Fränkisch Schafkopf
bevor er fortfuhr. »Heinrich, also Herr Bartels, ist doch ein Kollege von Ihnen?« Dabei sah er sie prüfend und, wie sie fand, auch lauernd an.
»So ist es, ja. Aber das sollte bei dieser Befragung keine Rolle spielen.«
»Ich weià auch gar nicht, ob das hierhergehört. Aber Heinrich und Ulrich hatten vor Kurzem einen gewaltigen Streit miteinander.«
Sie horchte auf. »Ja, bitte, erzählen Sie. Wie gesagt, die Tatsache, dass Herr Bartels ein Kollege von mir ist, hat mit den Ermittlungen nicht das Geringste zu tun. Worum ging es bei diesem Streit, und wann war er?«
»Um eine Frau. Wie das so oft der Fall ist. Ach, ich glaube, das ist für diesen Mord sicher ganz unerheblich.«
»Nein, das gilt nicht, Herr Eigner«, sie zeigte ihm ihr Allerweltslächeln, »wer A sagt, muss auch B sagen. Also, was war mit dieser Frau?«
Es war Eigner anzumerken, dass er seine vorschnelle ÃuÃerung bereits bereute. Zumindest ein wenig. »Hat Ihnen denn der Karl nichts erzählt?«
»Nein. Ist das wohl eine peinliche Angelegenheit?«
»Ich weià ja nicht, wie Sie das sehen. Peinlich? Vielleicht, ja. Doch, ich denke schon. Zumindest auf eine Dame wie Sie, mit Ihrem gesellschaftlichen Background«, betonte er mit einer knappen galanten Verbeugung, »wird das Ganze sicher billig, ja eigentlich schon vulgär wirken. Und im Prinzip haben sich die beiden, Ulrich und dann auch Heinrich, ja wirklich aufgeführt wie die letzten Proleten.«
Eine Dame wie Sie? Das hatte sie schon lang nicht mehr gehört. Aus gutem Grund â weil sie nämlich keine war. Eigner müsste nur mal einen Blick in ihre Wohnung, vor allem in ihr Spülbecken werfen, in dem sich das schmutzige Geschirr von drei Tagen stapelte, dann würde er anders reden.
»â¦Â ist doch jedes Jahr nach Thailand geflogen. Er hat da wohl ein ganz nettes Thaimädchen kennengelernt. Vor Jahren schon. Und sich in dieses Mädchen, das ihr Geld auf die bekannte Weise verdiente, verliebt. Behauptete er zumindest. Jedes Jahr zur selben Zeit war er für ein paar Wochen dort, eben bei dieser Frau.«
Jetzt sah Eigner sie an. Eine stumme Frage, ob er weiterreden solle, könne, ihr das zumuten dürfe.
»Ja, und?«
»Na ja, er hat uns halt vorgeschwärmt, wie toll diese Prostituierte, und das war sie ja im Grunde, sei. Hübsch, jung und so ganz anders, als man das hier von den deutschen Frauen gewohnt ist. Immer freundlich, immer fröhlich, kein Gejammer, ja, und auch im Bett â¦Â« Hier versagte Eigners Stimme. »Sie können sich das Weitere sicher denken.«
»Kann ich«, sagte sie unfreundlicher als beabsichtigt. »Und?«
»Dann, vor ein paar Monaten, hat sich Heinrich auffällig für diese Frau interessiert. Er hat den Ulli richtiggehend über sie ausgequetscht. Name, Alter, Adresse, das alles wollte er wissen. Und Ulrich hat ihm auch bereitwillig und ohne Argwohn Auskunft gegeben. Wobei ich damals schon ahnte, worauf das hinausläuft. Und ich sollte leider auch recht behalten.«
Eigner öffnete die Arme in einer bedauernden Bewegung, die auf sie affektiert wirkte.
»Denn als der Ulli Anfang März aus Thailand zurückkam, gab es zwischen den beiden Zoff, aber richtigen Zoff. Heinrich war nämlich bereits vor ihm dort gewesen. Er ist im Januar nach Thailand geflogen, auch zu dieser Nutte. Und hatte die hier, von Deutschland aus, für zwei Wochen fest gebucht. Das kann man wohl dort, eine Frau beziehungsweise eine Prostituierte für eine Zeit lang buchen. Alles inklusive. Auf jeden Fall hat die, ich glaub, sie heiÃt Phinyoyos, dem Ulli das alles brühwarm erzählt.«
Nach einem schnellen Seitenblick auf das Stäbchenparkett fuhr er fort. »Sie muss ihm auch schlimme Vorwürfe gemacht haben, so in der Art, dass er sie an seine Kumpels hinter ihrem Rücken weitervermittelt. Da war Ulrich fertig mit der Welt. An dem Samstag hab ich das erste Mal erlebt, wie es ist, wenn er zornig wird.«
»Warum, wie hat sich das geäuÃert?«
»Er hat uns alle angeschrien, was wir für eine hundsgemeine Bagage wären. Weil er davon ausgegangen ist, alle wussten von Heinrichs Thailandurlaub, auÃer ihm. Und dann hat er uns rausgeworfen. Sogar den Karl.«
Sie versuchte zu verstehen, was Eigner soeben gesagt hatte, verstand es nicht. Glaubte nicht, was sie verstand. Heinrich, auch er einer von diesen
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