Fragmente des Wahns
passiert war, Stück für Stück aus ihren Gedanken vertreiben und dadurch auslöschen. Sie kamen ihrem alten Leben immer näher, bis nur noch Leidenschaft und Verlangen blieben.
Lisa fuhr ihm durch seine blonden Haare, während er in ihr war und Alex stützte seine Arme neben ihren blonden Haaren ab, die sanft ihre Schultern streichelten. Sie sahen sich tief in die Augen. Braun in Blau. Blau in Braun.
Und dann kamen sie.
Die Welt schien stillzustehen.
Zumindest für den Augenblick.
Er reichte vollkommen.
Alex warf sich auf die Seite.
Sein Körper war durchnässt und erhitzt. Er bekam kaum noch Luft und konnte nicht aufhören, angespannt zu atmen. Wie lange war es nun schon her gewesen, dass sie so intensiv Sex gehabt hatten? Alex konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern.
„Das war … wow …“, platzte es aus Lisa heraus, die selbst mit dem Sauerstoff kämpfte.
„Das kannst du laut sagen“, war Alex ehrliche Reaktion. Er war noch immer hin und weg.
„Vielleicht solltest du öfters mal einen Autounfall haben.“
Es hätte scherzhaft klingen sollen, tat es aber nicht. Sofort zerbrach die positive Stimmung und ließ Alex über den Unfall und seine Folgen nachdenken.
„Es tut mir leid. Ich meinte es nicht so und das weißt du auch.“
Lisa schmiegte sich zur Versöhnung an ihren Mann. Doch es half nicht.
„Ich weiß, Lisa. Aber es ändert nichts daran, wie es gerade zwischen uns läuft.“
„Wie läuft es denn gerade zwischen uns?“ Lisa wurde wütend. „Wir hatten gerade atemberaubenden Sex! Was passt dir daran nicht?!“
„Darum geht es doch nicht!“ Nun brüllte auch Alex.
Er hasste es, wenn er laut wurde. Es erinnerte ihn permanent an seinen Vater.
„Du weißt ganz genau, dass es nicht darum geht. Wir … ich habe ein Problem und es scheint unsere Beziehung zu gefährden.“
„So siehst du das also?“
Lisa hatte sich etwas von ihrem Mann entfernt und sah ihn nun besorgt an.
„Du nicht?“, wollte Alex wissen.
„Ich weiß es nicht“, antwortete sie ehrlich. „Natürlich bin ich nicht blöd und spüre die Spannung zwischen uns, aber reicht das schon aus, um von einer Beziehungskrise zu sprechen?“
„Nein, wahrscheinlich nicht. Doch es reicht, um mich nachdenklich zu stimmen.“
„Vielleicht solltest du lieber mal darüber nachdenken, warum es diese Spannung zwischen uns überhaupt gibt? Es liegt nämlich nicht an mir, Alex. Tut mir leid, wenn ich das jetzt einfach so sage.“
„Das weiß ich doch.“
Alex verließ das Bett und blieb neben der Bettkante stehen. Sein Rücken war dabei zu seiner Frau gewandt.
„Ich weiß , dass es nur an mir liegt. Doch ich kann es auch nicht ändern. Ich weiß ja selber nicht genau, woran es eigentlich liegt.“
„Dann nimm dir Zeit. Ich kann warten, Alex, doch wirf mir dieses Problem nie wieder vor.“
„Okay.“
Mehr sagte er nicht. Schweren Schrittes ging Alex ins Bad und schloss die Tür hinter sich.
Das kalte Wasser fühlte sich wie ein reinigender Regen im tiefsten Urwald an. Ihm war, als würden all das Leid, der Schmerz, die Verwirrung und die Spannung aus ihm herausgewaschen, um daraufhin im Ausguss des Vergessens zu verschwinden.
„Ich geh dann mal zu Lilli und mache Frühstück.“
Lisas Stimme riss ihn kurz aus seiner Gedankenwelt und doch konnte er ihr nicht vollkommen entfliehen. Alex hatte zu viel mit sich selbst zu regeln. Er konnte sich gerade nicht mit Lisa, Lilli, seinem Bruder oder sonst wenn beschäftigen. Soviel verstand er jetzt.
Lisa hatte recht gehabt. Er brauchte Zeit … und zwar für sich. Er liebte sie und seine Tochter. Er liebte seinen kleinen Bruder und seine Freunde, doch im Moment konnte er sich nicht um sie kümmern. Er wollte sie nicht verletzten, aber tat es und würde es auch weiterhin tun, wenn er nichts ändern würde.
Er musste etwas unternehmen. Doch was? Alex begriff langsam, dass er wirklich ein Problem hatte und es eindeutig an ihm lag. Aber noch immer quälte ihn die Frage, was eigentlich das Problem war und wie er es lösen konnte.
Alex musste dem Grund auf die Spur kommen und doch hatte er keine Ahnung, wo er ansetzen sollte. Alles hatte mit dem Autounfall begonnen und breitete sich seitdem wie ein Feuer aus.
Warte!
Genau das ist es.
Der Autounfall!
Verflucht! Warum bin ich nicht schon früher darauf gekommen. Alles hatte mit dem Unfall begonnen. Er hatte es bereits im Krankenhaus gespürt und sofort wieder verdrängt.
Etwas stimmte daran nicht. Er konnte
Weitere Kostenlose Bücher