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Fossil

Fossil

Titel: Fossil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlín R. Kiernan
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Aufhörversuch geblieben sind, hat sie statt ihrer Nelkenzigaretten aufgeraucht, und bevor sie endlich erschöpft war, wurde es draußen dunkel.
    Zehn neue Seiten waren auf der Festplatte des Mac gespeichert, ja, sogar zehneinhalb, um genau zu sein, und dabei hatte sie bisher noch nie mehr als sieben geschafft. Sie fischte die letzte Lucky aus der Packung, steckte sie sich mit einem Streichholz an und blinzelte durch den Rauch auf den sanft leuchtenden Bildschirm. Ihre Wörter, ihre sich überschlagenden wahnsinnigen Gedanken gezähmt oder schlicht gezwungen, zu Sprache geformt. Sadie zog noch einmal an der Lucky, atmete den Rauch aus und las den letzten Satz laut vor.
    «Ich bekomm’s nicht ab, sagte Val und hielt Wendy die Hände hin, damit die es auch sah.»
    Während dieser Szene versteckten sich die beiden Mädchen namens Wendy und Val in einem alten verrosteten Eisenbahnwaggon auf einem großen verlassenen Areal gleich hinter den Schienen in der Nähe der Morris Avenue, wo Dutzende alte Güterwagen und Lokomotiven herumlagen. In der Geschichte fiel nun etwas wie Fleisch vom wolkenlosen Himmel. Ein Hagelsturm aus Blut und marmorierten Flocken, die gern Fleisch gewesen wären,und die beiden Mädchen saßen umschlungen im Dunkeln und hörten auf die klebrig klatschenden Geräusche, die das Zeug machte, wenn es auf dem Stahldach des Waggons auftraf. Rote Schlieren überzogen das einzige nicht zerbrochene Fenster. Val hatte zu viel Angst, um auch nur hinauszusehen, und Sadie wusste in dem Moment, dass sie jetzt besser aufhörte, weil die Wörter zu leicht und schnell aus ihr herausflossen. Das bedeutete gewöhnlich, dass sie müde wurde und nicht mehr angestrengt genug nachdachte. Sie speicherte die Datei auf ihrer Sicherheitsdiskette und schaltete den Computer aus. Dann lehnte sie sich gegen das Bett, um ihre Zigarette zu Ende zu rauchen.
    Erst da fiel Dancy ihr wieder ein. Ein Blick auf den Wecker neben dem Bett. 20.07 Uhr. Also hatte sie nun fast fünf Stunden hier auf dem Fußboden über die Tastatur gebeugt gesessen. Kein Wunder, dass ihre Tippfinger taub waren, dass ihr der Rücken wehtat, kein Wunder, dass sie pissen musste. Dancy schlief inzwischen bestimmt auf der Couch. Bestimmt war sie nach all dem unheimlichen Scheiß bei Chance Matthews erschöpft und dankbar für ein ruhiges Plätzchen, an dem sie sich eine Weile ausruhen konnte. Sadie drückte die Kippe in der Untertasse aus, die sie als Aschenbecher benutzte, und musterte noch einmal den dunklen Bildschirm. Ein Teil von ihr konnte sich aus irgendeinem Grund noch nicht trennen, fühlte sich nicht wohl dabei, Val und Wendy in dem Waggon wie in einer Falle sitzen zu lassen, während der Himmel über ihnen einen Blutsturz hatte.
    Leise ging sie vom Bett weg, ihre nackten Füße machten auf dem Teppich praktisch kein Geräusch, blieb dann einen Augenblick in der Tür stehen und starrte auf das schäbige Sofa, auf dem keine Dancy schlief. Nur das letzte unzuverlässige Licht der Dämmerung erhellte den Raum, düsteres Sonnenuntergangslicht in der Farbe von Rosinen, ein zarter Nebel von Zigarettenrauch schwebte einen halben Meter über dem Boden. Von Dancy fehlte jede Spur, auch in der Küche steckte sie nicht, also rief Sadie einmal ihren Namen: «Dancy?» Doch es kam keine Antwort, und Sadie gefiel der Klang ihrer Stimme in der leeren Wohnung nicht, wie die von der grauen Wand und aus den noch graueren Ecken zurückgeworfen wurde. Obwohl es kein richtiges Echo gab, schien es Sadie, als würde jemand sie hämisch verspotten, ihr etwas an den Kopf werfen und dann darüber lachen, wie unwohl ihr dabei war.
    Sadie ließ das Zimmer nicht aus den Augen, während sie nach dem Lichtschalter an der Wand tastete. Ein paar Sekunden später war die Dunkelheit verschwunden, fortgespült vom warmen Glühlampenlicht, und Sadie sah ein, dass Dancy genauso verschwunden war. Ein leerer Platz, wo ihr Seesack gelegen hatte, niemand mehr in der Wohnung. Sadie schaute zur Vordertür und erwartete fast, dass sie halb offen stand, was aber nicht der Fall war. In der Küche standen die Cola und die Kekse noch auf dem Tisch und warteten auf sie.
    Die nächsten fünf Minuten verbrachte Sadie damit, durch die Wohnung zu laufen und dabei alle Lampen anzumachen. Vielleicht sollte das ja ein Spiel sein, Verstecken à la Dancy, aber es gab nicht viele Orte, an denen man sich in Deacons Wohnung verstecken konnte: die Badewanne, unter dem Bett, hinter dem Sofa. Fünf Minuten reichten

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