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Frag die Karten

Frag die Karten

Titel: Frag die Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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wieder zu Boden fielen. Mr. Moe erhob sich und klopfte
sich den Staub von der Hose. »Was brauchen Sie?«
    »Gin. Genau gesagt, Tanqueray-Gin.«
    Seine Wange zuckte flatternd. »Tut mir
leid, ich habe keine Lizenz für harte Alkoholika. Ich führe nur Bier und Wein.«
    »Und was ist aus der Kiste Gin
geworden, die Sie gestern abend in Ihrem Lagerraum hatten — die Kiste, aus der
die Flasche stammte, welche Sie zerbrochen haben?«
    »Tut mir leid...«
    Ich tat so, als inspizierte ich die
Weinflaschen auf dem Regal hinter der Theke. »Kommen Sie, Mr. Moe, Sie können
doch nicht alle Flaschen zerschlagen haben. Obwohl Sie wirklich ein bißchen
vorsichtiger sein und nicht alles fallen lassen sollten.«
    »Miss McCone, ich habe keinen Gin auf
Lager.«
    »Natürlich nicht!« Ich wirbelte zu ihm
herum. »Sie haben ihn nicht auf Lager, weil er sich bereits im Lagerraum des
Blindenzentrums befindet. Aber wann erwarten Sie die nächste Lieferung der
Diebe, die Sie gestern abend am Indienhafen getroffen haben?«
    Er sackte zusammen. »Das waren Sie?«
    »Beim Indienhafen? Ja.«
    »Und Sie wissen alles?«
    »Ich weiß alles über den Diebstahl und
über das Hehlergeschäft mit Gin. Und ich weiß, daß dieser Laden hier ein
Zwischendepot ist für gestohlene Waren, auf dem Weg zum Blindenzentrum.
Übrigens — wissen Sie, daß Clemente die Stadt verlassen hat?«
    »Eine Geschäftsreise nach Los Angeles
bedeutet noch lange nicht, daß er die Stadt verlassen hat.«
    »Es war eine ziemlich überraschende
Reise, nicht wahr? Was macht er denn dort? Wartet er ab, ob sein ganzer schöner
Plan auffliegt oder nicht? Wenn nicht, kann er hier in aller Stille wieder
auftauchen. Wenn ja, ist er in zwei Stunden über der mexikanischen Grenze.«
    Der Lebensmittelhändler schüttelte den
Kopf. »Sie verstehen gar nichts.«
    »Ich verstehe mehr, als Sie glauben.
Ich weiß zum Beispiel, daß es noch mehr solcher Zwischendepots gibt, bei
anderen kleinen Geschäften hier in der Umgebung.«
    Er begann ruhelos zwischen den
Verkaufsregalen auf und ab zu gehen. »Was wollen Sie von mir?«
    »Nur ein paar aufrichtige Antworten,
zur Abwechslung. Wie koordinieren Sie alle diese Depots, damit Neverman weiß,
wann er die Waren abholen kann?«
    »Sie sind aber verdammt hartnäckig.« Er
nahm einen Laib weiches, weißes Brot von einem Regal, und seine schlanken
Finger umschlangen es fester als nötig.
    »Nein, ich gebe nicht auf. Und Ihre
ganze, schöne Operation ist aufgeflogen. Das FBI ist zur Zeit vermutlich unten
am Indienhafen. Sie können es mir also ruhig sagen.« Während ich sprach,
starrte ich fasziniert auf die Hände von Mr. Moe. Sie zerquetschten beinahe das
Brot.
    Der Blick des Lebensmittelhändlers
folgte dem meinen. Erst jetzt schien er den Brotlaib zu bemerken, den er mit
beiden Händen geradezu gewürgt hatte. »Was tu’ ich denn da!« rief er,
schleuderte das Brot zurück aufs Regal und riß beide Arme hoch. »Was tu’ ich
denn da?« Er versuchte, sich an mir vorbeizudrängen, aber ich verstellte ihm
den Weg.
    »Nein, Mr. Moe«, sagte ich. »Sie kommen
mir nicht in die Nähe der Kasse.«
    »Was ist los? Warum nicht?«
    »Weil Sie eine Schußwaffe bereitliegen
haben, neben der Kasse, wie alle, die hier in der Gegend ein Geschäft führen.«
Und ich brachte meine Pistole zum Vorschein und hielt sie in Hüfthöhe, so daß
man sie von draußen nicht sehen konnte.
    Mr. Moe starrte auf die Waffe, dann
fuhr er sich mit der Zunge über die trockenen Lippen.
    Ich sagte: »Schließen Sie die Tür ab
und ziehen Sie die Vorhänge zu, dann können wir reden.«
    Er tat wie ihm geheißen, dann scheuchte
ich ihn hinüber zu den Tiefkühlschränken. »Jetzt erzählen Sie mir, wie Sie die
Abholungstermine bei den Zwischendepots arrangieren.«
    Der Lebensmittelhändler verschränkte
die Arme vor der Brust. »Das Schießeisen ist nicht nötig. Ich sage es Ihnen
auch so. Jetzt ist es ohnehin egal.«
    »Aber ich fühle mich wohler mit der
Pistole zwischen uns. Reden Sie.«
    »Sebastian hat das arrangiert.«
    »Ach, kommen Sie!«
    »Nein, wirklich — das war sein
eigentlicher Job beim Blindenzentrum. Wenn er kam, um die Bürsten zu ergänzen,
teilten ihm die Geschäftsleute mit, ob sie wieder Waren zum Abholen hatten. Und
sobald er zurück war im Zentrum, gab er die Information an Neverman weiter.
Sebastian verfügt über ein hervorragendes Gedächtnis — ich glaube, er hat es
geübt mit dem Einstudieren der Siegerlisten bei Pferderennen, bevor er

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