Framstag Sam
war. Über der ganzen zyklopenhaften Anlage schwebte der Gestank von Benzin und Abgaswolken.
»Hübsch, nicht?« sagte Susan mit einem zufriedenen Seufzer, als sie Sams Blick folgte. »Ich habe mir das Haus wegen der schönen Umgebung und der herrlichen Aussicht zugelegt.«
»Wirklich ein Ausblick«, sagte Sam. Er war müde; erst jetzt wurde ihm klar, wie erschöpft er wirklich war.
Er ließ sich wohlig ächzend in einen bequemen Sessel fallen, legte die Beine auf den Tisch und überdachte seine Lage. Susan war in der Küche verschwunden; es hielt ihn also nichts davon ab, sich mit seiner Lage auseinanderzusetzen, und darum fing er auch damit an.
Hier saß er nun, ein junger Spunt aus der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, der zweimal gestorben und zweimal wiederauferstanden war, und befand sich im Jahr 2050 – immer noch. auf der Suche nach Julie.
Immer noch dem Geheimnis dieses rätselhaften Framstag auf der Spur.
Und verheiratet.
Mit gemischten Gefühlen zog er Julies Foto aus der Tasche. Er blickte sie, und sie blickte ihn an.
»Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll«, sagte Sam zu dem Foto.
»Deine Tante ist eine Schnepfe«, mischte sich der Kronleuchter ein.
»Halt die Schnauze!« knurrte Sam. »Ich hab' dich nicht nach deiner Meinung gefragt.«
»Hast du was gesagt?« rief Susan aus der Küche.
»Ein nettes Mädchen«, sagte sie kurz darauf, als sie das Foto sah. »Eine Jugendfreundin?«
Sam nickte betrübt. »Eine Jugendfreundin. Mit dir natürlich nicht zu vergleichen.«
Susan lächelte geschmeichelt, und die Julie auf dem Foto streckte ihr die Zunge heraus.
»Möchtest du etwas trinken?«
Natürlich wollte er das. Sie nahmen auf dem großen Sofa Platz und begrabbelten sich ein bißchen. Susan legte für Sam eine Platte auf, und er brachte es sogar fertig, sie zwei volle Minuten lang zu ertragen. Dann schaltete sie die Fernsehwand für ihn ein, aber als Sam nach einer Viertelstunde Reklame fragte, ob nicht bald eine Unterhaltungssendung käme, fragte sie ihn, was denn eine Unterhaltungssendung sei. Keine Frage, daß die Fernsehwand bald wieder schwieg.
»Und morgen«, sagte Susan gegen dreiundzwanzig Uhr, »werden wir uns nach einem Beruf für dich umsehen. Was würdest du davon halten – natürlich nur für den Anfang – Arzt zu werden?«
»Arzt?« fragte Sam verdutzt.
»Ja, sicher.«
»Ist das nicht ziemlich schwierig?«
»Aber nein. Wir kümmern uns morgen darum, okay?«
»Gut«, sagte Sam und schluckte. Er hatte nämlich gerade einen Blick auf die Uhr geworfen und festgestellt, daß es bereits dreiundzwanzig Uhr durch und mithin genau die Zeit war, in der ein Protagonist anfängt sich zu räuspern und zu schlüpfrigen Witzen Zuflucht nimmt. Es war allerdings auch genau die Zeit, in der die Zuschauer sich erwartungsvoll die Brillengläser putzen, sich die Lippen lecken und einander mit lüsternem Grinsen in die Rippen stoßen.
»Wollen wir nicht in die Heia gehen?« fragte Susan, als handele es sich dabei um die natürlichste Sache der Welt.
»Häh?« machte Sam.
»Ins Heiabett«, wiederholte Susan.
»Nun gut«, sagte Sam und fügte – obwohl es nicht sonderlich selbstsicher klang – hinzu: »Aber gern.«
Susan führte ihn in ein luxuriös wirkendes Schlafgemach mit hübschen Tapeten, einer unausweichlichen Fernsehwand und – natürlich – einem Bett.
Sie knipste das Licht aus.
Sam schluckte und dachte an Heinleins letztes Buch.
Nun existieren unter uns Schriftstellern ja die unterschiedlichsten Ansichten über die Frage, ob man die Aktivitäten einer Hochzeitsnacht überhaupt beschreiben soll – und wenn ja, wie.
Die meisten sind dafür, daß man die Sache in allen Einzelheiten zu Papier bringt. Die meisten Verleger natürlich auch, denn es kann der Auflage nur förderlich sein, wenn der Leser bei der Lektüre auch noch was zu kichern hat.
Es gibt aber auch Leute, die von solchen ›Stellen‹ überhaupt nichts wissen wollen. Dabei handelt es sich entweder um solche Menschen, die sich vom Einfluß ihrer spießigen Erziehung noch nicht haben befreien können, oder um solche, die den jungen, unverdorbenen Leser in absoluter Unwissenheit halten wollen.
Was mich angeht, so glaube ich eine befriedigende Lösung gefunden zu haben. Erstens war ich nämlich während der Hochzeitsnacht nicht zugegen, zweitens hat Sam mich nicht über deren Verlauf informiert, und drittens haben wir es hier schließlich mit einer ausgesprochen alltäglichen Angelegenheit zu
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