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Frame, Janet

Frame, Janet

Titel: Frame, Janet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wenn Eulen schrein
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folgte, um sie anzustarren und über sie zu lachen; und weil vielleicht die Welt sogar jetzt zuhörte, sagte Schwester Dulling nicht, wohin sie fuhren.
    «Es ist eine Überraschung», sagte sie.
    «Aber wo?»
    «Irgendwo, irgendwo. »
    Es war ein weißer Manukaplatz mit einem Teich aus braunem Eis und Hügeln aus grünem Eisen; eine Wolke zog an der Sonne vorbei und schickte einen silbernen Picknick-Regen herab wie neue Nadeln zum Aufsammeln, später, im Sonnenschein, im Buschgras oder auf dem kahlen Platz für das Festmahl, der von alten Feuern verkohlt und mit Papier und Flaschen und Sardinendosen vom gestrigen Picknick übersät war.
    «Hurra, hurra»,
    schrien die toten Menschen und schmeckten die Sonne und das weiße Manuka, und falls noch irgendwo Dunkelheit war, so wurde sie klein gefaltet und ausgeschüttelt, als das Tischtuch wie ein weißer, reich beladener Sonnenfleck auf den Boden gebreitet wurde, damit sie alle daran schmausen konnten.
    «Aber der Tee, der Tee!», sagte der Wärter, der Feuer machte.
    «Wir haben den Tee vergessen.»
    Abwartend hielt er den Topf mit kochendem Wasser in der Hand.
    Es stimmte. Sie hatten den Tee vergessen. Aber hoch oben auf dem Hügel war ein Farmhaus, und Schwester Dulling sagte:
    «Wer will, kann im Fluss baden, während die Schwester mit einem der Patienten zur Farm geht und Tee kauft. Da wird man uns bestimmt ein wenig Tee verkaufen.»
    Also nahm die Schwester Daphne mit, weil sie ruhig gewesen war und niemanden geschlagen und nicht vorzeitig vom Essen stibitzt hatte, und sie sagten Auf Wiedersehen – vielmehr die Schwester sagte Auf Wiedersehen, wobei sie die leere Dose hochhielt und sagte:
    «Wir bringen sie voll wieder mit.»
    Schwester Dulling und der Wärter winkten ihnen zum Abschied nach und sahen einander an und ließen den Blick über die Schar Verrückter um sich herum wandern und sahen, wie sie glücklich und staunend dastanden und das Tageslicht in sich hineintranken, so schnell es durch ihre närrischen Kehlen rinnen wollte; und Schwester Dulling zuckte die Achseln und sagte:
    «Was gäbe ich nicht um einen einzigen Tropfen Zivilisation in diesem ganzen verrückten Haufen. Ach, eine Tasse guten, starken Tee!»
    Der Wärter machte ein verschlagenes Gesicht und dachte an etwas Besseres zu trinken, er hatte große Lust gehabt, eine Flasche zum Picknick mitzunehmen, aber er wusste, dass es ihn seine Stellung kosten würde, wenn man dahinterkam; also stimmte er Schwester Dulling zu:
    «Eine gute Tasse Tee wäre wirklich eine Wohltat. Diese Bande geht einem auf die Nerven. Ich habe immer Angst, dass etwas passiert, wenn sie so losgelassen werden und so herausgeputzt sind, als wären sie richtige Menschen. Früher hat es solche Ausflüge nicht gegeben. Ich verschwinde einen Moment und rauche drüben im Bus eine Zigarette.»
    «Wenn Sie dabei weiter aufpassen, meinetwegen», sagte Schwester Dulling.
    «Aber gewiss doch.»
    Also setzte er sich in den Bus, und die Patienten sahen ihn in all seinem Glanz, wie er allein da saß und nirgendwohin fuhr; inzwischen gingen Schwester Dulling und einige Patienten hinter verschiedene Büsche und zogen die mitgebrachten Badeanzüge an; wobei die Schwester ihren eigenen hatte und keinen von der Station wie die Patienten; ihrer war zweiteilig und flott und nicht knielang und voller Mottenlöcher.
    Nach Luft schnappend und zitternd trippelten sie ins Wasser, die Arme über der Brust gekreuzt, so wie die Toten daliegen, wenn man ihnen Lilien in die Hand gibt.
    «Oh, ist das kalt, ist das kalt», riefen sie.
    Es war braunes Eis, in das sie hineinwateten; sie spritzten plötzlich übermütig, tauchten bis zum Hals unter, kauerten sich zusammen, rieben mit den Füßen an den grünen, schlüpfrigen Steinen, und als sie ganz untertauchten, war ihr Haar wie Tang und verfilzt und roch nach altem Holz und Hammelstelzen und Erde. Und Schwester Dulling war die Göttin. Wenn sie sich bewegte oder, da sie nicht schwimmen konnte, mit den Armen im Wasser ruderte, starrten die Patienten sie an oder riefen:
    «Seht doch bloß! Seht sie euch an!»,
    voll tiefster Bewunderung, denn sie war die Göttin, vor der man sich verbeugen und der man gehorchen musste, an Land mit ihrer weißen Uniform und der Anstecknadel wie im Wasser, wo ihr Körper, überquellend und sommersprossig wie gesprenkelter weißer Teig, in einem riesigen Kelch mit braunem Eis und Wein planschte und tauchte.
    Hoch oben auf der Straße, die zur Farm führte, blieben Daphne und

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