Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
aus: »Es ist keine Angelegenheit von geringer Bedeutung, wenn Menschen verurteilt werden, die selbst inmitten der Flammen den Namen Gottes anrufen.«
    Heinrich II. war für jegliche Ideen wenig zugänglich, und noch weniger für neue Ideen. So hörte er die Redner mit allerhöchstem Befremden, erhob sich unversehens und gebot deren Festnahme. Dies war nicht nur ein Willkürakt ohne Beispiel in der Geschichte des Parlaments, sondern auch der Beweis dafür, daß von nun an keiner mehr verschont würde, welches auch sein Rang oder Amt sei. Indem der König in Person auf solche Weise die Rolle und Stellung einer der bedeutendsten Körperschaften des Reiches mißachtete, setzte er sich über jedes Recht und Gesetz hinweg und stellte sich an die Spitze der Inquisition. In seiner Umgebung erwog man darauf – um ein für allemal Schluß zu machen mit der Ketzerei –, die Reformierten in Acht und Bann zu tun, was einem jeden gestattet hätte, sie ungestraft zu töten und sich ihrer Güter zu bemächtigen.
    Diese Nachrichten erreichten Mespech am 30ten Juni.»Sehet Ihr nun, wie es um uns stünde, mein Bruder, so ich auf Euch gehört hätte«, sprach mein Vater zu Sauveterre. »Ich könnte Euch zehn Adelsherren des Périgord aufzählen, von Fontenac ganz zu schweigen, welche heute nur allzu glücklich wären, gemeinsam über Mespech herzufallen und es aufzuteilen, wenn wir ihnen die Gelegenheit geboten hätten.«
    »Wenn man Gott dient und nur ihm allein«, erwiderte Sauveterre, »muß man sich Seiner Vorsehung unterwerfen. Israel hat zahllose Verfolgungen erdulden müssen, doch der Herr hat am Ende immer seine Feinde gestraft.«
    In dem Augenblick, da Sauveterre diese Worte sprach, lag Heinrich II., am Morgen desselbigen Tages noch munter und gesund wie kaum einer, bereits auf dem Sterbelager und sah unter schrecklichen Schmerzen seiner letzten Stunde entgegen, denn im Turnier hatte ihm eine gebrochene Lanze das linke Auge durchbohrt.
     
    Für das große Ereignis waren in der Rue Saint-Antoine vor dem Tournellen-Palast die Pflastersteine herausgerissen worden, damit die Rösser auf Sand galoppieren konnten und die Reiter im Falle eines Sturzes nicht so hart aufträfen. Als Platzhalter hatte Heinrich II. drei Gänge zu machen, seine Gegner aber nur jeweils einen. Heinrich pflegte sich mit allergrößter Sorgfalt auf solche Turniere vorzubereiten, die ihm das liebste im Leben waren, betrieb er doch mit Leidenschaft jegliche Art von körperlichen Übungen, und es bedeutete ihm weit mehr, einen Gegner aus dem Sattel zu stoßen als seinem Reich eine Provinz zu erhalten. Als nun der erste Gegner, Emmanuel-Philibert von Savoyen – welcher diesen Titel unentwegt weiter führte, obzwar er keinen Fußbreit Savoyer Bodens besaß –, in den Tournellen-Palast eintrat, dem König seine Aufwartung zu machen, sprach dieser, bereits angetan mit Helm und Rüstung, lachend zu ihm:
    »Frisch auf, mein Bruder! Preßt die Schenkel mit Kraft zusammen, denn so es mir gelingt, werde ich Euch ohne Ansehung unserer Familienbande aus dem Sattel heben.«
    Dies gelang ihm nicht, doch nachdem beide ihre Lanze am Schilde des anderen gebrochen, geriet der Herzog etwas ins Schwanken, warf die gebrochene Lanze aus der Hand und klammerte sich am Sattelbogen fest, ohne indes zu fallen. Undso erkannten die Turnierrichter auf die Überlegenheit des Königs; doch nach dem zweiten Gang, den er gegen den Herzog von Guise antrat, welcher ebensowenig im Sattel wankte wie Heinrich II., sprachen sie sich für Gleichwertigkeit aus. In seinem dritten und letzten Gang hatte der König den Grafen von Montgomery, Hauptmann der Garde, zum Gegner, der ein hochgewachsener Jüngling in der vollen Manneskraft seiner zwanzig Jahre war. So rannten der König und er mit äußerster Kraft gegeneinander an und zerbrachen auch beide ihre Lanze, ohne daß indessen die Schiedsrichter dem einen oder dem anderen die Überlegenheit zusprachen, was den König heftig verstimmte. Sein Helmvisier aufschlagend, schrie er, er fordere Montgomery ein zweites Mal und wolle einen vierten Gang machen.
    Diese Forderung stand so augenscheinlich im Gegensatz zu allen Turnierregeln (denn der Platzhalter hatte nur drei Gänge zu machen und nicht vier), daß sie einigen Widerspruch hervorrief, erstlich von Monsieur de Vieilleville, der in diesem Augenblick auf die Stechbahn geritten kam, um als Platzhalter seine drei Gänge anzutreten, und auch von Montgomery selbst, welcher als Angreifer nur einen Gang

Weitere Kostenlose Bücher