Frame, Janet
das ihr geschmeckt hatte, während andere es als ungenießbar ablehnten.
«Ich mag Indien», sagte Toby.
«Ach wirklich, Toby? Wie interessant. Komm, setz dich, ich mache uns eine Tasse Tee. Du kennst Albert natürlich?»
Toby sagte Ja, er kenne Albert. Er sagte nicht, dass Albert Crudge der kleine Junge war, der jeden Nachmittag am Schultor gewartet hatte und über Toby hergefallen war, während Toby nie zurückschlagen konnte, weil Albert damals ein Krüppel war und am Stock ging.
«Ätsch, Zucki, Zucki, Zucki», hatte Albert immer gesagt.
Aber damals war er nur ein kleiner Junge. Jetzt war er ein Mann und arbeitete beim Sozialamt, half den Leuten, Formulare auszufüllen und anzugeben, wie viel Geld sie verdienten; stempelte Umschläge und verschickte Krankengelder; führte vertrauliche Gespräche mit den Leuten. Er hatte jetzt einen gehobenen Posten, und obwohl er immer noch behindert war, fuhr er in einem modernen grünen Auto durch die Stadt, das ganz tief gelegt war und hinten Jalousien hatte.
Vielleicht ist er einer von den Männern, die in die Kassenbücher schrieben, dachte Toby. Und Fay ist eins von den Mädchen, die auf ihren Fahrrädern dahinfuhren. Wie sagten Daphne und Francie immer?
Gegen den Nordwind oder vom Südwind gejagt, der Schnee brachte, die weißen Pakete, aufgerissen und verstreut.
Und nun heiraten die beiden, der eingekerkerte Mann und die milchweiße Frau, und sie werden sterben. Sie sind genauso alt wie ich, aber sie leben schon, seit ich ein kleiner Junge war, und damals waren sie genauso alt wie heute, denn sie sind stehen geblieben, waren im Park eingesperrt, seit ich ein kleiner Junge war und sie beobachtete, mit Francie und Daphne und Chicks, die die Jüngste war und uns immer einholen musste und der man immer Sand und Steinchen aus den Schuhen schütteln musste. Oder sie haben andere Körper, aber sind dieselben Menschen geblieben.
Fay ging aus dem Zimmer, um den Kessel für den Tee aufzusetzen. Sie sang:
Sieben einsame Tage sind eine einsame Woche
la-di-la-la-la-la-la-di-da.
Seit jenem Tage, als du zu mir kamst.
Sie ist glücklich, dachte Toby. Sie hat langes Haar wie alle Spinnereimädchen, wenn es Mode ist, und sie trägt es in einer Art Pferdeschwanz, manche Leute sagen, es ist falsches Haar, das man beim Friseur kaufen kann, bei dem Gipsköpfe von Frauen mit goldenen und dunklen Dauerwellen im Fenster stehen, und wenn man durch die Tür tritt, riecht der ganze Raum nach Verbranntem. Vielleicht, dachte er, trägt Fay falsche Haare und nimmt sie abends ab und hängt sie an einen Nagel in der Ecke ihres Schlafzimmers. Und Albert macht das nichts aus, denn er trägt ein falsches Herz; sein anderes wurde von ätzender Tinte zerfressen und vollgetippt wie ein Formular, das ausgefüllt werden muss.
Und Fay, dachte Toby, benutzt Lippenstift, damit es so aussieht, als wäre Blut unter ihrer Blässe, als wäre nicht Jahr um Jahr all ihr Blut von dem Neon-Sonnenlicht in der Spinnerei aufgesogen worden, das Blut anzieht, wie das natürliche Sonnenlicht die Blumen anzieht. Sie bindet ihre Lippen mit rotem Band zu einer Schleife, die Albert Crudge aufmachen wird, und beide werden ihre leeren Herzkassetten finden und nicht wissen, dass das Sozialamt und die Spinnerei die Schlüssel dazu haben und nie herausgeben werden. Und wenn ich Fay wirklich geliebt hätte und sie mich geliebt hätte und wir geheiratet hätten, dann hätte ich mich selbst ratenweise an die Fabrik bezahlen müssen, bis ich bankrott gewesen wäre und eine surrende, geistlose Maschine, die Tag für Tag bis an ihr Lebensende immer dasselbe redet.
Toby sah Fay an, wie sie ins Zimmer kam, und fragte sich, ob sie noch immer das Mal der Spinnereimädchen an der Schulter trug, wo sie mit dem Fabrikriemen gepeitscht und getrieben worden war.
War das Mal noch da, wie an jenem Nachmittag, als sie mit ihm am Strand war und er ihr Haar aufs Wasser geworfen und ihr ins Herz geschossen und ihre Vogelfedern ausgerissen hatte?
Fay stellte den Tee neben ihm auf den Tisch.
«Starr mich nicht so an, Toby. Ich übe für später, wenn ich eine richtige Gastgeberin bin. Nimmst du Milch und Zucker? Schwach oder stark?»
«Milch und Zucker», antwortete Toby unverzüglich. «Bitte.»
Sie betrachtete ihn lächelnd und dachte, er weiß aber genau, was er will. Es heißt, seine Mutter sorgt zu gut für ihn. Ich hoffe, Albert denkt daran, mich als seine Frau anzusehen und nicht als seine Mutter, die ihm alles holt und
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