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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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gedenke in der Religion der gnädigen Frau zu leben und zu sterben. Von dieser Meinung ließ sie sich weder durch sanfte Worte noch durch Drohungen abbringen.
    Mein Vater war zwar recht erzürnt über die Unbeugsamkeit der armen Kammerjungfer, doch insgeheim auch gerührt von der großen Liebe Franchous für ihre Herrin, und so ging ihm der harsche Vorschlag Sauveterres, sie auf der Stelle davonzujagen, sehr gegen den Strich. Mit finsterem Blick erwiderte er schroff, es wäre zu grausam, Isabelle ihrer Kammerjungfer in einem Augenblick zu berauben, da sie sich auf Mespech ohnehin schon verlassen genug fühlte; im übrigen handele es sich schließlich um die Dienerin seiner Gemahlin, so daß ihm allein die Entscheidung zukomme. Mit diesen Worten ging mein Vater aus dem Zimmer und ließ Sauveterre zutiefst verletzt zurück.
    So erwuchs aus dem großen Zwist noch ein kleiner Zwist zwischen den Brüdern, schmerzlich für beide, welcher einen guten Monat andauerte. Unterstützt von Pastor Duroy, ließ Sauveterre nicht locker in seinem Drängen. Beide hielten meinem Vater vor, welch verderbliches Beispiel Franchou für das ganze Gesinde darstelle, insonderheit für Barberine und die Maligou, welche dem papistischen Aberglauben noch sehr verhaftet waren und die Herrin in ihrer Widerspenstigkeit höchlichst bewunderten. Dieser faule Apfel werde den ganzen Korb anstecken und auf Mespech einen weiblichen Klüngel entstehen lassen, welcher mehr oder weniger offen auf Isabelles Seite stünde und nicht ohne Einfluß auf die Kinder und die Mannsbilder bliebe. Zudem könne man sich zwar auf den Verstand und die Verschwiegenheit Isabelles im Umgang mit Feuerzange verlassen, doch hätte der Pfaffe wohl leichtes Spiel mit der gutgläubigen Franchou und könne ihr bei der Beichte die Würmeraus der Nase ziehen; darüber werde er dem Bischof zu Sarlat Bericht erstatten, welcher dann stets bestens im Bilde wäre über alles, was auf Mespech geschah.
    Diese Gründe überzeugten am Ende meinen Vater, aber weil er es nicht übers Herz brachte, die Kammerjungfer auf die Straße zu jagen (zumal er – ohne jeden Hintergedanken – eine Schwäche für sie hatte), verschaffte er ihr einen Dienst bei einer hugenottischen Dame zu Sarlat, welche Franchou gut behandelte, ihre Liebe gewann und sie in weniger als einem Monat zu ihrem Glauben bekehrte. Über diesen glücklichen Ausgang war mein Vater so froh, daß er sich niemals nach Sarlat begab, ohne unsere vormalige Kammerjungfer aufzusuchen, ihr ein kleines Geschenk zu verehren und ihr in seiner leutseligen Art die roten Arme zu tätscheln und zwei dicke Küsse auf ihre frischen Wangen zu drücken – in aller Unschuld und vor aller Augen, oft auch vor den meinen, was mich ein wenig verwunderte, fühlte ich doch, daß sich mein Vater auf Mespech so nicht aufgeführt hätte.
    Meine Mutter indes war ganz verzweifelt, daß ihr, nachdem sie Cathau verloren, Franchou genommen ward, und empfand darob tiefen Groll gegen meinen Vater. Sie verfolgte ihn von morgens bis abends und noch in der Nacht mit bitteren Vorwürfen, so daß mein Vater, um sich ihrer Gegenwart zu entziehen, von Zimmer zu Zimmer floh, als wäre ihm ein Dutzend langschwänziger Teufel auf den Fersen. »Du hattest recht, Jean«, gestand er Sauveterre im »Buch der Rechenschaft«, »der Busen hat mir die Medaille verborgen, und alljetzt zeigt sich deren Kehrseite.« Alles wurde noch schlimmer, als die Brüder darauf verfielen, Isabelle eine von Pastor Duroy bekehrte Jungfer aus Taniès mit Namen Toinon als Dienerin beizugeben. Als meine Mutter erfuhr, daß man ihr eine Ketzerin ausgesucht, verfolgte sie Toinon mit einem unbändigen Haß, machte ihr das Leben zur Hölle, überschüttete sie mit tausend Beleidigungen wie »dumme Gans, abscheuliche Närrin, widerliches Klatschmaul, Bettlerin, Metze, Dirne, Dreckstück« und dergleichen mehr. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie sie Toinon, als diese ihr beim Schminken den Spiegel hielt, bis aufs Blut mit einer Nadel in den Arm stach, nur weil die Jungfer gewackelt hatte. Nach einem Monat schnürte die arme Toinon unter Tränen ihr Bündel und verließ uns.
    »Madame«, sprach mein Vater, »wenn Ihr Euch so kindisch aufführt, werde ich statt einer Kammerjungfer eine Gouvernante in Dienst nehmen.«
    Alsdann zog auf Mespech ein wahres Riesenweib ein, eine glühende Hugenottin, bärtig und breitschultrig, das Auge streng, die Lippen verkniffen; sie überragte meine Mutter um zwei

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