Fragmente des Wahns
aber entschuldige dich nicht dafür.“
„Doch es ist nicht richtig.“
„Was ist schon richtig, Alex? Nur weil die Gesellschaft es nicht als ‚in Ordnung‘ ansieht? Wen kümmert es? Die Tussi am Empfang? Wohl kaum, die hat das heute Abend nach einem Gläschen Wein bereits wieder vergessen.“
Alex sah Ralfie ins Gesicht, ehe er die Worte fand, die ihm am Herzen lagen: „Du bist ein wirklich guter Freund, Ralfie. Das sage ich dir leider viel zu selten.“
„Musst du auch nicht. Ich weiß es schließlich … hier.“ Beim letzten Wort wanderte sein Zeigefinger zu seiner linken Brust. „Wir sind Freunde, Alex und wir helfen uns gegenseitig. Bis zum Schluss.“
Alex nickte. Noch ehe sie weiterreden konnten, tauchte eine ihm bekannte Krankenschwester auf. Es handelte sich um Krümel.
„Herr Schneider?“, fragte sie verlegen. Sie erinnerte sich wohl nicht mehr an ihn.
„Ja, das bin ich“, half Alex ihr bei der Suche.
„Ah, gut.“ Erst jetzt sah sie ihn tatsächlich an. „Sie wollten zu Herrn Fleischmann, nicht wahr?“
„Ja, so ist es.“
„Er hätte nun Zeit für Sie. Würden Sie gleich mit mir kommen?“
Alex sah noch einmal zu seinem Kumpel, der zustimmend nickte und ihm ein „Ich warte hier“ auf den Weg gab. Dann folgte Alex seiner Lieblingskrankenschwester und ging seinem Schicksal entgegen.
„Herein.“
Krümel öffnete Alex die Tür. Er trat ohne Worte in den Raum des Psychologen.
„Hallo, Doktor Fleischmann“, sagte Alex zur Begrüßung. Dabei schloss er die Tür hinter sich.
„Hallo, Herr Schneider. Nehmen Sie doch bitte Platz.“
„Gerne“, sagte Alex und setzte sich.
Fleischmann lehnte sich in seinem großen Sessel zurück und verschränkte daraufhin die Finger ineinander.
„Nun, Herr Schneider, man muss kein Psychologe sein, um festzustellen, dass Sie etwas stark bedrückt. Was ist es also, das keinen Aufschub mehr zulässt? Kassandra hat mir berichtet, dass Sie sich ganz schön aufgeregt haben.“
Fleischmann lächelte noch immer. Es war ehrlich und half Alex, seine Stimme zurückzugewinnen.
„Es ist … ich meine … keine Ahnung, wie ich anfangen soll.“
„Wo Sie glauben, dass es richtig ist“, ermutigte ihn Fleischmann. „Es ist alles in Ordnung.“
„Nein, Doktor Fleischmann, genau das ist es eben nicht. Seit ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, geht alles schief und nichts ist mehr, wie es einmal war.“
„Inwiefern?“
„Ich bin nicht mehr ich selbst, Doktor Fleischmann. Ich brülle meine Frau an, ich empfinde anders für sie und auch meine Tochter scheint mir zu entgleiten. Ich fange Streit an, egal ob mit meiner Familie oder meinen Freunden und all das tu ich, ohne dass ich es tatsächlich will.“
„Okay. Das reicht für den Anfang. Sie haben also das Gefühl, nicht mehr Sie selbst zu sein und das, seitdem Sie entlassen wurden. Warum glauben Sie, dass das so ist?“
„Ich habe mir oft und lange den Kopf darüber zerbrochen und um ehrlich zu sein, kann ich mir das alles nur so erklären, dass es etwas mit dem Autounfall zu tun haben muss.“
„Können Sie sich denn schon an etwas erinnern?“
„Nein, überhaupt nicht.“
„Okay, ungewöhnlich, aber nicht beunruhigend. Was denken Sie, hat der Autounfall ausgelöst, dass Sie jetzt nicht mehr Sie selbst sind?“
„Wenn ich das wüsste. Ich habe keine Ahnung. Es war doch nur ein Unfall und doch bin ich seither vollkommen verwirrt und stehe neben mir. Das ist doch nicht normal!“
„Nein, ist es auch nicht, Herr Schneider, aber Sie müssen nicht gleich laut werden.“
„Entschuldigung.“
„Kein Problem“, erwiderte Fleischmann und machte eine kurze Verschnaufpause. „Gut, Herr Schneider. Ich denke, das Beste wird sein, dass wir Sie noch einmal untersuchen. Gerade ein zweites CT dürfte nicht schaden. Vielleicht haben wir beim ersten Mal etwas übersehen oder es ist erst jetzt aufgetaucht.“
„Denken Sie etwa, dass etwas mit meinem Gehirn nicht stimmt?“, fragte Alex besorgt.
„Denkbar, aber es hört sich schlimmer an, als es ist. Nach einem SHT kann es ab und an zu Blutungen im Gehirn kommen. Vielleicht ist genau das der Grund für Ihre veränderte Psyche.“
„Aber es ist nicht nur das, Doktor Fleischmann.“ Alex ließ den Kopf hängen. „Ich habe da noch diese … ich weiß nicht, wie ich sie nennen soll. Halluzinationen vielleicht?“
„Okay, Herr Schneider. Machen wir einen Pakt. Sie lassen sich jetzt erst mal untersuchen. Ich werde so schnell wie
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