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Fragmente des Wahns

Fragmente des Wahns

Titel: Fragmente des Wahns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Schmid
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Erzählungen Ihrer Halluzinationen betrachtet, dann kristallisiert sich sehr deutlich ein Bild daraus.
    Zuerst die blaue Torte, die rosa wird. Rosafarbenes Geschenkpapier. Eine Barbiepuppe. Alles ist sehr weiblich und feminin. Ich habe daher stark das Gefühl, dass die Halluzinationen eine Art Wunschtraum ihres Unterbewusstseins sind.“
    „Sie wollen mir also sagen, dass ich meine Tochter eigentlich gar nicht liebe?“
    „Oh nein, um Himmels willen. Sie verstehen das völlig falsch. Natürlich lieben Sie Ihre Tochter, doch kann es nicht sein, dass Sie andere Vorstellungen hatten? Was haben Sie sich vorgestellt, als Sie erfahren haben, dass Sie eine Tochter bekommen? Lilli, so wie sie heute ist?“
    „Nein … eigentlich nicht. Woher hätte ich das auch wissen sollen.“
    „Genau. Und was genau haben Sie sich vorgestellt? Was waren Ihre Erwartungen?“
    „Nun ja, die gleichen Gedanken, die wohl jeder angehende Vater hat. Wie Sie schon sagten, Erik, eine kleine Prinzessin, auf die man sein Leben lang aufpassen muss, da sie zerbrechlich wie eine Porzellanpuppe ist.“
    „Und genau dieses Bild spiegelt sich in Ihren Halluzinationen wieder.“
    „Und was heißt das jetzt?“
    „Schwer zu sagen. In meinem Beruf gibt es keine Liste, wo alles verzeichnet ist. So nach dem Motto -Patient hat Träume von anderer Tochter- also hat er das und das. Verstehen Sie, was ich meine?“
    „Natürlich. Aber was denken Sie, Doktor Fleischmann.“
    „Nun ja, in Ihren Halluzinationen spielen unterbewusste Erwartungen oder Wünsche eine Rolle, was eventuell durch den Autounfall verursacht wurde. Vielleicht muss sich Ihr Verstand von diesem Trauma erholen und dabei alte, verdrängte Sehnsüchte verarbeiten.“
    „Irgendwie glaube ich das nicht, Doktor Fleischmann.“
    „Weshalb?“
    „Nun ja, weil es noch weiter geht. Ich hatte noch mehr dieser Aussetzer.“
    „Okay. Und wie genau haben diese ausgesehen?“
    „Um ehrlich zu sein, kann ich mich gar nicht mehr an alle Vorfälle erinnern. Ich weiß noch, dass ich gestern, als wir gegrillt haben, zusammengebrochen bin. Ich selbst habe es gar nicht mitbekommen, aber ich sah dafür etwas ganz anderes.“
    „Und was?“
    „Es war ein anderer Garten und auch die Personen schienen anders zu sein, obwohl ich sie noch immer kannte.“
    „Und was noch?“
    „Manchmal habe ich das Gefühl, als würde ich meine Frau anderssehen, nicht mehr so, wie sie wirklich ist.“
    „Ich verstehe.“
    „Wirklich?“
    „Nun ja, nicht wie Sie meinen, aber ich finde doch, dass Ihre Erzählungen genau das wiederspiegeln, was ich Ihnen gerade mitgeteilt habe.“
    „Also wünsche ich mir tatsächlich eine andere Familie?“
    „Tun wir das nicht alle?“
    Fleischmann machte eine kurze Pause, ehe er fortfuhr.
    „Ich meine, seien Sie einmal ehrlich. Wie oft kommt es vor, dass man sich wünscht, seine Tochter wäre etwas femininer, obwohl man sie so unglaublich liebt? Oder das die Ehefrau nicht immer so sein solle, wie sie nun mal ist, obwohl genau das der Grund ist, warum man sie geheiratet hat?
    Doch damit hört es nicht auf, Herr Schneider. Manchmal ist man an einem Ort, wo man unbedingt hinwollte und dort wünscht man sich dann nichts sehnlicher, als endlich wieder nach Hause zu kommen.
    Dann gibt es noch Wünsche wie ‚Was wäre, wenn ich jetzt nicht verheiratet wäre?‘ oder ‚Was wäre, wenn ich nicht immer so hilfsbereit wäre?‘
    Das ganze Leben besteht aus Wünschen und Sehnsüchten und nichts sagt dabei aus, dass man sein bisheriges Leben nicht mag. Es sind und bleiben Tagträume.“
    „Okay, ich verstehe. Aber warum werden meine Tagträume dann zur Realität? Warum kann ich Fiktion und Wirklichkeit nicht mehr auseinanderhalten?“
    „Sehr gute Frage und um ehrlich zu sein, habe ich noch keine Antwort darauf. Ich hätte jetzt sehr gerne Ihre Ergebnisse des CTs zur Hand, doch so kann ich nur spekulieren, wenn ich darf.“
    „Bitte.“
    „Nun, egal ob es nun ein schweres oder leichtes Schädel-Hirn-Trauma ist, das Sie erlitten haben, so habe ich doch das Gefühl, dass Ihr Erinnerungszentrum in Mitleidenschaft gezogen wurde. Dies mag auch der Grund sein, warum Sie sich immer noch nicht an den Unfall erinnern können.“
    „Und was genau bedeutet das?“
    „Nicht viel. Ich meine, ihr Gehirn braucht Zeit, um sich zu erholen, doch diese Ruhepause bekommt es nicht, was an Ihren Halluzinationen liegt. Ich glaube, dass diese eventuell mit Ihrem Drang zusammenhängen, alles über den

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