Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frame, Janet

Frame, Janet

Titel: Frame, Janet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wenn Eulen schrein
Vom Netzwerk:
Leben führen wie ich, ein freies und glückliches Leben draußen in der Welt. Alles, alles Liebe von uns allen.
    P. S. – Bekommst Du gut zu essen? Ich schicke Dir eine Dose Kekse, gekaufte, keine selbst gebackenen. Die Kreuze unter dem Brief sollen Küsse bedeuten, von den Kindern, die mich immer nach Tante Daphne fragen, obwohl sie Dich gar nicht kennen. Alles Liebe, Deine Chicks.
    Die Schwester wollte ihr den Brief geben, aber Daphne zog sich eine Decke über den Kopf und hielt ganz still und weigerte sich, den Brief zu nehmen. Also ließ die Schwester ihn auf dem Bett liegen und sagte:
    «Denk dran, wir wollen dich für deinen Besuch hübsch machen.» Sie ging hinaus und schloss die Tür ab, während Daphne den Brief nahm und ihn in lauter Fetzen zerriss, kleiner als Schneeflocken.

42
    Sie saßen nebeneinander im Zug, Toby am Fenster. Den Arm auf die Fensterbank gestützt, starrte er hinaus auf das Gewirbel von kahlen Weiden und toten Blättern und uralten Baumstämmen, bärtig und gefangen, die aus dem Dunkel von Tümpeln und Sumpf ragten; und auf die zerbrochenen, mit Rinderhaar und Erdklumpen und vom Flusswasser fleckiger Schafwolle behängten Zäune; und auf verfallene Farmhäuser ohne Augen, deren offene Türen auf gelben, schmutzigen, mit Ketten aus verblühten Rosen und Lilien umsäumten Korridor-Schlünden saßen. Es schien in der Welt draußen keine Menschen zu geben, nur große, fürchterliche, weiße und rote und graue Rindsgespenster, die über dürren Boden sprangen, und riesige plumpe Ackerpferde mit Harnisch und Scheuklappen, die darauf warteten, führungslos die Furchen des Nichts zu pflügen, durch das sich der hell erleuchtete, volle Zug auf stählernen Bändern bewegte; und auf die erschrockene Blässe der Schafe, ihre Panik und die Dumpfheit der aufgescheuchten grauen Wolke.
    Nein, dachte Toby, es sind keine Menschen mehr da.
    Dann sah er seinen Vater an, der neben ihm vor sich hin dämmerte, in unbequemer Haltung, weil nichts da war, worauf er die Hand stützen konnte, sodass er immer wieder verwirrt und erschrocken hochfuhr. Jetzt öffnete er die Augen und sah Toby an.
    «Du wirst deinen guten Anzug ruinieren», sagte er. «Wenn du dich da mit dem Arm aufstützt.»
    Toby klopfte den Ruß vom Ärmel.
    «Schon gut», sagte er. «Es geht gut ab.»
    Sein Vater rutschte unruhig hin und her.
    «Es müsste hier am Mittelgang eine Armlehne geben», sagte er. «Ich kann keine bequeme Stellung finden. Du hättest mich am Fenster sitzen lassen sollen.»
    «Nein», sagte Toby. «Ich wollte am Fenster sitzen. Ich war zuerst da.»
    Sein Vater wollte schon sagen: Ich bin der Ältere, ich bin zuerst geboren, aber er hatte keine Lust es auszusprechen. Stattdessen dachte er daran, wohin sie fuhren, und was sie sagen sollten, und wie es wohl sein würde. Ob ihm auch die richtigen Worte einfielen? Wenn er nun Angst hatte? Er trug seinen besten Anzug und den Sportmantel, der vier Pfund gekostet hatte, und Kragen und Schlips, und er hatte seine Schuhe poliert, bis sie wie Brombeeren glänzten. Er hielt seine leere Zigarettenspitze in der Hand und drehte sie zwischen Daumen und Zeigefinger.
    «Ich werde mal eine Zigarette rauchen», sagte er. Und er machte eine Packung auf und steckte den weißen Stab wie eine Kerze in die Spitze mit dem silbernen Rand und zündete sie an.
    «Dies ist kein Raucherabteil», erinnerte ihn Toby.
    «Ich hab dir doch gesagt, du solltest im Raucher reservieren.»
    «Ich muss das Fenster aufmachen, wenn du rauchst», sagte Toby und mühte sich erfolglos mit dem Riegel ab.
    «Immer dasselbe mit Eisenbahnfenstern», sagte er verächtlich.
    «Die alten gingen leichter auf», sagte sein Vater. «Diese neuen Fenster klemmen immer. Ich erinnere mich noch, wie leicht die alten aufgingen, man konnte den Kopf rausstecken und sich umschauen. Die neuen sind genau wie alles heutzutage, hübsch anzusehen, aber nicht zu gebrauchen, wenn es darauf ankommt. Ja, die alten –»
    «Guck», sagte Toby, «da sind Mimosen, das sind doch Mimosen, oder? Sie fangen gerade an zu blühen.»
    Bob Withers beugte sich zum Fenster hinüber.
    «Zu spät», sagte er. «Jetzt kann es nicht mehr weit sein.»
    «Nein. Wann morgen wohl die Operation ist?»
    «Ich weiß nicht, vormittags wahrscheinlich», antwortete Bob, der in Wirklichkeit gar keine Ahnung hatte, sich aber wohler fühlte, wenn er eine bestimmte Zeit nannte. «Ja, vormittags.»
    «Glaubst du wirklich, dass es Mum recht gewesen wäre?»
    «Sch-scht, nicht

Weitere Kostenlose Bücher