Fraeulein Jensen und die Liebe
komme gar nicht dazu, eine gelungene Überleitung zu finden. Denn ein riesiger Hund stürzt um die Ecke.
»Ach ja, habe ich ganz vergessen zu fragen: Haben Sie Angst vor Hunden?«, fragt Bernhard Hoëcker .
»Nein«, sage ich und denke an Elvis. Oder doch? Der Hund lässt sich mit einem schweren Rums auf meine Füße fallen und ich sehe die Schlagzeile: »Hund von Bernhard Hoëcker (›Genial daneben‹) brach angeblicher Journalistin die Füße.«
Ich bilde mir ein, einen Knacks von meinen Zehen gehört zu haben. Und wenn schon, jetzt ist es eh zu spät. Der Hund hat seinen Kopf auf dem Boden ausgebreitet, schnaubt zufrieden und sieht so aus, als würde er den Rest seines Hundelebens auf meinen Füßen verbringen wollen.
»Der mag Sie wohl«, sagt Bernhard Hoëcker und lacht.
Gott, was nimmt man nicht alles auf sich? Aber wenn man es genau nimmt, könnte das Gespräch kaum besser beginnen. Nicht auszudenken, wenn der Hund anders entschieden hätte und sich spontan in meiner Wade festgebissen hätte. So aber denkt Bernhard Hoëcker, dass der Hund mich mag, und für gewöhnlich mag man die Leute, die der Hund mag. Elvis zum Beispiel hat eine totale Aversion gegen die dicke Frau aus dem ersten Stock. Aus unerklärlichen Gründen knurrt er sofort, wenn er sie sieht. Ich wusste gar nicht, dass er überhaupt dazu in der Lage ist, deswegen habe ich ihn, als ich es zum ersten Mal bemerkte, überschwänglich dafür gelobt. »Ja, fein machst du das.« Die Frau schüttelte – vollkommen zu Recht – den Kopf, und seitdem grüßen wir uns nicht mehr. Hätte Elvis sich aber im Hausflur auf ihre Füße gelegt, hätte ich sie wahrscheinlich sofort zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Also: Bernhard Hoëcker mag mich.
Es kann beginnen.
»Nun, Sie wissen ja: Es geht in unserem Gespräch um die Liebe.« Ich kichere wie eine Zwölfjährige.
»Dann schießen Sie mal los. Was wollen Sie denn wissen?«
Eigentlich würde ich an dieser Stelle gerne antworten: »Ich suche einen witzigen Mann. So einen wie Sie. Aber da Sie ja vergeben sind, glücklich auch noch, wie Sie ja immer betonen müssen, möchte ich gerne von Ihnen einen Leitfaden bekommen, wie man sich so einen witzigen Mann angelt. So einen wie Sie.«
Pia war von diesem Gesprächsanfang alles andere als begeistert. »Der könnte sich benutzt fühlen. So als ob du wirklich nur diese Information von ihm haben möchtest.« Benutzt? Eigentlich finde ich, dass das ganz verlockend klang. Ich wollte schon immer mal einen Mann benutzen. Wie herrlich war die Vorstellung, dass ein Ex-Freund sich bei einem Kumpel ausweint und schluchzt: »Hannah Jensen hat mich nur benutzt.« Aber Pia hatte natürlich recht. Bernhard Hoëcker, der Gott am Humorhimmel, sollte nicht das Gefühl haben, von mir benutzt zu werden.
Ich starte also mit dem ersten »Themenblock«. Pia und ich hatten das Interview in drei Gesprächsblöcke eingeteilt. Der erste Themenkomplex bestand darin, von Bernd Hoëcker etwas über die Liebe zu erfahren. Kann nicht schaden zu wissen, wie ein lustiger Mann in dieser Hinsicht so tickt. Danach sollte es um die Frage gehen, was er an Frauen schätzt (und was nicht, Stichwort Ausschlussprinzip!), und zu guter Letzt kam die Königsdisziplin: der Humor. Worüber muss eine Frau lachen können, damit auch ein lustiger Mann darüber lacht?
Ich sehe ein, dass diese Gliederung etwas bürokratisch und für ein Date auch vollkommen inakzeptabel ist. »So, wir haben den ersten Tagesordnungspunkt unter dem Motto »Und-was-machst-du-so« abgehandelt, kommen wir zum nächsten vor gesehenen Thema: Möchtest du irgendwann Kinder? Mit mir?«
Da das Interview mit Bernhard Hoëcker aber kein Date, sondern gewissermaßen ein Informationsgespräch ist, finden Pia und ich die Gliederung mehr als in Ordnung. Pia hatte sogar gesagt: »Höchst professionell, das Ganze« und anerkennend genickt, als ich die Gliederung Punkt für Punkt notierte.
Also, klingelingeling. Auf geht’s in die erste Runde.
»Nun, wann waren Sie zum ersten Mal im Leben verliebt?«, frage ich und schlage meinen Block auf. Jede Information ist ab sofort wichtig, schließlich will ich ja einen Nutzen daraus ziehen. Obwohl ich fest damit rechne, dass ich derart witzig und schlagfertig rüberkomme, dass ich am Ende des Gesprächs wie im Diät-Werbespot singe: »Ich will so bleiben, wie ich bin« und Bernhard Hoëcker zurücksingt: »Du darfst.«
»Mmh, lassen Sie mich überlegen. Hah, ich weiß.« Herr Hoëcker lacht.
»Ich
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