Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Trinkwasserquelle zu lassen, von wo aus ich dann irgendwie aus der Stadt gelange, um auf demselben Wege mit einer ganzen Armee zurückzukehren?«
    Sein Blick tastete mich langsam und wohlwollend ab. Wieder wechselte er in einen anderen Dialekt; einen, den ich verstand, Avgay’el hingegen nicht. »Dir mangelt es an gar nichts, Isha. Es ist, dass du weißt, wie du mit dir umgehen musst. Du kannst nachdenken. Du kannst dich verstecken, wenn jemand dich verfolgt. Du verstehst dich vor Fremden in Acht zu nehmen.«
    Er sah mir wieder in die Augen. »Doch nicht, weil du irgendwie unansehnlich wärst. Im Gegenteil, du wirst dich verkleiden müssen.« Das Letzte sagte er auf Hebräisch oder Ak-kadianisch oder wie auch immer das hier übliche Patois hieß. »Das ist eine Aufgabe für Avgay’el.«
    »Ata meshugah!«, brüllte ich ihn an. Er war wirklich absolut durchgeknallt!
    »Ist das ein Nein?«, fragte er, eine Hand schon an seinem Messer.
    Zitternd suchte ich nach irgendeinem Ausweg, doch ich hatte zu viel Angst, um klar denken zu können. »Wieso tust du das?«, wandte ich mich an Avgay’el.
    »Ich will meinen eigenen Palast«, antwortete sie. »Ich will endlich nicht mehr hören müssen, wie wundervoll diese Stadt ist und wie sehr Daduas Nefesh sie begehrt. Ich will, dass diese ewigen flehenden Gebete ein Ende haben. Ich will, dass sich sein Traum erfüllt, damit wir endlich unser Leben leben können.«
    »Du bist bereit, jeden Preis zu zahlen, nur damit haMelekh endlich aufhört zu nörgeln?«, krächzte ich hervor.
    »Nachon!«
    »Und es ist dir egal, dass es mein Leben und das dieser Soldaten kosten könnte?«
    »Du hast die freie Wahl«, meinte sie.
    »Zu sterben oder stumm weiterzuleben!«
    Sie senkte den Blick.
    Du musst anders ansetzen, Chloe. »Wieso unterstützt du Yoav? Und keinen anderen der vielen Giborim?«, fragte ich. Jeder hatte ein Auge auf den Rang des Rosh Tsor haHagana geworfen.
    Avgay’el sah Yoav an. »Niemand war dem Herz der Wünsche meines Gemahls treuer als er«, antwortete sie mit ihrer melodiösen Geschichtenerzählerinnenstimme.
    »Yoav weiß, was Dadua will, selbst wenn Dadua meint, es nicht zu wissen.« Sie sah wieder mich an. »Yoav hat sich diesen Rang längst verdient. Er hat ihn durch Blut erworben.«
    Für meinen Geschmack war diese Gegend eindeutig zu blu-%
    »Es war nicht« - sie schien nach den richtigen Worten zu suchen - »allzu ehrenvoll von haMelekh, daraus einen ... einen Wettstreit unter seinen Männern zu machen.«
    »Lo. Sie sollten wie Kameraden sein, statt sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen.« Ich gab mir alle Mühe, inmitten dieses Wahnsinns die Vernunft zu bewahren.
    »Du hast als Soldatin gedient«, meinte Yoav tonlos. »Bei den Ashqeloni?«
    Mein Blick war wenig respektvoll. »Wie lautet der Plan?«
    Hatte ich überhaupt eine Chance? Die Wahl zwischen der sicheren Verstümmelung oder dem möglichen Tod?
    »Gibt es überhaupt einen Plan?«
    »Du wirst mit zwei meiner vertrauenswürdigsten Männern die Stadt observieren. Ihr müsst herausfinden, wo dieser Wasserlauf herauskommt.«
    Ein Spähtrupp, B’seder. »Du weißt nicht, wo dieser Bach verläuft?«
    »Lo, das gehört zu deiner Aufgabe als Spionin.«
    Mein Vater wäre schrecklich stolz auf mich gewesen. »Und wenn ich nichts finde -« Ich sprach den Satz nicht zu Ende; das war auch gar nicht nötig, denn er hatte bereits nach seinem Messer gefasst. Offenbar fiel >den Weg nicht zu finden< in eine der oben genannten Kategorien. Stummheit oder Tod. »Und wenn es gar keinen gibt?«
    »Du bist eine schlaue Frau.«
    Allmählich hörte sich das eher nach einer Drohung als nach einem Kompliment an. Ich fuhr mit der Zunge über meine Lippen und atmete tief ein, um nicht wieder laut zu schreien.
    »B’seder und dann?«
    »Dann gehst du als wandernde Brunnenmagd in die Stadt.«
    »Kommt so etwas oft vor?«, erkundigte ich mich.
    Avgay’el zuckte mit den Achseln. »Oft genug. Vielleicht solltest du dich als Witwe ausgeben.«
    Auch gut.
    »Du bist eine Pelesti und aus den Städten geflohen, die wir zerstört haben«, schlug Yoav vor.
    Es war immer gut, beim Lügen möglichst nahe an der Wahrheit zu bleiben. »B’seder. Und was ist das für eine Sache mit den Blinden und Lahmen?«, fragte ich weiter.
    »Das ist ein Fluch, den Abdiheba, der jetzige König, über all jene gelegt hat, die seine Stadt einnehmen wollen.«
    Ich wartete ab. Kam da noch was nach?
    »Beunruhigt dich das?«, fragte er.
    »Dass ich ein ganzes

Weitere Kostenlose Bücher