Frag die Karten
die Adresse, an die Sie den Scheck schicken können.«
Kapitel
21
Die Telefonzelle gegenüber dem
Lagerhaus der Circle-Werft war heiß und muffig. Ich hielt mit dem Fuß die Tür
offen, während ich wartete, bis Greg sich meldete.
»Sharon! Das wurde aber auch Zeit!« Es
klang so, als spreche er mit zusammengepreßten Zähnen. »Und ich hoffe, du hast
mir etwas Wichtiges zu berichten.«
»Wie wär’s, wenn ich dir denjenigen
übergebe, der die Neverman und Molly Antonio ermordet hat — und außerdem noch
etwas, was dir Kredit bringt beim hiesigen Büro des FBI?«
»Große Worte«, murmelte er, aber es
klang hoffnungsvoll.
»Okay, Gregory.« Ich holte tief Atem.
»Im Indienhafen, nicht weit vom Hunters Point, ist ein verlassenes Eisenwerk.
Im Lagerhaus am Ende des Piers findest du eine Menge Kisten mit Gin, fast zwei
Containerladungen. Es handelt sich um Diebesgut, das aus dem Lagerhaus der
Circle-Werft gestohlen wurde. Wenn du dem FBI rasch diesen Tip gibst, könnten
sie die Diebe mitsamt ihrer Ware hochgehen lassen.«
Greg schwieg, aber ich hörte Papier
rascheln. Vermutlich machte er sich Notizen.
»Die Neverman und Molly Antonio wurden
umgebracht, weil sie zu viel über die Leute wußten, die den Gin stehlen
wollten«, fuhr ich fort. »Es gibt einen Hehlerring in meiner unmittelbaren Nachbarschaft.«
»Und wer ist der Mörder?«
»Das kann ich noch nicht sagen.«
»Du kannst es nicht sagen... Verdammt,
Sharon?«
»Ich habe gesagt, noch nicht. Ich
brauche deine Hilfe.«
»Die brauchst du allerdings.«
»Greg — gib mir drei Stunden Zeit.
Jetzt ist es fast fünf. Pfeif den Beamten zurück, der meine Wohnung bewacht. Um
acht hast du deinen Mörder.« Ich hoffte, meine Stimme klang zuversichtlicher,
als ich mich fühlte.
Er ließ eine Pause entstehen.
»Verdammt, Sharon!« sagte er mit gedämpfter Stimme. »Ist dir klar, worum du
mich da bittest?«
»Es ist mir klar. Bitte, Greg. Wenn du
einen Funken Respekt hast vor mir und meiner Arbeit als Detektiv, dann, bitte,
gib mir drei Stunden Zeit.«
Er schwieg. Nach einer Weile meinte er
kummervoll: »Sharon, Sharon — ich weiß nicht, warum ich die ganze Schokolade an
dich vergeudet habe...«
»Heißt das, du bist einverstanden?«
»Sagtest du drei Stunden?«
»Richtig.«
»Also gut, drei Stunden. Ich rufe meine
Leute zurück. Aber, Sharon...«
»Ja?«
»Wenn du dann nicht auspackst, brauchst
du nicht mehr damit zu rechnen, in diesem Staat als Detektiv arbeiten zu
können.«
Er meinte die Drohung zweifellos ernst,
aber das beeinträchtigte meine plötzlich erwachte gute Laune nicht. Greg mußte
Vertrauen haben in meine Fähigkeit, sonst hätte er mir diese Chance nicht
gegeben. »Keine Sorge — in drei Stunden packe ich aus.«
Ich fuhr in dem gemieteten Toyota nach
Hause. So schlecht unsere Beziehung in den letzten Tagen auch geworden war, ich
mußte Linnea ein paar Fragen stellen.
Ich nahm meine Post — einen Brief
meiner Mutter und eine Bitte um Spenden für das Studentenwerk der Universität
von Kalifornien — mit hinauf, riß die Wohnungstür auf und stürmte hinein in die
Diele, als ob am Abend zuvor nichts geschehen wäre. Als ich vor der Tür zum
Wohnzimmer stand, blieb ich überrascht stehen.
Linnea stand am Bett und packte ihren
Koffer. Es war ein ordentlicher Koffer, und Linnea selbst sah auch ordentlich
aus. Sie trug einen beigefarbenen Hosenanzug, ihr Haar glänzte, und sie hatte
Make-up aufgelegt.
Jetzt blickte sie hoch und sagte: »Ich
fahre heim, nach San Diego.«
Ich legte meine Post auf den Tisch und
setzte mich. Das Zimmer war in Ordnung, die Illustrierten, die sie am
vergangenen Abend mit Alkohol getränkt hatte, lagen zum Trocknen ausgebreitet
da. Und Watney thronte zufrieden schnurrend mitten auf dem Bett.
»Wann hast du dich dazu entschlossen?«
fragte ich.
»Heute früh. Die Kinder sind jetzt
lange genug bei Mama gewesen. Sie fehlen mir, und es ist an der Zeit, daß wir
uns wieder ein Heim einrichten.«
Es gelang mir nicht, meinen verblüfften
Gesichtsausdruck zu verbergen.
»Ich weiß, es ist ein Schock für dich.«
Linnea lachte etwas nervös und schloß den Koffer. »Als du mich zuletzt gesehen
hast, war ich eine betrunkene Schlampe. Ich habe dahergebrabbelt über das
Schicksal, das mir übel mitspielte, habe gejammert über Gott und die Welt, und
jetzt...« Sie setzte sich mir gegenüber und schaute mich unsicher an.
»Hör zu, Sharon«, fuhr sie dann fort,
»es tut mir leid, daß ich dir
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