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Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)

Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)

Titel: Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Schnitt
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Umgebung. Der Sonnenuntergang taucht alles in ein fast romantisches Licht. Ich hatte nicht nur die Bedrohung fast vergessen, sondern auch, wie unheimlich schön Afghanistan sein kann.
    »… aber nachts pennen die beiden tiefer als die meisten Soldaten. Eigentlich sind sie auch eine Beschäftigungstherapie für Soldaten.«
    Während Juwe mir das erzählt, attackiert Pepsi zur Belustigung der Soldaten seinen eigenen Schwanz. Die Stimmung ist gelöst. Und klar: Das hat auch mit Pepsi und Cola zu tun.
    Über dem Außenposten hängt eine ausgeblichene, an den Seiten zerrupfte Flagge. Gerade noch erkennbar: Schwarz, Rot, Gold. Der Auftrag der deutschen Soldaten auf dem Hügel Höhe 432 ist das Überwachen und Freihalten der Hauptverbindungswege.
    Schröder und ich setzen uns auf ein Feldbett, das vor dem aus Plastikplanen und Holzlatten gefertigten Gefechtsstand steht. Wir hocken dort mit Blick auf die Westplatte und die Ausläufer des Hindukusch. Die militärische Lage in der Umgebung sei im Moment »wie folgt«, berichtet Schröder: »Es gibt Meldungen, dass die Höhe angegriffen werden könnte. Hintergrund des Verdachts ist, dass die Bauern die Felder südwestlich des Vorpostens nicht mehr bewässern.«
    Die Aufständischen hätten es ihnen verboten, sie wollen die Bewässerungsgräben zur unbemerkten Annäherung an die Höhe nutzen. So zumindest die Meldung der afghanischen Polizei. Ob das stimmt? Man weiß es nicht.
    »Derzeit wirkt es eher ruhig«, sagt Schröder. »Aber ruhig ist es immer so lange, bis etwas passiert.« Außerdem gäbe es Berichte von den Einheiten des militärischen Nachrichtenwesens, dass sich ein Taliban-Führer, der sich nach Pakistan abgesetzt hatte, wieder in der Region Kunduz aufhält. Um den würden sich dann demnächst in der Nacht »andere Kräfte kümmern«, sagt Schröder.
    Seit einiger Zeit ist es erklärte Taktik, die Führer der Taliban in Kunduz durch Spezialkräfte festzusetzen oder auszuschalten. Die Soldaten sprechen dann von einem »Hausbesuch« durch deutsche oder amerikanische Spezialeinheiten. Die Spezialeinheit der Bundeswehr in Afghanistan für solche »Hausbesuche« ist die Task Force 47. Im Feldlager Kunduz hat die Einheit einen eigenen Befehlsstand. Anders als bei den US-amerikanischen und britischen Kollegen beteiligt sich die Task Force 47 – zumindest offiziell – nicht an gezielten Tötungen. Während meiner Zeit in Kunduz werde ich durch einen Zufall aus der Rubrik »so klein ist die Welt« noch einen Vertreter der Task Force 47 kennenlernen.
    Juwe Schröder und ich sitzen auf dem Feldbett. Ich rauche eine Zigarette, Schröder nicht. Er ist der Einzige bei Foxtrott 4, der nicht raucht. Schröder trinkt auch keinen Kaffee. Wir schauen in die Landschaft. Neben uns bereiten die Sanitäter, die mit uns auf der Höhe 432 sind, das Abendessen vor. Die Atmosphäre hat ein bisschen was von Klassenfahrt oder Zeltlager. Die Jungs von Foxtrott 4 sind heilfroh, dass die Sanitäter mit ihnen hier oben sind. Sie gelten als nette Kerle – und gute Köche. Seit auch für die deutschen Sanitäter in Afghanistan gilt: »Every man is a rifle man«, also frei übersetzt: »Jeder Soldat ist ein Schütze« –, sind auch sie bewaffnet und dadurch bei den Soldaten mit Kampfauftrag noch weiter im Ansehen gestiegen, sagt mir Matthias Chill. Seine Wachtschicht ist gerade um, und er hat sich zu uns gesetzt. Auch Chill zündet sich jetzt eine Zigarette an und schaut in die Landschaft.
    Die Sanitäter öffnen Dosen. Unser Speiseplan für heute: Würzfleisch mit Kartoffelbrei, Tomaten und Bacon. Den Bacon haben die Sanitäter bei den Amerikanern bekommen. Die tauschen zur Abwechslung auf dem Speiseplan gerne ihr MRE (Meal, Ready-to-Eat) gegen das EPa (Einmannpackung) der Bundeswehr.
    Sanitäter Alex, 24, der eine perfekt gestylte Elvis-Tolle auf dem Kopf trägt, schneidet Tomaten. Der Gruppenführer der Sanitäter – Hans – sitzt daneben und rührt den Kartoffelbrei an. Er ist 23, wirkt aber um einiges älter. Das mag an seinem buschigen Vollbart liegen oder auch daran, dass er schon einen Einsatz in Afghanistan hinter sich hat.
    Die blutrote Sonne verschwindet hinter den Gebirgsketten. Die letzten Strahlen färben die Westplatte dunkel-orange. Dann ist es sehr schnell sehr finster.
    Das Essen teilen die Sanitäter im Gefechtsstand aus, der auch als Gemeinschaftsraum dient. Das Würzfleisch mit dem Kartoffelbrei und dem US-Bacon schmeckt wunderbar. Jetzt kann ich nachfühlen, warum die

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