Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
»Ich glaube, Sie sagten, Sie seien allein gewesen, als
diese Gedankenleserei zum ersten Male auftrat?«
»Und ob ich allein war – die Sache hat mir keinen
kleinen Schreck eingejagt. RB 34 war gerade vom Konstruktionstisch
heruntergekommen, und man hatte ihn zu mir heruntergeschickt.
Obermann war nicht da, und so nahm ich ihn persönlich hinunter
in die Kontrollräume – zum mindesten war ich dabei, es zu
tun.« Ashe machte eine Pause, und ein kleines Lächeln
spielte um seine Lippen. »Sagen Sie mal, hat irgendeiner von
Ihnen jemals eine Gedankenkonversation mit einem anderen
geführt, ohne was davon zu wissen?«
Niemand nahm sich die Mühe zu antworten, und so fuhr er fort:
»Zuerst merkt man es gar nicht, verstehen Sie? Er sprach ganz
einfach mit mir – logisch und vernünftig –, und ich
hatte schon die Hälfte des Weges zu den Kontrollräumen
zurückgelegt, ehe ich merkte, daß ich selbst ja gar nichts
gesagt hatte. Natürlich hatte ich eine Menge gedacht, aber das
ist doch etwas ganz anderes, oder nicht? Ich schloß das Ding
ein und rannte weg, um Lanning zu holen. Ich muß ehrlich sagen,
ich hatte eine richtige Gänsehaut. So ein Ding, das neben einem
hergeht und einem in die eigenen Gedanken hineinschaut und sich nun
auswählt, welchen davon es aufgreifen will – das hatte mich
doch ziemlich nervös gemacht.«
»Das kann ich mir ganz gut vorstellen«, sagte Susan
Calvin nachdenklich. Ihre Augen richteten sich in eigenartig
intensiver Weise auf Ashe. »Wir sind so sehr daran gewöhnt,
unsere eigenen Gedanken als unser Privateigentum zu
betrachten.«
Lanning mischte sich ungeduldig ein. »Dann wissen also nur
wir vier von der Sache. Schön. Wir müssen systematisch
vorgehen. Ashe, Sie kontrollieren das Fließband, an dem das
Ding zusammengesetzt worden ist, von Anfang bis zu Ende – alles.
Alle Manipulationen, bei denen ein Irrtum völlig ausgeschlossen
ist, eliminieren Sie. Alle anderen stellen Sie zu einer Liste
zusammen und bemerken gleichzeitig, welche Art Fehler möglich
erscheint, sowie sein eventuelles Ausmaß.
Natürlich, und selbstverständlich können Sie das
nicht allein tun. Alle Männer Ihrer Abteilung haben an dieser
Sache mitzuarbeiten… und wenn nötig, alle Männer des
ganzen Werkes – jeder einzelne. Es macht mir auch absolut nichts
aus, wenn wir dadurch mit unseren Lieferungen in Rückstand
geraten. Keiner aber darf wissen, worum es sich handelt. Verstehen
Sie?«
»M-m-m – Ja.« Der junge Techniker schüttelte
sich. »Auch dann bleibt es noch immer eine verdammt schwierige
Aufgabe.«
Lanning wandte sich um und schaute Calvin an. »Sie, Susan,
werden die Aufgabe von der anderen Seite her in Angriff nehmen. Sie
sind der Robotpsychologe der Fabrik. Sie werden daher diesen Robot
selbst studieren und von dieser Seite her Ihre Schlüsse ziehen.
Versuchen Sie herauszufinden, was in ihm vorgeht. Finden Sie heraus,
welche Zusammenhänge zwischen seinen telepathischen Kräften
und vielleicht sonstigen Eigenschaften bestehen, wie weit seine
telepathischen Fähigkeiten reichen, inwiefern sie sein
›Weltbild‹ verzerren – kurz gesagt, welcher Schaden
für seine sonstigen RB-Eigenschaften aus dieser
›Eigenart‹ erwächst. Ich nehme an, Sie verstehen, was
ich will?«
Lanning wartete nicht auf Dr. Calvins Antwort.
»Ich selbst werde Ihrer beider Arbeit koordinieren und die
von Ihnen gefundenen Fakten mathematisch interpretieren.«
Wütend saugte er an seiner Zigarre, und der Rest seiner Worte
kam aus einer dicken Wolke von Rauch. »Hierbei wird mir Bogert
natürlich helfen.«
Bogert, der damit beschäftigt war, die Nägel einer Hand
mit dem Handballen der anderen zu polieren, sagte freundlich:
»Das will ich meinen. Ich verstehe davon ja auch eine
Kleinigkeit.«
»Schön«, meinte Ashe, »dann will ich mich
gleich an die Arbeit machen.« Er schob seinen Stuhl zurück
und erhob sich. Er lächelte, wodurch sein jugendliches Gesicht
sich mit tausend kleinen Fältchen überzog. »Ich habe
von uns allen die verdammt schwerste Aufgabe bekommen. Deshalb will
ich rasch hier heraus und mich in die Arbeit stürzen.«
Susan Calvin erwiderte seinen Abschiedsgruß mit einem fast
unmerklichen Kopfnicken. Ihre Augen aber folgten ihm, bis er nicht
mehr zu sehen war, und sie antwortete nicht, als Lanning brummte:
»Wollen Sie jetzt hinaufgehen, Dr. Calvin, und sich mal mit
diesem RB 34 beschäftigen?«
Die photoelektrischen Augen von RB 34 hoben sich von dem Buch, das
er gerade gelesen hatte,
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