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Fragmente: Partials 2 (German Edition)

Fragmente: Partials 2 (German Edition)

Titel: Fragmente: Partials 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Schnee. Kurz danach erreichten sie die Ausläufer der Stadt. Den Vorort namens Bennett hatte der Säureregen wie alle anderen Gebiete gebleicht. Die Straßen bedeckte eine schwefelgelbe Schicht, und die braunen Pflanzen waren trocken und spröde. Die tote Ebene schwappte wie ein Ozean aus giftigem Gras gegen den Stadtrand. Kein einziger Vogel hockte auf den Dächern und Stromleitungen. Die Orte, in denen Kira aufgewachsen war, sogar die riesigen Städte Chicago und New York hatten wie Monumente in einem überwucherten Friedhof gestanden und den Ruheplatz der Toten markiert, doch sie waren von Ranken, Moos und frischem Leben bedeckt gewesen. Denver dagegen war ein lebloses, ödes Mausoleum.
    Die Reisenden hatten ihre Ausrüstung auf die verbliebenen Pferde verteilt. Kira führte Bobo, Samm hatte Galgenstrick übernommen. Die Stute war missmutig, seit Afa nicht mehr auf ihren Rücken geschnallt war. Kira fragte sich, ob die Verpflegung aus Dosenobst und Hafermehl – dem einzigen sauberen Proviant, den sie in der giftigen Einöde finden konnten – den Tieren womöglich schadete. Hätten sie Afa in Chicago verloren oder allein zurückgeschickt, dann hätten sie die Pferde freilassen und ihnen die Schrecken der Reise ersparen können. Sie inmitten der vergifteten Ebene freizugeben, wäre jedoch äußerst grausam gewesen. Kira wollte nichts davon wissen. Sie hatten Afa verloren, würden aber wenigstens sein Pferd retten, und wenn sie dabei ihr eigenes Leben aufs Spiel setzte.
    Dabei weiß ich genau, dass ich mir etwas vormache, dachte sie. Wenn es hart auf hart kommt, dann rette ich mich selbst. Sie bekam Gewissensbisse, und ihr wurde fast übel, als sie daran dachte. Schon deshalb schob sie diese Gedanken lieber beiseite.
    Denver wirkte mindestens so groß wie Chicago. Der Vorort Bennett erstreckte sich nach Westen bis zum Vorort Nieveen, dann kamen Lawrence, Watkins und Watkins Farm, und so ging es endlos weiter. Es war ein Ozean aus Wohngebieten, Einkaufszentren und Parkplätzen. Einsam strich der Wind durch spröde Blätter und über die Glassplitter, die sich in den Abflüssen und vor den Mauern der verfallenen Gebäude gesammelt hatten. Mehr aus Gewohnheit als aus Notwendigkeit war Heron weit vor ihnen und erkundete das Gebiet, um regelmäßig zurückzukehren und zu erzählen, dass sie an zwei Flughäfen und einem Golfplatz vorbeikommen würden. Es gab nichts Wichtiges zu berichten, es gab nichts zu sehen außer den verrosteten Metallkästen der Gebäude und den gebleichten Knochen der Millionen Menschen, die beim Zusammenbruch gestorben waren. In einer alten Tankstelle entdeckte Samm einen Stadtplan, den er auf der Motorhaube eines leeren Fahrzeugs ausbreitete. Mitten auf der Seite liefen die Straßen zusammen wie in einem Nervenzentrum.
    »Afas Unterlagen zufolge liegt der ParaGen-Komplex hier in der Nähe der Berge.« Kira deutete am westlichen Stadtrand auf ein Gebiet, das Arvada hieß. Sie las den Namen auf der Karte laut vor. »Rocky Flats Memorial Preserve. Warum errichtete man ein Industriegebiet in einem Naturschutzreservat?«
    Samm deutete auf ihren derzeitigen Standort und maß die Entfernung. »Das sind noch sechzig Kilometer. Wie groß ist diese Stadt?«
    »Sechzig Kilometer. Wir durchqueren sie von Ost nach West. Von Norden nach Süden ist sie mindestens doppelt so groß, also seid dankbar, dass wir aus dieser Richtung gekommen sind.«
    Kira blickte zum Himmel auf und schätzte den Sonnenstand ein. »Es ist schon … drei Uhr nachmittags. Oder halb vier? Bis zum Einbruch der Dämmerung schaffen wir die sechzig Kilometer nicht mehr.«
    »Nicht einmal bis morgen Abend, wenn die Pferde weiterhin so langsam vorwärtskommen«, sagte Heron. »Wir sollten sie einfach zurücklassen und allein weiterziehen.«
    »Wir lassen sie nicht zurück«, entschied Kira.
    »Hartherzigkeit macht den Weg nicht kürzer.« Samm faltete die Karte zusammen. »Brechen wir auf!«
    Kira hegte die vergebliche Hoffnung, Denver sei nicht ganz so stark vergiftet wie das Ödland, weil Berge und Hochhäuser oder die Launen der Witterung die Stadt schützten. Stattdessen war es zwischen den Gebäuden offenbar noch gefährlicher als auf dem Land, das sie gerade durchquert hatten. Die beißenden Flüssigkeiten hatten sich in Schlaglöchern und Mulden auf der Straße gesammelt und bildeten tückische Teiche, wenn die Abflüsse mit Müll verstopft waren. Ladeflächen von Lastwagen hatten sich in kleine Salzpfannen verwandelt. Nach jedem

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