Frag Nicht - Kuess Mich
so kühl und abweisend verhalten hatte.
Und trotzdem war er so großzügig. Alessandro musste sie wirklich begehrt haben. Und nun? Wahrscheinlich hatte sie ihre letzte Chance bei ihm verspielt. Verzweifelt dachte sie über eine Möglichkeit nach, ihm alles zu erklären.
Nach dem Rückschlag vor dem Blumenladen hatte Lara keine Gelegenheit gehabt, mit Alessandro zu sprechen. Den ganzen Nachmittag beratschlagte er sich mit Tuila über den neuen Geschäftsführer. Und nach Feierabend, als sie noch einmal versucht hatte, ihn zu erreichen, war er bereits fort gewesen. Hätten Vivi und Greta nicht auf sie gewartet, wäre sie ihm zum Hotel gefolgt.
Inzwischen spürte Lara, dass er ein wundervoller Vater sein würde – wenn sie ihn nur ließe. Irgendwie musste sie seinen Abflug nach Bangkok verhindern.
Verflixt, dachte Lara. Sie war noch immer hoffnungslos und leidenschaftlich in ihn verliebt. Und sie musste bei der ganzen Sache auch an Vivi denken.
Greta merkte natürlich sofort, dass etwas vorgefallen war. „Wie war’s? Habt ihr Fortschritte gemacht? Wie hat er auf sie reagiert?“
„Er möchte sie näher kennenlernen und heute Abend mit mir sprechen. Aber ich habe abgesagt, weil es euch gegenüber unfair wäre.“ Lara drückte sich nur so ungenau aus, weil Vivi ganz offensichtlich ihre Ohren spitzte.
Greta musterte sie nachdenklich. „Ich könnte versuchen, meine Schicht zu tauschen.“ Plötzlich strahlte sie. „Oh, und bevor ich es vergesse: Für dich ist etwas abgegeben worden.“ Sie zeigte nach oben, wo Lara mit Vivi wohnte.
Also ging Lara die Treppe hoch, während Vivi vorwegeilte. Greta bildete das Schlusslicht.
Als Lara die Wohnungstür öffnete, fiel ihr Blick auf ein Blumenmeer. Der Frühling war in ihrer Wohnung eingekehrt. Überall standen geschmackvolle Blumenarrangements in Kübeln – Levkojen, Narzissen, Osterglocken, Freesien, lila Prinzessinnenblumen und Rosen. Alessandro hatte offensichtlich den ganzen Laden leer gekauft. In der Wohnung duftete es wie in einem Gewächshaus.
Lara war sprachlos.
Ihre Unbeherrschtheit vor dem Blumenladen war ihr nun mehr als peinlich. Beim Anblick all dieser herrlichen Blüten schöpfte sie jedoch neue Hoffnung, dass zwischen ihr und Alessandro doch noch alles ins Reine kommen würde.
War es nicht unglaublich wundervoll und romantisch von ihm, ihr dieses Blumenmeer zu schenken, nachdem sie ihn so gescholten hatte?
Vivi wirbelte zwischen den Kübeln hindurch und schnupperte an den duftenden Blüten. „Ist schon Weihnachten, Mummy? Hat der Weihnachtsmann die Blumen gebracht?“
Lara betrachtete die Kleine liebevoll. Vielleicht war jetzt der richtige Zeitpunkt … Kurz entschlossen nahm sie Vivis Hände in ihre. „Komm mit, Liebling, wir setzen uns aufs Sofa, dann erzähle ich dir, von wem die Blumen sind.“
Bald darauf saß Lara in ihrem Schlafzimmer und versuchte Alessandro zu erreichen. Seine Geste musste etwas zu bedeuten haben. Hoffentlich waren die Blumen nicht als Abschiedsgeschenk gemeint, sondern als Aufforderung zu einem gemeinsamen Neubeginn.
Doch es ging nur die Mailbox ran.
Nervös sprang Lara auf und ging hin und her. Vielleicht war er in der Oper. Wenn sie ihn dort nicht fand, dann würde sie ihn in seinem Hotel aufsuchen. Irgendetwas musste sie tun, denn die Angelegenheit ließ ihr keine Ruhe mehr.
Entschlossen rief sie im Opernhaus an, um zu erfahren, wie lange die Aufführung dauerte.
Vivi schlief längst, als Lara in einem roten Chiffonkleid und schwarzem Pashminaumhang in ein Taxi stieg. Greta hatte ihre Aufmachung gelobt, aber nicht gefragt, wohin Lara wollte. Dazu war sie viel zu diskret.
Aufgeregt blickte Lara aus dem Fenster. Inzwischen fuhr das Taxi die breite Macquarie Street entlang, um den Kreisverkehr herum und hielt direkt vor der Oper. Lara bezahlte den Fahrer und stieg aus. Hoffentlich kam sie nicht zu spät. Einige Besucher verließen bereits das Opernhaus.
Nervös erklomm sie die breite Freitreppe und befand sich dann auf der Plattform, auf der die Riesenmuscheln des Gebäudes ruhten. Natürlich konnte Lara nicht alle Ausgänge im Blick behalten, doch da sie annahm, dass Alessandro zurück zum Hotel gehen würde, stellte sie sich an eine taktisch günstige Stelle. Hier müsste er eigentlich vorbeikommen.
Verzweifelt bemühte sie sich um Gelassenheit. Es war wichtig, ihm selbstsicher gegenüberzutreten, wie eine Frau, an der er nicht so leicht vorbeikäme. Wie eine Mutter. Die Mutter seines Kindes.
Die Besucher
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