Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)
noch genauer über den technischen Zustand der Starter.
«Sechs Millionen Dollar für den Vertrag bei Hyundai plus die Krokotasche, wie geil ist das denn?»
Die letzten Jahre hatten die Ingenieure den Rennerfolg bestimmt – Vettel, Häkkinen, Alonso, im Grunde Jacke wie Hose. Natürlich waren das erstklassige Fahrer, aber wie sagte noch mal der Chefentwickler: «Wenn ein Bolzen bricht, fliegt der ganze Wagen auseinander, wenn der Fahrer bricht, stinkt er nur nach Kotze.» Und so war es auch: Die großen Siege hatten die Ingenieure eingefahren, und dementsprechend sah auch die Hackordnung im Rennstall aus. Bevor die Fahrer an die Boxenluder durften, hatte sie der letzte Mechaniker schon abgeschmiert. Nach außen hin waren sie Helden, die Vettels und Coulthards, an der Grube zählte nur der Sieg. Was konnten sie denn schon, diese autovernarrten Gokart-Piloten? Sie waren reaktionsschnell, ein Vorrecht der Jugend – deshalb war Schumacher auch nur noch ein Schatten seiner selbst. Aber reagiert ein Gecko mit seiner Zunge nicht noch schneller als ein blutjunger Michael Schumacher mit dem Fuß?
«Man sollte mal einen Rennwagen für Geckos bauen», dachte sich der technische Leiter des Mercedes-Teams. Er hatte die verdammt beschissene Aufgabe, Michael die Sache mit den Beinen zu erklären. Wenigstens die Unterschenkel mussten weg. Wie der Name «Hockenheim» schon sagt, steht ja auch keiner im Rennwagen. Und sonst: Wozu Beine, ein Mercedes hat doch Räder. Der Mann lachte kurz auf und ging hinüber zu Michael Schumacher in die Halle.
60. GERHARD SCHRÖDER
Dorian Gray in der Nasszelle
Wenn Schröder morgens das Bad verlässt, dann ist er sicher, dass sein Bild im Spiegel noch minutenlang verharrt, ehe es erlischt. Vor dem Frühstück kommt Schröder Minus Köpf ins Vestibül geschnurrt. Sie sagt ihm, dass er der Größte ist, aber das weiß Schröder selber schon. Minus Köpf will jetzt auch ein richtig dickes Buch schreiben. «Mach doch», sagt Schröder, «ich ruf Béla Anda an, der kloppt dir das in drei Monaten zusammen.» Minus Köpf lächelt und probiert aus einem Schälchen ihrer Hundefutterproduktlinie, ehe sie es an den schottischen Adoptivhund weiterreicht.
Schröder fühlt sich sauwohl: Die ganze Republik spricht über seine Schwarte, dabei war er weder als Säugling in der Waffen-SS, noch verlangt er darin, die Frauen sollten sich gefälligst a tergo begatten lassen wie früher, als Eva Herman noch Haare am ganzen Körper hatte. Harrharrharrharrharr, Schröder lacht bei der Vorstellung, sich Eva Herman mal richtig vorzunehmen, harrharrharr. In seiner Liga sind Weiber ja kein Problem, aber er ist mit Minus Köpf verheiratet. Joschka, die alte Ratte, hat da dickere Beute gemacht. Aber eigentlich ist es ihm auch scheißegal, welche Else um ihn herumspringt.
Schröder rennt noch mal kurz ins Badezimmer und guckt, ob sein Spiegelbild noch da ist. «Wusst ich’s doch!» Schröder pisst im Stehen zufrieden den Morgenkaffee in die Schüssel. Harrharrharr, das hat er im Kanzleramt auch immer gemacht und dabei mit seinen Ministern telefoniert. Beim Pissen Leute am Telefon zusammenscheißen, das waren die schönsten Momente seiner Kanzlerjahre. Im Buch steht davon nichts, da steht sowieso so gut wie nichts drin. «Warum auch, Hauptsache, ich find’s gut.» Schröder lacht wieder in den Spiegel, damit sein Bild nicht verblasst.
In den wenigen klaren Momenten, in denen Schröder nicht zugedröhnt ist von sich selbst, ahnt er, was für eine peinliche Nummer er im Grunde ist. Aber er muss sich da irren, denn keiner sonst im Lande scheint das zu bemerken. Gut, er hat Gegner und Neider, aber alle respektieren ihn als ganzen Kerl. Eine Stunde wird er sich noch an seinem eigenen Spiegelbild hochziehen müssen, dann glaubt er es auch selbst wieder einen Tag lang.
Minus Köpf kommt herein und bringt ihm die Body-Control-Unterwäsche. «Das Zwergengroßmaul sieht darin ein bisschen wie Bogart aus», denkt sie und küsst Schröder knapp unter den nicht gefärbten Haaransatz.
59. HEIDE SIMONIS
Als Frausein noch reichte
Der erste Tag nach dem Tag, an dem Heide Simonis gemerkt hatte, dass sie nicht mehr Heide Simonis war, verlief für Heide Simonis wie in Trance. Immerhin schaffte sie es noch, dreimal den Namen Heide Simonis in einem Satz zu denken. Langsam, sehr langsam, wuchs in ihr die Gewissheit, dass sie jetzt ein Wesen von gestern war.
«Der Tod wohnt nebenan», murmelte sie vor sich hin, ja, das gefiel
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