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Framstag Sam

Framstag Sam

Titel: Framstag Sam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul van Herck
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durchgebrannt war. Schäumend beschloß Sam, Julie aus seiner Erfahrungswelt auszustreichen, und so wütend wie er im Moment war, fiel ihm das nicht einmal schwer. Und gibt es etwas Besseres als die Arbeit, wenn man Sorgen vergessen will? Die Geschichte des jüdischen Volkes. Er suchte die Adresse auf, die die Muse ihm gegeben hatte, und stieß auf ein altes, verschlossenes Haus, das nicht weit vom Hafen entfernt war. Durch eine schmutzige Scheibe konnte er aufgestapelte Kisten sehen. Und ein kleines Schild, auf dem stand: An- und Verkauf von Zeitmaschinen.
    Sam betätigte die Klingel. Kurz darauf erschien ein kleines, verhutzeltes Männchen, das ihm einen prüfenden Blick zuwarf.
    »Sie… äh… handeln mit Zeitmaschinen?« fragte Sam.
    »In der Tat«, sagte das Männchen. »Mein Name ist Deleu.«
    »Ich… äh… hätte gerne eine Zeitmaschine.«
    »Aber gern. Wollen Sie nicht hereinkommen?«
    Sam ging hinein. Deleu ging vor ihm her und führte ihn durch einen halbdunklen Gang, der mit Kisten vollgestapelt war, in einen Raum, an dessen Decke eine kahle Glühbirne baumelte.
    Deleu schob ihm einen Stuhl hin, und Sam nahm Platz.
    »Sie werden doch nicht von der Polizei gesucht?« fragte Deleu mißtrauisch.
    »Aber nicht die Spur«, sagte Sam. »Wie kommen Sie denn darauf? Sehe ich etwa wie ein Verbrecher aus?«
    »Nicht unbedingt«, erwiderte Deleu abschätzend. »Aber Sie müssen natürlich verstehen, daß es hauptsächlich Kriminelle sind, die sich ihr letztes Heil von einer Zeitmaschine versprechen.«
    »Wer will es ihnen auch verübeln… Was kostet denn so ein Ding?«
    »Wollen Sie weit reisen?«
    »Ja. Ich habe die Absicht, die Geschichte des jüdischen Volkes zu schreiben. Das müßte mich ganz schön weit in die Geschichte zurückbringen.«
    Deleu kratzte sich am Kopf. »Ein ganz schönes Stück. Dazu müßten Sie schon eine spezielle Maschine haben. Sie sind also Schriftsteller?«
    »Ja.«
    »Ich habe einen ganzen Haufen Zeitmaschinen an Schriftsteller verkauft«, sagte Deleu, und in seiner Stimme klang ein bißchen Wehmut mit. »Hauptsächlich an Science Fiction-Autoren, aber auch an andere. Kennen Sie Shakespeare?«
    »Shakespeare? Nee. Auch 'n Schriftsteller?«
    »Er studiert Mittelenglisch und will mit seinen Fachkenntnissen ins sechzehnte Jahrhundert zurück, um da ein paar Stücke zu schreiben. Er hat eine ziemlich gute Maschine bestellt und kommt morgen, um sie abzuholen. Ein begabter Bursche. Von dem wird man sicher noch viel hören.«
    »Daran zweifle ich nicht«, sagte Sam, der allerdings nur mäßig an diesem Shakespeare interessiert war.
    »Und dann dieser Italiener. Da Vinci heißt er, glaube ich. Maschinenbauingenieur. Er ist vor drei Jahren mit einer meiner Maschinen in die Vergangenheit gereist.«
    »Das ist ja alles gut und schön«, sagte Sam, »aber was kostet eine gute Maschine denn nun?«
    »Ich habe hier ein Modell von Philips«, sagte Deleu. »Ein echtes Schnäppchen. Der vorherige Besitzer hatte Schwierigkeiten mit seiner Frau, wenn Sie wissen, was ich damit sagen will.«
    Sam nickte und streichelte liebevoll über das blitzende Gerät. Es sah eher aus wie ein Transistorradio.
    »Sie hätten damit den großen Vorteil, stets eine eigene Energiequelle mit sich zu führen. Trockenbatterien. Die älteren Modelle müssen meist an ein Netz angeschlossen werden, aber das kann sich als schwierig erweisen, wenn man sich in Zeiten aufhält, in denen man den elektrischen Strom noch nicht entdeckt hat.«
    »Wie sieht's denn mit Zeitparadoxa aus?« wollte Sam wissen.
    Deleu zuckte die Achseln. »Alles nur dummes Geschwätz«, erklärte er. »Ich bin nie einem begegnet.«
    »Na, wenn Sie es sagen… Wieviel?«
    »Elftausend Gulden«, sagte Deleu.
    »Lächerlich«, erwiderte Sam schlagfertig. »Wenn Sie neuntausend gesagt hätten…«
    »Ich werde an diesem Geschäft zugrunde gehen«, sagte Deleu mitleidheischend, »aber gut. Sagen wir zehntausend.«
    Erst jetzt wurde Sam klar, daß er hier mit Geldern um sich warf, die er gar nicht besaß. »Ich habe nicht mal einen Cent«, sagte er lahm.
    »Das macht doch nichts. Ich gebe Ihnen auch gerne Kredit. Sie geben mir fünfzig Cent als Anzahlung, und dann zahlen Sie mir… sagen wir einen Gulden pro Monat… über einen Zeitraum von…« Deleu nahm sich einen Zettel und begann eilig nachzurechnen… »… neunhundert Jahren.«
    »Was?« fragte Sam.
    »Über einen Zeitraum von neunhundert Jahren«, wiederholte Deleu todernst. »Aufgrund der neuen

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