Frag die Karten
Sie den da draußen
an.« Er zeigte auf das Fenster. Unten beim Tor präsentierte der Fahrer eines
roten Sattelschleppers dem Wachmann mit dem Schutzhelm ein Papier.
»Der Fahrer«, erklärte Hood, »gibt
unserem Angestellten den Lieferschein. Wenn die Zollbedingungen bestätigt und
die Papiere in Ordnung sind, kann er den Container aufladen und losfahren.«
»Und in dem Fall, von dem wir sprechen,
handelte es sich um einen gefälschten Lieferschein?«
»Richtig.«
»Wie kann man ihn fälschen?«
Er zuckte mit den Schultern. »Die
Ladepapiere werden vom Reeder oder seinem Bevollmächtigten in mehrfacher
Ausführung ausgefertigt. Dann werden sie an die Schiffahrtsgesellschaft
geschickt, welche die eigentlichen Papiere ausstellt. Praktisch jeder, der sie
in die Hände bekommt, kann sich zu allen nötigen Dokumenten Extrakopien
anfertigen.«
»Aber es dürfte doch nicht allzu schwer
sein, herauszufinden, wer so etwas macht.«
»Eigentlich ja — doch wir haben es
offenbar mit äußerst raffinierten Leuten zu tun. Diese Lieferscheine waren
verdammt gut gefälscht, und die vermeintlichen Fahrer des Transportunternehmens,
die sie vorwiesen, handelten so abgebrüht wie nur möglich. Erst als ein paar
Stunden später die Sattelschlepper des echten Transportunternehmens
auftauchten, ist uns klargeworden, was da passiert war. Und zu dem Zeitpunkt
waren die Container mit dem Gin längst über alle Berge.«
Nicht weit, dachte ich — nur bis zum
Indienhafen. Bei Tag war das ein belebtes Industriegelände, wo niemandem zwei
zusätzliche Sattelschlepper auffallen würden.
»Okay«, sagte ich, »und wenn ich
zufällig auf eine Menge Tanqueray-Gin stoßen sollte, an einem ungewöhnlichen
Ort — wie kann ich herausfinden, ob er zu der gestohlenen Ladung gehört?«
Er beugte sich vor. »Ich glaube, Sie
wissen wirklich etwas darüber.«
»Das habe ich doch gesagt, oder?«
»Wo ist dieser — ungewöhnliche Ort?«
Ich schüttelte den Kopf.
Hoods Hand streckte sich nach dem
Telefon aus. »Ich könnte das FBI anrufen und veranlassen, daß Sie verhört
werden.«
»Aber Sie werden es nicht tun.«
»Warum nicht?«
»Weil Sie nicht sicher sein können, ob
ich bereit bin, meine Informationen weiterzugeben. Ich könnte behaupten, ich
hätte das alles nur erfunden, um von Ihnen etwas über den Diebstahl zu
erfahren. Und damit wären Sie keinen Schritt weitergekommen, nicht wahr?«
Innerlich flehte ich ihn an, die Hand vom Telefonhörer zu nehmen.
»Sie haben recht.« Er stand auf. »Okay,
Lady, wie gesagt, Ihre Art gefällt mir. Ich gebe Ihnen eine Chance. Spielen wir
die Sache nach Ihrem Plan durch.«
»Gut. Gibt es eine Möglichkeit, die
Ladung zu identifizieren?«
»Ja. Wenn der Gin nur für einen
Empfänger bestimmt gewesen wäre, würden wir uns schwertun. Aber
glücklicherweise war die Ladung für mehrere verschiedene Empfänger bestimmt. Um
sie zu unterscheiden, werden die einzelnen Kisten mit verschiedenen
Frachtzeichen versehen.«
Aufgeregt zog ich mein Notizbuch aus
meiner Tasche heraus, in das ich die Zahlen und Buchstaben von einer der Kisten
im Lagerraum des Blindenzentrums notiert hatte. »Diese Frachtzeichen sind
ziemlich charakteristisch, nicht wahr?«
»Meistens. Es kann die ganze Adresse
des Empfängers sein oder eine Abkürzung.« Hood drückte auf einen Knopf der
Sprechanlage und sagte: »Mary, bringen Sie mir die Akte über den Tanqueray-Diebstahl.«
Er wartete, bis die Sekretärin ihm die gewünschten Unterlagen gebracht hatte,
dann blätterte er sie durch. Während er vor mir stand, las er: Amco, Oakland,
PO siebzehnzweiunddreißig. Sagt Ihnen das etwas?«
»Nein.«
»Brothers-Alkoholvertrieb, San
Francisco, PO XX-dreivierneunsiebensechsfünf.«
»Nein.«
»Alkohol-Großmarkt, Oakland, PO
siebensiebenachtsechszweiundfünfzig-B.«
»Das ist es.«
»Was?«
»Es ist Ihr Gin.«
Hood klappte den Ordner zu und ging
wieder zu seinem Schreibtischsessel. Dann setzte er sich und trommelte mit den
Fingern auf die Schreibunterlage. »Okay, Lady - und was nun?«
»Wie gesagt, ich gebe dem FBI einen
Tip.«
Er deutete auf sein Telefon.
»Nein, ich rufe lieber von außerhalb
Ihres Büros an. Ich muß erst erreichen, daß sie mit mir auf einen Handel
eingehen.«
»Handeln können Sie hier ebensogut.«
»Ich mache das lieber allein.« Damit
stand ich auf und nahm eine meiner Visitenkarten aus der Handtasche, legte sie
vor Mr. Hood auf den Schreibtisch und sagte: »Damit Sie’s nicht vergessen: Das
ist
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