Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho
gekämpft, was sich angeboten hat.«
»Und was für ein Abkommen war das?«
»Ich würde aus dem aktiven Dienst ausscheiden und mich vorübergehend in den Ruhestand versetzen lassen, aber weiterhin meinen Reservistendienst ableisten. Was bedeutete, dass ich jeden Monat eine Woche und jedes Jahr einen Monat am Stück aktiv sein würde.« Sie zuckte mit den Achseln. »Mein Einsatzgebiet war sowieso der Computer.«
»Komm-pu-ter?«
Das war eine neue technische Errungenschaft das wusste er glücklicherweise von RaEm. Was genau sie beinhaltete, wusste er nicht. Doch aus RaEms Kommentaren schloss er, dass sie ebenso umwälzende Veränderungen in der Welt auslösen würde wie der Buchdruck mit beweglichen Lettern.
»Eine neue Technologie, ja.« Sie sprach immer noch Englisch. »Zum Ausgleich würde ich doppelt so lange als Reservistin dienen, abzüglich der Zeit, die ich bereits im aktiven Dienst abgeleistet hatte. Acht Jahre.« Sie stöhnte.
»Frag nicht, was RaEm mit diesem Teil meines Lebens angestellt hat. Du würdest es nicht wirklich wissen wollen. Irgendwie habe ich ein schlechtes Gewissen. Ich meine, auf diesen Dokumenten steht mein Name, mein Ruf ist davon abhängig. Mein armer Vater .«
Es war absolut dunkel und kalt. Der Winter sickerte in die Steinmauern. Chloe kuschelte sich an ihn und deckte ihn mit ihrem wollenen Umhang zu. »Glaubst du, wir kehren jemals in unsere Heimatstadt zurück?«, fragte sie. »Oder glaubst du, es ist unser Fluch, durch die Geschichte zu irren? Also kein Fluch in einem schlechten Sinn .«
»Kann Fluch denn etwas Gutes sein?«, neckte er sie.
»Vielleicht eher unsere Bestimmung.«
Er wickelte eine Strähne ihres kupferroten Haares um seinen braunen Finger. »Wäre das so schlimm, chérie?«
»Nein. Natürlich nicht. Es wäre spannend, es wäre aufregend. Vorausgesetzt, wir überleben.«
»Trifft das nicht auf jeden Tag zu jeder beliebigen Zeit zu?«, fragte er. »Ist jemals irgendetwas gewiss?«
»Aber was ist, wenn wir alt werden? Ich meine, selbst Indiana Jones hat sich irgendwann zur Ruhe gesetzt.«
Cheftu setzte sich im Schneidersitz auf. »Wer ist dieser Indiana Jones? Du hast ihn schon öfter erwähnt. War er einer deiner Lehrer?«
Sie kicherte. »Manche Lücken werden wir niemals füllen, chéri«, antwortete sie. Auf Französisch. Cheftu spürte, wie seine Sorgen sich ein wenig aufhellten; es ging ihr schon wieder besser.
»Yoav wusste also nichts von deiner militärischen Ausbildung?«
»Mein Computerwissen hätte ihm kaum geholfen«, meinte sie trocken. »Doch ihm war klar, dass ich eine Ausbildung gemacht hatte. Das war wahrscheinlich nicht zu übersehen.«
Wieder auf Englisch.
»Und damit hat er dich ausgesucht?«
»Wenn ich nicht hier gewesen wäre, dann wäre was - Jerusalem möglicherweise nicht erobert worden?« Sie lachte bitter. »Das kann doch nicht wahr sein.«
»Vielleicht gab es noch einen zweiten Plan. Vielleicht tausend weitere Pläne für tausend weitere Seelen«, entgegnete er. »Wenn du dich dagegen entschieden hättest, hätte es ein anderer tun müssen. Doch das hast du nicht.«
»Ich habe dir das noch nie gesagt, Cheftu, aber du spinnst.«
»Weil du nur eine einzige Frau bist?« »So wichtig kann ich unmöglich sein. Ich bin nur ein winziges Rädchen im Getriebe. Ich bin eine moderne Frau. Wir sind hier im Altertum, ich kann unmöglich so bedeutsam sein!«
»Wahrscheinlich hast du Recht«, pflichtete er ihr bei. Es war verrückt. »Wenn du nicht gewesen wärst, dann hätte es jemand anderer getan. Du hast wahrscheinlich Recht.«
»Und wenn ich mich irre?«, fragte sie nervös.
Er richtete sich auf, legte die Hand in ihren Nacken und massierte die Knötchen weg. »Gott hat dich aus deiner Familie gerissen und dich in meine Zeit geschickt. Hatschepsuts Zeit, haut«
Wieder nickte sie.
»Von dort aus hat er dich nach Aztlan gebracht?«
»Ken.«
»Jetzt bist du hier. Und du bist bereits von einer getreidemahlenden Sklavin zu einer Gefährtin von Daduas Gemahlinnen aufgestiegen. Du hast die Begegnung mit RaEm überlebt!«
»Du auch.« Sie lachte.
»Zu mir kommen wir später«, winkte Cheftu ab. »Lass dir das einmal durch den Kopf gehen, Geliebte. Ist Gott nicht groß genug, dich von allen Irrtümern abzuhalten, falls sie tatsächlich so allumfassend sein sollten?«
Sie hatte den Kopf gesenkt und schwieg. »Ich glaube an den freien Willen«, sagte sie schließlich.
»Du hast jeden Tag die freie Wahl«, antwortete Cheftu. »Doch
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