Foundation 07: Die Rettung des Imperiums
verbeugten und dabei symmetrisch
auf eine Art und Weise die Beine kreuzten, daß Seldon sich
wunderte, wie sie das Gleichgewicht halten konnten.
Seldon fragte sich, ob man wohl auch von ihm irgendeine rituelle
Form der Ehrerbietung erwartete, aber da er auch nicht die leiseste
Ahnung hatte, welcher Art die wohl sein mochte, beugte er nur leicht
den Kopf. Dors blieb aufrecht und wie es Seldon schien, mit einer
gewissen Geringschätzung stehen. Raych starrte mit offenem Mund
in alle Richtungen und sah so aus, als hätte er die Frau, die
soeben eingetreten war, überhaupt nicht gesehen.
Sie war rundlich – nicht fett, aber gut gepolstert. Sie trug
ihr Haar genauso wie die jungen Frauen, und auch ihr Kleid ließ
den gleichen Stil erkennen, nur trug sie mehr Schmuck – für
Seldons ästhetische Vorstellungen eindeutig zu viel davon.
Sie war in mittleren Jahren, und ihr Haar zeigte eine Andeutung
von Grau, aber die Grübchen in ihren Wangen verliehen ihr
dennoch ein jugendliches Aussehen. Ihre hellbraunen Augen leuchteten
fröhlich, und insgesamt wirkte sie eher mütterlich als
alt.
»Wie geht es Ihnen?« fragte sie. »Ihnen
allen.« (Sie ließ wegen der Anwesenheit von Dors und Raych
keine Überraschung erkennen, sondern schloß sie mit in
ihre Begrüßung ein.) »Ich habe schon einige Zeit auf
Sie gewartet und hätte Sie fast an der Oberseite in Streeling
bekommen. Sie sind Dr. Hari Seldon, und ich habe mich darauf gefreut,
Ihre Bekanntschaft zu machen. Und Sie, denke ich, müssen Dr.
Dors Venabili sein, denn man hat mir gemeldet, daß Sie sich in
seiner Gesellschaft befinden. Diesen jungen Mann, fürchte ich,
kenne ich aber nicht, aber es freut mich, ihn kennenzulernen. Aber
wir sollten unsere Zeit nicht mit Reden vergeuden, denn ich bin
sicher, daß Sie sich zuerst ein wenig ausruhen
möchten.«
»Und baden, Madame«, sagte Dors recht heftig. »Wir
könnten alle eine gründliche Dusche gebrauchen.«
»Ja, natürlich«, sagte die Frau, »und frische
Kleidung. Ganz besonders der junge Mann.« Sie blickte ohne die
Geringschätzung und Verachtung auf Raych, die die beiden jungen
Frauen gezeigt hatten.
»Wie heißt du denn, junger Mann?« sagte sie.
»Raych«, sagte er mit etwas verlegener Stimme. Und dann
fügte er probeweise ›Missus‹ hinzu.
»Was für ein seltsamer Zufall«, sagte die Frau mit
blitzenden Augen. »Ein gutes Omen vielleicht. Mein Name ist
Rashelle. Ist das nicht seltsam? – Aber kommen Sie, wir werden
uns um Sie alle kümmern. Und dann wird reichlich Zeit sein, um
zu Abend zu essen und zu reden.«
»Warten Sie, Madame«, sagte Dors. »Darf ich fragen,
wo wir uns befinden?«
»In Wye, meine Liebe. Und bitte sagen Sie Rashelle zu mir,
wenn Sie sich dann hier etwas mehr zu Hause fühlen. Ich
fühle mich immer wohler, wenn nicht alles so formell
zugeht.«
»In Wye?« fragte Seldon verblüfft.
»Ja, so ist es, Dr. Seldon. Wir haben uns für Sie
interessiert, seit Sie Ihren Vortrag auf dem
Mathematikerkongreß gehalten haben. Und wir sind wirklich froh,
Sie jetzt bei uns zu haben.«
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Tatsächlich brauchten sie einen ganzen Tag, um sich
auszuruhen. Sie badeten, schliefen sich aus, und erhielten neue
Kleider (samtig und ziemlich locker im Stile Wyes).
So kam es erst am zweiten Abend in Wye zu dem Essen, das Madame
Rashelle ihnen versprochen hatte.
Der Tisch war groß – zu groß in Anbetracht der
Tatsache, daß nur vier Leute speisten: Hari Seldon, Dors
Venabili, Raych und Rashelle. Die Wände und die Decke waren
weich beleuchtet, und die Farben änderten sich dauernd, gerade
so schnell, daß das Auge es wahrnehmen konnte, aber nicht zu
schnell, um in irgendeiner Weise unangenehm zu sein. Selbst das
Tischtuch, das kein Tuch war (was es wirklich war, hatte Seldon noch
nicht herausgefunden), glitzerte vielfarbig.
Die zahllosen Bediensteten, die ihnen die Speisen reichten, waren
lautlos, und als die Tür sich öffnete, glaubte Seldon
draußen bewaffnete Soldaten zu sehen. Der Raum war ein
Samthandschuh, aber die eiserne Faust war nicht weit.
Rashelle war freundlich und liebenswürdig und hatte
offenkundig zu Raych besondere Zuneigung gefaßt. Sie bestand
darauf, daß er neben ihr Platz nahm.
Raych – geschrubbt und in neuen Kleidern, mit geschnittenem
Haar, gesäubert und gebürstet kaum wiederzuerkennen –
wagte kaum ein Wort zu sagen. Es war gerade, als hätte er das
Gefühl, seine Grammatik paßte nicht mehr zu seinem
Aussehen. Er fühlte sich jämmerlich unbehaglich
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