Frag die Karten
sein
Augenlicht verlor.«
»Und Gus — was war seine Rolle?«
Der Lebensmittelhändler zuckte mit den
Schultern. »Er hat Sebastian geführt.«
Es mußte eine wichtigere Rolle gewesen
sein. »Na schön. Und weil er als Kurier diente, erlaubte Clemente, daß
Sebastian im Blindenzentrum wohnen durfte. Und er gab ihm so wenig Geld, daß er
ihn praktisch dazu zwang, bereits einmal gestohlene Waren noch einmal zu
stehlen und nebenher zu verkaufen.«
Mr. Moe riß ärgerlich die Augen auf.
»Das stimmt nicht. Auch Sebastian hat fünfzigtausend in die Operation gesteckt.
Wir alle haben uns finanziell daran beteiligt.«
»Aber nicht mit so viel wie Sebastian.«
Er schwieg.
Ich dachte an Sebastians Entschädigung
nach dem Unfall bei Standard Oil. Er hatte gesagt, er habe das Geld durch eine
mißlungene Investition verloren. Das stimmte; diese Operation war zweifellos
die schlechteste, die man sich denken konnte. »Erzählen Sie mir, wie es
überhaupt dazu gekommen ist.«
Mr. Moe zögerte und starrte auf meine
Pistole. »Als Sebastian in das Blindenzentrum kam, hat Clemente gleich große
Zuneigung zu ihm empfunden. Die beiden führten lange Gespräche miteinander, und
Clemente brachte ihm bei, Schach zu spielen, nur durch Berührung, durch den
Tastsinn. Dann erklärte Clemente, er wolle Sebastian in unseren Plan
einbeziehen. Er hielt es für klug, jemanden einzuweihen, der Bericht erstatten
konnte, sobald die anderen Heiminsassen argwöhnisch wurden. Und außerdem hatte
Sebastian fünfzigtausend Dollar zur Verfügung, mit denen wir unsere Einkäufe
finanzieren konnten.«
»Also hat Sebastian sein Geld Clemente
übergeben.«
»Ja.«
»Und dafür erhielt er seinen Anteil an
den Gewinnen.«
Wieder schwieg Mr. Moe.
»Also hat er kein Geld erhalten.
Deshalb hat er geklaut. Er hatte sein ganzes Vermögen investiert, und ihr habt
das Geld als Grundkapital eingesetzt und ihm keinen Cent davon erstattet.«
»Ich gebe zu, es war nicht fair. Aber
er bekam dafür Nahrung und ein Dach über dem Kopf. Und wir haben ihm sein Geld
zurückgegeben.«
»Wann?«
»Heute.«
Ich erinnerte mich, wie Clemente
Neverman erklärte, er müsse fünfzigtausend Dollar bezahlen. »Und warum habt ihr
ihm jetzt auf einmal das Geld zurückgegeben?«
»Das hat Sebastian verlangt, als er von
dem Gin-Einkauf erfuhr. Er versprach, uns in Ruhe zu lassen, wenn er das Geld
bekommt, ansonsten würde er zur Polizei gehen. Und wir wollten, daß er aus dem
Blindenzentrum verschwindet. Er war in letzter Zeit etwas seltsam. Er klaute,
wie Sie richtig sagten. Und er wurde zu einem Risiko, das wir uns nicht länger
leisten konnten.«
Eine ganze Reihe von Leuten hatte in
den letzten Tagen damit gedroht, zur Polizei zu gehen. Sebastian hatte Glück,
daß er nicht getötet worden war wie Molly und Madame Anya. Ich sagte: »Also hat
Clemente Sebastian ausgezahlt.«
»Heute morgen hat er ihm einen
Barscheck über die volle Summe gegeben. Deshalb mußte Clemente nach Los
Angeles: Er sollte dort den schnellen Verkauf des Gins einfädeln. Um Sebastian
auszahlen zu können, mußte er nämlich Geld aus dem Fonds des Blindenzentrums
verwenden.«
Das Manipulieren mit öffentlichen
Geldern war allerdings kein Kavaliersdelikt. Kein Wunder, daß Clemente darauf
aus war, die fünfzigtausend Dollar rasch zu ersetzen.
»Also gut«, sagte ich, »und jetzt will
ich wissen, wie die Geschichte angefangen hat. Es kann doch erst so lange
laufen, seit das Blindenzentrum hier untergebracht ist. Wie sind Sie mit diesen
Leuten in Kontakt gekommen, Mr. Moe?«
Er wandte den Blick von mir ab.
»Also, wie?«
»Bevor er ins Gefängnis kam, hat
Neverman seine Ware bei mir abgesetzt. Das geschah übrigens nicht sehr oft. Ich
bin nie ein guter Hehler gewesen, und nachdem Neverman festgenommen wurde, habe
ich es mit der Angst zu tun bekommen und sofort damit aufgehört. Natürlich
haben wir keine Geschäfte miteinander gemacht, als er zurückkam. Er konnte
keinen Job mehr finden; kein Transportunternehmen hätte ihn eingestellt.«
»Aber dann zog das Blindenzentrum
hierher, und Neverman erneuerte die Bekanntschaft mit seinem Bewährungshelfer,
mit Clemente. Und mit Ihrer Hilfe entwickelten sie den Plan.«
»Nein; sie haben mir den kompletten
Plan vorgelegt. Ich glaube, es ist alles die Schuld von Neverman. Herb Clemente
ist kein schlechter Mensch. Ich glaube nicht, daß er vorhatte, in solch großem
Stil einzusteigen. Aber wenn man jahrelang im öffentlichen Dienst steht, wird
man
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