Framstag Sam
tun. Und alltägliche Angelegenheiten sind mir wirklich schnuppe.
Nein. Ich werde den für die Beschreibung der Hochzeitsnachtaktivitäten reservierten Raum einfach freilassen. Wenn der Leser mit genügend Fantasie ausgestattet ist, kann er ihn selbst ausfüllen. Hat er die Fantasie nicht, ist das sogar noch besser. Er wird sich dann nämlich einen Schwachsinn zusammenkrakeln, den man mir nicht zum Vorwurf machen kann. Durch das Freilassen der nächsten Seite verschaffe ich mir den Vorteil, daß nicht einmal die puritanischsten Tugendwächter mir an die Karre fahren können. Niemand wird an meinem Buch Anstoß nehmen. Höchstens der Verleger. Der haßt nämlich leere Seiten…
Sie machte also das Licht aus.
Mit einem Höllenlärm begann der Wecker zu rasseln. Sam sprang aus dem Bett und warf die Decken beiseite.
Seine Armbanduhr stand auf halb vier.
»Bist du verrückt geworden?« rief er zu Susan hinüber und stellte fest, daß sie gar nicht da war. Verblüfft starrte er den leeren Platz an, auf dem sie gelegen hatte. Dann stieß er einen langen und herzlichen Fluch aus. Die letzten vierundzwanzig Stunden waren wohl doch etwas zuviel für ihn gewesen.
Auf der Fensterbank saß ein kleines Marsmännlein und kicherte schadenfroh.
»Susan!« rief Sam. Der Klang seiner Stimme war ziemlich laut. Sam dachte an die Nachbarn. Trotzdem kam keine Antwort.
Sam stieg in die Schuhe, kleidete sich hastig an und benetzte sein Gesicht mit etwas Wasser. Vielleicht benetzte er auch zuerst sein Gesicht mit Wasser und zog sich dann an… (Wie soll man das wissen? Diese Details können einem ganz schön lästig werden.)
Sam tastete sich an die Küche heran, denn da brannte doch wahrhaftig Licht. Was er dort zu sehen bekam, versetzte ihm einen gehörigen Schreck. Ein altes Weiblein war nämlich gerade im Begriff Kaffee aufzusetzen. Im Toaster brutzelten zwei angebrannte Weißbrotscheiben vor sich hin.
»Verzeihung«, sagte Sam. »Sind Sie die… äh… Aufwartefrau? Sie sind ja ziemlich früh dran, muß ich schon sagen. Der… äh… Toast ist angebrannt.«
Sie antwortete nicht, sondern schaltete den Toaster ab und drehte sich nach ihm um. Auf die eine oder andere Art kam sie Sam tatsächlich bekannt vor. Oha, jetzt wußte er auch, wieso. Seine Kinnlade klappte herunter.
Die fünf Marsmännlein auf dem Küchenschrank brüllten vor Lachen. Eins erregte sich sogar dermaßen stark, daß es herunterfiel.
»Susan!« schrie Sam entsetzt.
»Ja«, sagte das alte Weiblein. »Ohne Make up scheine ich dir ja nicht sonderlich zu gefallen.«
»Wie… wie alt bist du denn?« stammelte Sam, nachdem er die Sprache wiedergefunden hatte.
Susan warf einen Teller nach den Marsmännlein. Sofort gingen sie auf Tauchstation.
»Das ist eine Frage, die man einer Dame nicht stellt«, erwiderte sie hochnäsig.
Sam schätzte sie auf ungefähr siebzig. Jetzt wurde ihm auch klar, warum sie am vergangenen Abend so schnell das Licht ausgeschaltet hatte.
»Du hast mich reingelegt«, sagte Sam aufgebracht.
Susan zuckte die Achseln. »Du kannst dich ja scheiden lassen.«
»Aber das kostet mich tausend Dollar!«
»So ist es. Und ich werde dir das Geld auf keinen Fall leihen.« Sie stemmte resolut die Hände in die Hüften. »Was glaubst du denn, wie eine Frau heutzutage noch zurechtkommen kann, wenn Ehen im Schnitt nur zwei Jahre dauern? Ohne einen kleinen Trick hast du nichts mehr zu besehen. Weißt du, wie das ist, wenn dich niemand mehr haben will, weil die schönen Jahre deiner Teenagerzeit unwiederbringlich dahin sind, he?«
Sam war gerade im Begriff, Mitleid zu entwickeln, als der heiße Toaster samt Inhalt an seinem rechten Ohr vorbeizischte. »Was lümmelst du dich überhaupt da rum? Stell gefälligst Teller auf den Tisch! Du wirst doch nicht auf die Idee kommen, den feinen Pinkel zu spielen, bloß weil du ein paar Jährchen jünger bist als ich, wie?«
»Wie… wie lange muß ich das ertragen?« murmelte Sam geschwächt vor sich hin.
»Bis du die tausend Dollar beisammen hast!« kreischte Susan. »Und bis dahin mußt du laut Gesetz für mich sorgen, mein Lieber. Ich kann dir jetzt schon versichern, daß ich einen aufwendigen Lebensstil pflege. Das wird dich jeden Monat deinen letzten Pfennig kosten!«
Sam dachte sogar an Selbstmord; aber nicht lange, denn er konnte sich vorstellen, daß Petrus sicher verstimmt sein würde, wenn er schon wieder bei ihm aufkreuzte.
Aber nein, dachte er, während er den angebrannten Toast ins Eßzimmer
Weitere Kostenlose Bücher