wein zu stärken suchten.
    »Sarrazine«, sprach Sauveterre in barschem Ton (er warf ihr nur einen kurzen Blick zu, denn die Gefühlswallung, welche die Jungfer mit den glänzenden Augen in Jonas und den Brüdern Siorac hervorgerufen, war ihm nicht entgangen), »du wirst nur für kurze Zeit unsere Gefangene sein. Übermorgen bei Sonnenaufgang werde ich deinen Käfig wieder öffnen.«
    »Und ich werde nicht wissen, wie ich den Zigeunerhauptmann wiederfinden soll«, rief Sarrazine, »denn er hat mir nicht gesagt, an welchen Ort er sich begibt.«
    »Das hat er dir nicht gesagt?« sprach Sauveterre, sich halb von seinem Sitz erhebend.
    »Nein, Moussu!« erwiderte Sarrazine, ihre schwarze Haarpracht schüttelnd. »Und das Angesicht hat er mir vermummt, um mein Wutgeschrei zu ersticken, hatte ich doch wohl erkannt, daß er mich loswerden wollte wie einen Hund, welchen keiner mehr mag.«
    »Und was hast du getan, um seinen Zorn zu verdienen?« fragte Sauveterre mit gestrengem Blick.
    »Ich liebte ihn allzusehr«, gab Sarrazine zur Antwort, »und da er mich von sich wies, wollte ich ihn erdolchen.«
    »Ein böses Unterfangen«,

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